Plattenkritik

New Found Glory - Radiosurgery

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Release Date: 04.10.2011
Datum Review: 30.09.2011

New Found Glory - Radiosurgery

 

 

Jordan Pundik hat neben der Musik noch eine große Leidenschaft: Er ist verrückt nach Tattoos. Sehr passend, so könnte er sich beispielsweise den Namen seines Sohnes tätowieren lassen. Oder den seiner Band. Wenn er im Alter dann immer vergesslicher wird braucht er bloß an der richtigen Stelle seines Körpers nachzuschauen und weiß sofort wie der Poppunkofen um Chad Gilbert, Ian Grushka, Steve Klein, Cyrus Bolooki und natürlich Jordan himself heißt. Nämlich nicht THE JONAS BROTHERS.

Oder ist es gar schon zu spät? Sind NEW FOUND GLORY auf ihrem achten Studioalbum schon so von den Jahren geprägt, dass die glatt das „Punk“ hinter dem „Pop“ außer Acht gelassen haben? Das Feuer, was bei „Coming Home“ zu ersticken drohte, loderte auf „Not Without A Fight“ wieder allzu schön – „Truck Stop Blues“ oder „Don´t Let Her Pull You Down“ ergaben Sinn und zogen die Fesseln fest, mit denen die Band aus Coral Springs am Ohrwurm-Olymp festgebunden war. Das tut jetzt auch „Radiosurgery“. In erster Linie jedoch nur der gleichnamige und lupenreine Opener statt der kompletten, elf Song starken LP. „Wir wollten den Fans wieder etwas Neues bieten, und haben eine quasi Mixtur aus allen bisherigen NEW FOUND GLORY Alben erschaffen“. Steve Klein hat sich seinen Kollegen angenommen und produziert nun selber auch Platten anderer Bands. Allerdings eben nicht die der JONAS BROTHERS. Und doch klingen „Drill In My Brain“ und „Caught In The Act“ so unvollkommen und zweckmäßig wie ausgetrocknetes Moltofill in einem Loch in der Wand. „Oh Oh, I´m Caught In The Act, But For Tonight Let´s Do Something That We´ll Never Forget“ Da setzt der romantische Hauptschüler mit einem „ausreichend“ in Englisch noch einen drauf. „Anthem For The Unwanted“ rutscht fast bezugslos und haarscharf an der lauwarmen Belanglosigkeit vorbei, „I´m Not The One“ lässt immerhin noch eine Spur des Drives und der schaukelnden Lebendigkeit zurück, die seit „My Friends Over You“ oder „This Disaster“ stets die Sonne aus dem Sack prügelten.
Verschnaufpause dann bei „Ready, Aim, Fire!“, für das nicht nur LARS FREDERIKSENs Gitarrenmelodie den Kopf hinhalten muss, sondern dessen Nachfolger „Dumped“ als wohl bester Erfolgsbeweis aus Sicht von Mischpultziehvater Neil Avron (u.a. PLAIN WHITE T´S, FALL OUT BOY, LINKIN PARK) gelten dürfte: Vorhersehbar + A-B-A-B-C-B + „Oh´s“? Airplay garantiert. NEW FOUND GLORY klingen auch 2011 noch so was von nach NEW FOUND GLORY. „Radiosurgery“ jedoch klingt bis auf wenige Ausnahmemomente wie unausgereifte B-Seitenstapel oder erste Demogedanken, die gar nicht oder nicht besonders liebevoll zu Ende gedacht worden sind.
Textlich kramt man sich mittlerweile fast ausschließlich durch die weit geöffnete Schublade Marke Boyband-Retorte, auf der Schlachtwortsticker wie „Boys+Girls“ und „Reim mich oder ich fress Dich!“ prangen. Selbst BEST COAST -Stimmschönheit Bethany Cosentino´s Einsatz (bei „Caught In The Act“) kann nicht retten, was bei „Memories And Battlescars“ und „Trainwreck“ nur noch wie ein trockenes Kaugummi in die Länge gezogen wird.

Wie es im Hause NEW FOUND GLORY Überraschungen gab und gibt muss es scheinbar auch Enttäuschungen geben. Bald, wenn die Florida-Fraktion vielleicht frisch tätowiert wieder bei Sinnen ist, wird sicher wieder die heile Welt aus dem Proberaum des munteren und strikten Fünfers schallen. Solange lasse man „Radiosurgery“ als besseres Füllmaterial in einer Wand der Wahl zurück.

Tracklist:

01. Radiosurgery
02. Anthem For The Unwanted
03. Drill It In My Brain
04. I'm Not The One
05. Ready, Aim, Fire!
06. Dumped
07. Summer Fling, Don't Mean A Thing
08. Caught In The Act (Feat. Bethany Cosentino)
09. Memories And Battle Scars
10. Trainwreck
11. Map Of Your Body

Autor

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Moppi

Autoren Bio

Alt, langweilig, tierlieb.