Plattenkritik

Iron Maiden - The Final Frontier

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Release Date: 13.08.2010
Datum Review: 20.08.2010

Iron Maiden - The Final Frontier

 

 

Das Aroma eines Tages, an dem ein neues IRON MAIDEN Album in den Startlöchern zum gierigen Verschlingen steht, kann nur als außerordentlich emotional und extrem nervös beschrieben werden. Schließlich könnte "dieses" Album das letzte einer der größten, wenn nicht sogar größten Heavy Metal Band der Welt sein, zumal sich im Titel das schlimme, schlimme Wort "...Final..." befindet (diesbezüglich hat Meister Harris allerdings in diversen Interviews Entwarnung ausgesprochen...puh!). Schließlich stand dann auch noch mit "A Matter Of Life And Death" ein Vorgänger im Backkatalog, der aufgrund einer filigranen Progressivität, die ausgewogen neben typischen Maiden Krachern stand, immer wieder Details zum Zunge schnalzen freigab und somit Langlebigkeit und Können in typischen Jungfrauengewand verband. Und nach etlichen Umrundungen kann mit Fug und Recht konstatiert werden, dass die Engländer sich und ihrem Stil treu geblieben sind, trotzdem einiges geändert haben und noch lange nicht zum alten Eisen gehören.

Zunächst muss allerdings über eine mittelgroße Unverschämtheit in Bezug auf die Aufmachung von "The Final Frontier" gesprochen werden, denn vom Kauf der "Limited Metal Tin Box" muss aus folgenden Gründe abgeraten werden: Eine Blech-Schachtel, in der lieblos das Booklet ohne Album!- und Bandname!! sowie die CD eingelegt wurde, die sich dann auch noch in keinster Weise von der normalen Version unterscheiden, rechtfertigt weder eine höhere Investition noch eine weitere Diskussion. Aber auch für solche - sagen wir es mal nett - nicht gerade Fan freundlichen Aktionen sind IRON MAIDEN bekannt, zumal sich die Anhängerschaft seit Jahren die Kohle leichtfertig und ohne viel Mucken aus der Tasche ziehen lässt.

Kommen wir zum musikalischen Inhalt: IRON MAIDEN können den Vorgänger nicht übertreffen, pendeln sich aber mit "The Final Frontier" in unmittelbarer Nähe von "A Matter Of Life And Death" ein. Zunächst hat Produzent Kevin "Caveman" Shirley, der nach Aussage der Band als festes Mitglied einzustufenden ist, endlich einen transparenten, kräftigen und modernen Sound gegossen, der erahnen lässt, dass mit Dave Murray, Adrian Smith und Janick Gers seit der letzten Reunion drei Gitarristen die Tracklist begleiten. Am Songwriting Prozess waren neben Mastermind Steve Harris meist Adrian Smith und auch Janick Gers und Sänger Bruce Dickinson beteiligt, letzterer überzeugt wieder einmal als eine der letzten "großen" Heavy Metal Stimmen. Gerade in den ruhigen Momenten, die auf "The Final Frontier" zahlreich vertreten sind (fast jeder Song beginnt leise, harmonisch, fast friedlich), zeigt Bruce, dass bisher im Bereich des klassischen Metals keine Nachfolgeregelung gefunden wurde. Insgesamt ist das Album eine Weiterführung des Vorgängers wenn es darum geht, überlange, tragende Tracks zu schreiben. Vielleicht wird später mal etwas von progressiver Spätphase der Band zu lesen sein, aber gerechter wäre vielleicht das Wort "komplex", denn genau das ist "The Final Frontier". Lassen wir mal außen vor, dass "Satellite 15..." als Intro und erste Hälfte des Eröffnungstracks misslungen und El Dorado" Lückenfüller ist. Der Rest hat Hand und Fuß und zeigt IRON MAIDEN trotz der vielen Schattenjahre in hervorragender Melodielaune, die immer wieder Erinnerungen an die Kindheit aufkeimen lässt. Warum? Keine andere Band versteht es so unglaublich gut, mit Kinderliederchorussen und harten Instrumenten ein Metalambiente zu kreieren, das individuell, originell, nachdenklich, und hart ist. Das von Steve Harris im Alleingang komponierte Abschluss Epos "When The Wild Wind Blows" soll als Beleg dienen, dass mit einem immer wiederkehrenden Reim auf der Gitarre und Dickinsons eindringlichem Gesang eine Wundertüte geöffnet wurde, auf die IRON MAIDEN das Patent angemeldet haben. Allein an den Tempoverschiebungen und an der technischen Raffinesse, das prägende Riff aus einem B-Teil wieder aufleben zu lassen, würden sich andere etwas abbeißen lassen, um nur einmal in den Genuss des "kann ich auch" zu kommen. Wie gesagt, sind knackige Songs recht spärlich, der Titeltrack (mit sehr gutem Refrain) und "The Alchemist" können jedoch auch die Mäuler befriedigen, die die Eisernen Jungfrauen kürzer lieben. Vielleicht ist das Wort "sperrig" bei dieser Band etwas deplatziert, aber auch "The Final Frontier" belohnt erst nach einiger Zeit, dann aber werden Perlen wie das bedächtige "The Man Who Would Be King" oder das treibende "Coming Home" sichtbar und fressen sich in den Player.

Aber auch IRON MAIDEN sind nicht unfehlbar, so muss kritisiert werden, dass ein Facelifting hier vielleicht mal keine Entstellung eingeleitet hätte, denn die fast 80 Minuten Metal hätten an einigen Stellen deutlich gestrafft werden müssen, um mehr Geradlinigkeit einziehen zu lassen. Auch fehlen die für die Band typischen Gitarrenduelle, die drei Saitenhexer gehen diesmal fast schon zu verspielt und auch sehr oft zu psychedelisch vor.

Natürlich kann sich ein Album einer Legende immer schön gehört werden, aber "The Final Frontier" birgt genug Feinheiten, um eine im ersten Moment eingekehrte Enttäuschung nach und nach zu verdrängen und in Begeisterung umzumünzen. Klar ist auch, dass IRON MAIDEN sich schon lange nicht mehr nach "The Number Of The Beast" oder "Powerslave" anhören. Doch "The Final Frontier" zeigt erneut eindrucksvoll, dass ein Ableben dieser Band ein nicht zu stopfendes Loch in die Metalgeschichte reißt!

Tracklist:
01. Satellite 15... The Final Frontier
02. El Dorado
03. Mother Of Mercy
04. Coming Home
05. The Alchemist
06. Isle Of Avalon
07. Starblind
08. The Talisman
09. The Man Who Would Be King
10. When The Wild Wind Blows

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Clement

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Ich fühle mich zu alt