Plattenkritik

Down - Diary of a Mad Band

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Release Date: 01.10.2010
Datum Review: 11.10.2010

Down - Diary of a Mad Band

 

 

Immer wieder werden Leser angesprochen, ob sie nicht auch einmal ihre Gedanken zu Veröffentlichungen in eine Rezension verpacken wollen. Es kommen dann Absagen über Absagen. Und dann kam DrFaust! Er erklärte sich bereit, dass neue DOWN CD/DVD Package "Diary of a Mad Band" unter die Lupe zu nehmen. Die Bewertung am Ende spiegelt dann seine subjektive Einschätzung wieder. Danke für das Review und here we go:







Warum? Das ist die Frage die am häufigsten in meinem Kopf auftauchte als ich mich mit dem neuen Output von DOWN beschäftigt habe. Warum?

Zu DOWN selber muss sicher nicht mehr viel gesagt werden. Die Supergroup um Phil Anselmo (Pantera), Kirk Windstein (Crowbar), Pepper Keenan (Corrosion of Conformity), Rex Brown (Pantera) und Jimmy Bower (Eyehategod) bringt seit nunmehr 15 Jahren beständig fantastische Alben raus und haut einem die dreckige Southern Blues-Metal Keule um die Ohren. Da die Bandmitglieder wie für Supergroups typisch nur alle paar Jahre wieder zueinander finden, bringt es ihre Discographie auch erst auf 3 Alben. Aber wie heißt es so schön: "Gut Ding will Weile haben!"

Der neueste Output "Diary of a Mad Band" ist allerdings eines dieser Alben, bei denen man sich fragen muss, warum die Band es überhaupt veröffentlicht hat. Chronologisch gesehen handelt es sich um Mitschnitte einer Europa-Tournee, die Down im Jahre 2006, also vier Jahre nach ihrem zweiten Album, gespielt haben, um sich als Band wieder zusammenzufinden, bevor man dann ein Jahr später mit den Aufnahmen zu "Over The Under" begann. Diese Kollektion mit Songs von den verschiedenen Konzerten kommt nach langen rechtlichen Streitereien nun anno 2010 als DVD heraus, mit 2 Bonus Audio-CDs, damit man diese Tour in vollen Zügen genießen kann. An Masse fehlt es dem Release also nicht. Aber leider an Klasse!

Das Hauptaugenmerk sollte klar auf der DVD liegen, da sich die Tracklist auf der Rückseite des Digipacks auf die Reihenfolge bezieht, in der die Konzertmitschnitte auf der DVD angeordnet sind. Die beiden CDs kommen mit anderem Tracklisting und stellenweise auch anderen Songversionen daher, dazu aber später mehr.

Erstmal im DVD-Menü angekommen, hat man auch nicht sonderlich viel Auswahl: Entweder man schaut den "Konzerfilm" oder wählt die Songs einzeln an. Ok, dann mal los: Konzertfilm! Im Nachhinein betrachtet war es wirklich ein Glücksfall, das ich die DVD auf meinem großen alten Röhrenfernseher geguckt habe. Das erste was man nämlich sieht ist ein Warnhinweis, der einen freundlich darauf aufmerksam macht, dass es sich bei dem nun folgenden Film angeblich um eine Hommage an die Konzertmitschnitte der 70er Jahre handelt. Deshalb kommt das gesamte Material auch in 4:3 und alle "falschen Töne" und "Fehler" wurden drin gelassen. Immer schön wenn man eine Ausrede hat!

Die Konzerte wurden allem Anschein nach wohl mit 3 bis 4 Mini-DV Kameras aufgenommen und die Kameralinsen vorher nicht gereinigt. Man schwankt also permanent zwischen Flecken auf der Linse und einem Bildrauschen wie man es mit dem Kamera-Handy nicht besser hinbekommen hätte. Der Sound ist dementsprechend etwas für Leute die auf Konzertmitschnitte vom Rockpalast aus den 80ern stehen. Man kriegt ein bisschen das Gefühl als würde man eine Bootleg-DVD schauen.

Dieses Gefühl verflüchtigt sich aber leider ziemlich schnell, weil der Editor wohl doch nicht alle "falschen Töne" dringelassen hat. Bei manchen Auftritten ist es nämlich so, dass sich mit einem einfachen Schnitt auch die Position der Bandmitglieder auf der Bühne verändert. Da steht Herr Anselmo erst noch halb im Publikum und lässt die Leute mitsingen, dann kommt ein harter Schnitt auf Peppers Gitarrensolo und plötzlich kniet Phil rechts neben dem Schlagzeug, dann ein Schnitt auf Kirk und Phil steht plötzlich links neben dem Schlagzeug und trinkt etwas. Dazu wechseln die Leute gerne mal mitten im Riff das Tshirt oder spielen Noten die Sie garnicht greifen. Jeder Song ist also ein unterschwelliger Zusammenschnitt des jeweilig dazugehörigen Konzerts.

Unterbrochen werden die Songs von den immer gleichen 2 bis 3 Minuten Backstageszenen: Die Schlange vor der Halle, Szenen vom Soundcheck und die ein oder anderen "Backstage-Shenanigans". Ob man jetzt wirklich sehen muss oder will, wie sich Kirk und Jimmy Oberkörperfrei darüber unterhalten wer die größeren Männermöppse hat sei jetzt mal jedem selbst überlassen. Auffällig ist aber vor allem, dass Phil Anselmo Backstage meistens irgendwo rumliegt und unzusammenhängendes Zeug vor sich hin lallt.

Womit wir auch somit zum negativsten Punkt an diesem Output kommen: Phil Anselmo. Ich hätte wirklich nie gedacht, dass ich sowas jemals schreiben würde über jemanden, der öfters als einer der besten Metal-Sänger unserer Zeit bezeichnet wird. Und ich bin jemand der diese Aussage gerne mal selbst in den Raum gestellt hat! Nach dem Genuss dieses Albums muss man sich aber wirklich Fragen: Warum?

Anselmo torkelt stellenweise über die Bühne als wüsste er nicht wo er ist, die Ansagen laden stellenweise großräumig zum fremdschämen ein ("If you wanna hear more you know what to do: Hail Satan!") und gute 60% der Töne werden schon mal garnicht getroffen. Ich kam mir vor wie damals, als ich das erste Mal eine Folge von "The Osbournes" sah und mir dachte "Ähm...DAS ist Ozzy? Was ist passiert?"

Diese Peinlichkeit hat die Band wohl selbst auch bemerkt und hat für die DVD den Gesang weiter in den Hintergrund mischen lassen und die Ansagen gekürzt. Auf den CDs kann sich der Horror dann aber wirklich Eins A entfalten. Dort kriegt man dann wirklich uncut und ungeschönt einen Eindruck, wie das live geklungen haben muss. Wer jetzt glaubt ich ginge mit Anselmo zu hart ins Gericht, der soll sich doch bitte die CD-Version von "Jail" anhören. Da würde jeder Allschools-Leser nach 5 Cocktails in einer Karaoke-Bar noch mehr Töne treffen. Selbst der Überhit "Stone The Crow" ist auf CD eine ganz schöne Gruselnummer!

Leider kommt "Diary of a Mad Band" ohne Booklet daher. So kann man nicht genau sagen, inwiefern die CDs ein komplettes Konzert sind oder auch nur verschiedene Mitschnitte. Die unterschiedliche Songreihenfolge, die durchgehend gleiche Sound-Qualität und die längeren Ansagen sprechen dafür, dass die Audio-CDs ein einzelnes komplettes Konzert sind. Allerdings sind manche der Ansagen eben auch 1:1 auf der DVD. Diese ist wie erwähnt aber eben nur zusammengeschnittenes Stückwerk. Ein einziger Flickenteppich!

Am Ende hat man also ein zwei CDs umspannendes Live-Album mit furchtbarem Gesang und eine DVD mit einem zwei Stunden langen Potpourri aus Songstücken aus Auftritts-Fragmenten mit furchtbarer Bildqualität und viel zu kurzen Backstage-Segmenten. Vor allem hat man aber eins: Vier Stunden geballte Enttäuschung. Die DVD rettet das Release ein bisschen, da dort wie gesagt meistens die besseren Songversionen zu finden sind. Wäre die "Over the under" mit dieser DVD als Bonus-Beilage gekommen, hätte das von mir sogar einen Daumen nach oben bekommen. Zumal ja kein einziger Song der "Over the under" auf diesem Release zu hören ist, da die Platte bei den Aufnahmen noch nicht geschrieben war. Als eigenständiges Release bleibt drei Jahre später aber dann doch nur eine Frage übrig: Warum?

DVD-Tracklisting:
1. Lysergic Funeral Prcession (Hamburg)
2. Lifer (Cologne)
3. Losing All (Tilburg)
4. Rehab (Birmingham)
5. New Orleans Is A Dying Whore (Nottingham)
6. Ghosts Along The Mississippi (Glasgow)
7. Learn From This Mistake (Glasgow)
8. Underneath Everything (Manchester)
9. Temptations Wings (Newcastle)
10. Something On My Side (London)
11. Hail The Leaf (London)
12. Lies (Paris)
13. The Seed (Oslo)
14. Eyes Of The South (Stockholm)
15. Jail (Copenhagen)
16. Stone The Crow (Dublin)
17. Bury Me In Smoke (Donington)

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Georg

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