Plattenkritik

Imaginary Cities - Temporary Resident

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Release Date: 25.03.2011
Datum Review: 21.03.2011

Imaginary Cities - Temporary Resident

 

 

Der verganene Sonntag war einer dieser wundervollen Tage, an welchem einen die Sonne morgens durch die Vorhänge sanft an der Nase kitzelt. Man wühlt sich noch ein wenig durch die Laken, aber eigentlich treibt einen alles raus an die Luft. Fenster aufreißen. Ich habe einen kleinen Garten, der zu meiner Wohnung gehört. An einem Tag wie heute sollte jeder einen Garten haben. Ein warmer Tag nach so viel Winter und die Sonnenstrahlen heizen zusätzlich. 12°C im Schatten, mindestens 20°C in der Sonne. Eine kurze heiße Dusche und dann hinaus. Totgefrorene Blumenleichen aus der dunklen Erde zupfen. Ein wenig neue Erde in die Blumentöpfe, Samen reinstecken, mit der Schippe Furchen ins Beet ziehen, Samen hinein streuen, zuziehen, plattklopfen. Mit dem alten Besen die letzten kläglichen toten Überreste Herbstlaub von der Terrasse fegen. Sich am Gelb der Krokusse freuen und die Marienkäfer aus dem Winterschlaf wecken. Das Fahrrad aufdecken und den Rost abputzen, die Wäscheleine abwischen und die Bettdecke darüberwerfen.

Die moderigen Gartenmöbel aus dem Schuppen holen, deren Renovierung auf später verschieben und sich den saubersten Stuhl in die Sonne stellen. Lecker Käffschen kochen, Zigarette drehen, auf den Stuhl plumpsen lassen und den im Herbst gesteckten Tulpen beim Wachsen zusehen. Den Rauchschwaden versonnen hinterherblicken, wie sie von der Fühlingsluft zerfetzt werden. Vogelpapa ohne Bausparvertrag auf der Suche nach dem Eigenheim mit einem lockeren Liedchen auf den Lippen, Vögel beim vögeln, Eichhörnchen prügeln sich mit der Nachbarskatze.

Klingt hippiesk? Quatsch! In Zeiten von offen praktiziertem Guerrilla Gardening ist Gartenbau der neue Punk! Mein Garten wird an einer Seite von einem -für diese Stadt typischen- Hochbunker begrenzt, mit all seiner Geschichte. Um 17h ist die Sonne hinter den hohen Häusern und aus meinem Garten verschwunden.

Was das jetzt mit der Musik zu tun hat? IMAGINARY CITIES klingen so: Sonnig, meditativ, hoffnungsfroh, gelassen, wissentlich, ohne das Reißen gänzlich vergessen zu lassen und einen dennoch sanft voranzutreiben. Sie geben Raum sich den eigenen zu schaffen zum Niederlassen, Loslassen und Entspannen in der Bewegung. Die vorrausgeschickte EP „Hummingbird“ war nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was man bereit ist zu leisten, kann und auch tut. AMY WINEHOUSE in unpeinlich, Bossa Nova, Swing, Blues, Soulig im ureigentlichen Sinne, guter alter Indie. Winnipeg ist irgendwie WEAKERTHANS und deren Nähe zu IMAGINARY CITIES darf auch nicht unerwähnt bleiben. Aber es sind eben WEAKERTHANS mit hoffnungsvoller Fühlingsbrise im Haar. Wer mag nicht den aufkeimenden Frühling vor der Heuschnupfensaison? Hier ist sein Soundtrack, der erfahrungsgemäß auch live bestens funktioniert.

Tracklist:
1.Say You
2.Hummingbird
3.Calm Before The Storm
4.Don´t Cry
5.Purple Heart
6.Ride This Out
7.Where´d All The Living Go
8.Temporary Resident
9.Manitoba Bossa Nova
10.Cherry Blossom Tree
11.That´s Where It´s At, Sam

P.S.: Wer mir einen Gartenzwerg schenken mag, sei herzlich zum veganen Kaffeeklatsch auf meiner evergreen Terrace eingeladen.

Autor

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Jule

Autoren Bio

wäre gern teil einer postfeministischen emopunkband/ verbalprimatin/ kuchenveganerin/ ich kann mir keine songtitel merken, selbst die meiner lieblingssongs vergesse ich.../ ich bin nicht betrunken, ich bin immer so/ fraujule.blogspot.de