Plattenkritik

Prong - Ruining Lives

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Release Date: 25.04.2014
Datum Review: 21.04.2014

Prong - Ruining Lives

 

 

Visionäre sind oft Wegbereiter und Pioniere, doch selten erhalten sie dafür die an sich verdienten Lorbeeren. Im Falle Tommy Victors ist dies sogar recht bitter. Der Amerikaner ist Chef, musikalischer Kopf, Sprachrohr und Aushängeschild der US Band PRONG. Seit Mitte der 80er Jahre ist es seine Verbindung von Hardcore, Thrash-Metal und Elementen des Industrial, sowie großartigen Melodien, die Bands wie KORN, PANTERA (mit denen sie einst das Genre des Groove Metals definierten), FEAR FACTORY, ROB ZOMBIE, MARILYN MANSON oder NINE INCH NAILS beeinflusst haben. Diese Bands, von der Musik Victors inspiriert, sollten später Millionen verdienen, während für Tommy Mitte der 90er nahezu das Aus vor Tür stand, als der große Erfolg nach einem guten Start ausblieb und seine Band am Ende auch noch von ihrem Label fallen gelassen wurde. Jahrelang verdingte sich Tommy unter anderem als fester Gitarrist im MINISTRY Line Up und versuchte immer wieder mit seiner alten Flamme neue und alte Fans zu entzünden. Doch der Versuch scheiterte, bis er 2012 „Carved Into Storm“ veröffentlichte, was an frühere Zeiten anknüpfte und ihn erstmals wieder ins (rechte) Scheinwerferlicht rückte.

Der Nachfolger „Ruining Lives“ ist meiner Auffassung nach sogar noch besser als sein Vorgänger. 'Limitations And Validations', 'The Barriers' oder 'Windows Shut' überzeugen mit gnadenlos guter Gitarrenarbeit. Vielfältig und auf den Punkt. Das Drumming und die gezielt eingesetzten Samples bringen unter den Metal PRONGS die richtige Note elektronischen Hauchs, wodurch man zu Songs wie 'Remove, Separate Self' nicht nur headbangen, sondern auch ganz vorzüglich tanzen könnte. Mit Ohrwurm-Melodien sorgen Victor und Co. dafür, dass man die meisten Songs bereits beim zweiten Refrain mitsummen kann. Songs wie 'Abscence of Light' sind dann wieder solche Kaliber wo man denkt: Ah, das sind STATIC X, FEAR FACTORY oder MANSON. Aber das ist die verkehrte Denke. Warum diese Künstler hier durchschimmern? Weil sie von PRONG infiziert wurden und seit Jahren Erfolg mit Scheiben haben, die man unmittelbar auf Victor zurückführen kann. Aber der Unterschied wird bei „Ruining Lives“ ganz deutlich: Das Original ist stets um Längen besser (ohne die Verdienste genannter Bands in Abrede stellen zu wollen). 'The Book of Change' ist dann eine reine Thrash-Attacke, die an Geschwindigkeit mit SLAYER locker mithalten kann und diese durch die melodiöse Hook (ohne an Geschwindigkeit oder Intensität zu verlieren).

Tommys Stimme hat darüber hinaus einen unglaublichen Wiedererkennungswert: Sie ist nicht das was man schön nennen würde, doch bedient sie ohne Probleme die Ansprüche die seitens der Songs an sie gestellt werden, ohne wirkliche Screams oder Dickinson-Arien. Nicht zu viel und nicht zu wenig. Da wo Araya und Bell ihre Grenzen haben, packt Victor jedoch noch einen drauf und stellt mit seiner filigranen Gitarrenarbeit viele seiner (weitaus berühmteren) Kollegen in den Schatten. 'Self Will Run Riot' erinnert mit seinem poppigen Refrain sogar ein bisschen an die Ulk-Punker A. Man erkennt PRONG eben wenn man sie hört.

Textlich ist man wieder sehr kritisch mit sich und seiner Umwelt unterwegs. Alles andere würde auch eher Fehl am Platz wirken und wir leben schließlich auch in einer Zeit, in der es eigentlich nicht besonders viel gibt, über das man lachen könnte oder sollte.

Spannend ist, dass man die Formel „Steht X drauf, ist auch X drin“ bei Tommy und seinen Kollegen nur bedingt anwenden kann. Denn musikalisch überraschen sie immer wieder. Auf „Ruining Lives“ sind nur knaller Songs. Nicht einer der hinter den anderen abstinken würde. Vom ersten bis zum letzten Song: Einfach großartig. Nun wäre es an der Zeit sie endlich einmal live unter die Lupe zu nehmen.

Für mich eine der besten Platten 2014!

Tracklist

1. Turnover
2. The Barriers
3. Windows Shut
4. Remove, Separate Self
5. Runing Lives
6. Abscence of Light
7. The Book of Change
8. Self Will Run Riot
9. Come To Realize
10. Chamber of Thought
11. Limitations and Validations

Autor

Bild Autor

Linc

Autoren Bio

Singer-Songwriter (LINC VAN JOHNSON & The Dusters) Singer (SUPERCHARGER) [DK] Vocal Coach seit 2011. Berufssänger/-musiker seit 2008. Studium Musik/Anglistik Bei ALLSCHOOLS seit 2006.