Plattenkritik

Jona Steinbach - Alles negieren

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Release Date: 19.03.2010
Datum Review: 10.03.2010

Jona Steinbach - Alles negieren

 

 

Jona aus Köln ist älter geworden. Vielleicht auch ein wenig erwachsener. Immerhin hat er sich einen Nachnamen zugelegt. 6 Jahre nach seinem letzten Album taucht er wieder aus der Versenkung auf. Mit nicht allzu neuem Sound aber um einiges gereifter, gesetzter.

Gysbert zu Knyphausen, Nils Frevert, Maximilian Hecker, Clickclickdecker. Der Trend der Singer/Songwriter ist auch in hierzulande weit verbreitet. Mit dem Unterschied zur internationalen Szene, dass diese hier meist nicht aus einer größeren Kapelle hervorgegangen sind, sondern im Grunde nie etwas anderes gemacht haben. Die einsamen Barden auf weiter Flur. Dieses Bild passt so sehr zu dieser Gruppe Musiker. Genau das richtige für einsame Abende, an denen man sich zufrieden in die Decke des Selbstmitleid hüllen will und es mit der Scheibe im CD- Spieler rechtfertigen kann. Sie haben eines gemeinsam: sie leiden. Sie stehen allesamt da, ohne Schirm und Melone, dafür mit umso mehr Charme.

Doch es gibt sie, die feinen Unterschiede. Der eine lädt sich für den ein oder anderen Song eine Band dazu, der andere schafft es ganz alleine mit seiner besten Freundin: der Gitarre. Jona holt sich da gerne Verstärkung aus dem Computer. Er hat eines beim Erwachsenwerden nicht vergessen: Synthiesounds, die schwer an die Amigaspiele der 80´er erinnern. Nach wie vor. Nicht stampfend, aber auch nicht einschlummernd. Eher treibend. Sie sind feiner geworden als auf den älteren Vorgängern. Das Ohr erfährt einige Nuancen mehr. Auch hier die Streicher, dort ein softes Piano, da ein paar Hörner. Gemeinsam heben sie den Soundmantel auf ein neues Niveau.

Der Gesang bei Weitem nicht mehr so unglaublich nöhlend, resigniert, hoffnungsbefreit und hochschwanger vom Selbstmitleid. Vielmehr vermittelt er Klarheit. Es wird Frühling und die Luft klar. Der Wintermuff kann behutsam abgeschüttelt werden. Jona hat gelernt, was Elan bedeutet und den braucht es auch für eine Platte mit diesem Titel. Alles negieren. Der titelgebende Track kommt geradezu trotzig rüber. Sonst lädt der Barde hier eher mit Durchhalteparolen, dezenten Warnungen und dem Aufzeigen der schönen Momente ein zum Weiterleben, Genießen und mal locker machen. Er fordert sogar auf, mit offenen Augen ins Verderben zu rennen. Aber es macht doch auch solch verfluchten Spaß und irgendwie ist es auch egal. Es gibt Dinge, die muss man tun und die können unmöglich gut ausgehen. Wie gut dass Herr Steinbach Dinge angeht, die gut ausgehen können. In diesem Falle im Bett mit Supermario. Kann ja auch mal schön sein fetzustellen, dass sich beim Erwachsenwerden gar nicht mal alles verändert. Wer hat das eigentlich jemals behauptet? Alles negieren! Im wahrsten Sinne des Wortes. Muss man Jona Steinbach jetzt eigentlich siezen?

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Jule

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wäre gern teil einer postfeministischen emopunkband/ verbalprimatin/ kuchenveganerin/ ich kann mir keine songtitel merken, selbst die meiner lieblingssongs vergesse ich.../ ich bin nicht betrunken, ich bin immer so/ fraujule.blogspot.de