Ein Gastspielprofi wie KEVIN DEVINE benötigt eigentlich keinen physischen Nachweis für seine Livequalitäten. Da ein Stelldichein mit dem New Yorker und dessen wahnwitzigen Stories aber unglaublicherweise wie die Faust aufs Auge in die heimelige St. Pancras Kirche im Herzen Londons passen, empfiehlt es sich, zu einer guten Flasche Rotwein die Klingel ab- und ausreichend Pizza zu bestellen.
Nein, nicht St. Pancakes. Auch wenn die Stories um verstrahlte Drogenbeschaffungsversuche, seine geliebte und fotogene Mutter und bemühte Label-"Bosse" KEVIN DEVINE noch einen Kontinent sympathischer machen, bleibt der Songwriter seinem Konzept um Romantik, Herzschmerz und romantische Herzschmerz-Lebenserfahrungen treu. "Deal with it" verkündet er augenzwinkernd zum Auftakt die Songauswahl zur Platte, die es inklusive siebzehn (!!) digitaler Bonustracks auf ganze zwei Stunden Spielzeit bringt. Ein Mann, eine Gitarre, ein gigantischer Querschnitt. "Brooklyn Boy" und "Just Stay" entstammen "Put Your Ghost To Rest", "Protest Singer" vom Debut "Circle Gets The Square" bekommt ein smartes "The Promise"-Upgrade. Waehrend der intimen Performance laesst sich sogar das Luftholen hoeren. Beeindruckend, wenn DEVINE vom Mikrofon wegrutscht und seine Stimme den Saal fesselt. "Der Make The Clocks Move"-Opener "Ballgame" erfaehrt live noch weniger Volumen als sein LP-Original. Songs wie "Not Over You Yet", MIRACLE OF 86's "Every Famous Last Word" oder "Cotton Crush" funktionieren wunderbar und gaensehaeutig, stecken jedoch berechtigterweise in Sachen Dynamik zurueck. "Redbird" driftet in Richtung bekiffte BRAND NEW, "Carnival" ist in echt zehn Jahre alt, klingt auf "Live At St. Pancras Old Church" aber Folksinger-moderner als eh und je. Das liebevolle Release mag keine erste Wahl fuer Quereinsteiger sein - vermittelt die Compilation doch kaum einen gerechten Einblick in die Entwicklung von KEVIN DEVINE in Sachen Songwriting und Stilistik. Umso mehr aber duerfen Neo-Nerds und Indie-Alles-Fans hier ins Schwitzen geraten. Immerhin tun dies auch saemtliche Gefolger von FLEET FOXES bis MANCHSTER ORCHESTRA. "Live At St. Pancras Old Church" erzaehlt in ganzen dreissig Akten, wieso.