Plattenkritik

Dredg - The Pariah, The Parrot, The Delusion

Redaktions-Rating

Info

Release Date: 29.05.2009
Datum Review: 19.05.2009

Dredg - The Pariah, The Parrot, The Delusion

 

 

„Schreiben bedeutet für den Dichter, die Wände einzureißen, hinter denen sich etwas, das immer schon da war, verbirgt“. So kommentierte Milan Kundera einst die forschende Aufgabe des Romanciers. DREDG schaffen auf "The Pariah, The Parrot, The Delusion" Vergleichbares und vollbringen Großes: Sie reißen die Wände des piefigen Nicht-Genres „Gitarrenmusik“ nieder und erfüllen gleichzeitig das Popversprechen des Vorgängers – alles aus dem Bauch heraus.

Falls es sie wirklich gibt, die Anhänger der kunstaffinen Kalifornier, welche ausschließlich "El Cielo" ODER "Catch Without Arms" verehren ("Leitmotif" klammern wir an dieser Stelle einfach mal aus), dann werden beide Parteien mit dem neuen Machwerk DREDGs ein nicht gerade kleines Problem haben. Zwar ziehen DREDG in gewohnter Manier auch die abseitigsten Sounds in ihre Stücke, zwar intoniert Gavin Hayes seine Zeilen in immer noch glasklarer, ihres Pathos bewusster Weise, trotzdem wirken DREDG sehr viel gelassener. Fast so als hätten sie die Nase voll von der stereotypen Aufdringlichkeit des modernen Rocksongs. Kein Song springt dem Hörer hier in euphoriegetränkter Manier entgegen wie beispielsweise 'Ode To The Sun'. Nur wenige ('Saviour') stellen die Gitarre in den Fokus der Betrachtung. Vieles auf 'The Pariah, The Parrot, The Delusion' ist saftiger Rhythmus, Einiges offenbart gar ein solides Dance-Fundament. Und einen über alle Maße einprägsamen und ausladenden Refrain wie den von 'Pariah' lediglich zweimal zu wiederholen, würden sich wohl auch nicht viele Bands trauen. Da wo DREDG eher klassisch ihrer Wurzeln gemahnen, regiert natürlich wie und eh die überlebensgroße Geste: 'Ireland' mit seinen schwelgenden Chören, vorsichtigen Streichern, von Dino Campanella zumindest rhythmisch gegen den Strich gebürstet. Aus der Butter, die DREDG U2 bereits mit "Matroshka" vom Brot genommen haben, formen sie mit 'Information' einen auditiven Schmalzkringel, der in seiner stampfenden Zuckrigkeit auch erst mal verdaut werden muss. Die wahre Größe des Albums eröffnet sich allerdings wieder einmal mehr in den Zwischentönen. In den kurzen, 'Stamp Of Origin' getauften Visitenkarten aus der Welt der warmen Klänge beispielsweise. Mal bedrohlich, dann wieder mit perligem Piano umschmeichelnd. Oder im klagenden Western-Odem von 'Lightswitch' und dem fast schon loungigen 'Mourning This Morning', zu dem formidabel ein croonender Mike Patton als Gastsänger passen würde. Überhaupt sollten DREDG sich hüten, dass "The Pariah, The Parrot, The Delusion" rezeptionstechnisch nicht zu ihrem "King For A Day…" mutiert. Dann würde dessen wahre Größe nämlich erst in einigen Jahren erfasst. Die Mauern, sie sind eingerissen. Zeit, dahinter zu schauen… 8,5

Tracklist:

01: Pariah
02: Drunk Slide
03: Ireland
04: Stamp Of Origin - Pessimistic
05: Lightswitch
06: Gathering Pebbles
07: Information
08: Stamp Of Origin – Ocean Meets Bay
09: Saviour
10: R U O K
11: I Don’t Know
12: Mourning This Morning
13: Stamp Of Origin – Take A Look Around
14: Long Days And Vague Clues
15: Cartoon Showroom
16: Quotes
17: Down To The Cellar
18: Stamp Of Origin - Horizon

Autor

Bild Autor

René

Autoren Bio

There is plenty to criticize.