Plattenkritik

Rot In Hell - As Pearls Before Swine

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Release Date: 12.02.2011
Datum Review: 10.02.2011

Rot In Hell - As Pearls Before Swine

 

 

Ein wenig sieht es ja so aus, als zeige das skelettierte Viech auf dem Cover des ROT IN HELL-Debüts uns den Stinkefinger. Wer hierbei nicht in Kategorien von Hölle, Weltuntergang, abgründiger Raserei und „INTEGRITY-auf-den-richtigen-den-harten-Drogen" denkt, der ist bestimmt großer Pop-Punk-Fan. Lasset alle Hoffnung fahren. Willkommen im Bestiarium der neuen Holy Terror-Gemeinde.

Interessant an Diskursen bezüglich des wahren, authentischen Hardcore(-Punk) ist ja immer der Trick mit der Gefährlichkeit. Irgendwann kommt immer irgendetwas sehr Schrundiges, Abgestandenes, Hässliches gebückt aus irgendwelchen vollgepissten Hinterhöfen gekrochen, um dem Genre eine längst überfällige Authentizitätskur zu verpassen. In der Vergangenheit waren das wohl Bands wie FUCKED UP, CEREMONY oder auch TRASH TALK. Auch wenn Letztere mittlerweile eigentlich jedem auf den Keks gehen. Auftritt: ROT IN HELL aus Großbritannien. Ihres Zeichens natürlich keine reinrassige (und schon gar nicht: moderne) Hardcoreband, sondern vielmehr Nachlassverwalter sich selbst überschlagenden Clevo-Hasses und dräuender Metalatmosphäre. Was an "As Pearls Before Swine" Hardcore sein soll? Die Unmittelbarkeit? Der Sinn fürs Entschlackte? Das Höllenorgan des offenbar namenlosen Sängers? Die ziemlich perfekte verdichtete Melange aus Raserei, Groove, klopfendem Schlagzeug und auf den Punkt gebrachter Härte in 'Behavioural Resitance'? Eigentlich ziemlich scheißegal. ROT IN HELL schnallen dich bäuchlings auf einen Pfahl, ritzen dir abgefahrene okkulte Symbole in den Hinterkopf und stoßen dich infernalisch-gelangweilt einen sehr langen Berghang hinab. Den Rest besorgt die Schwerkraft. Du hast es ja so gewollt.

Zunächst jedoch lassen sich ROT IN HELL etwas bitten, bevor sie so richtig in Fahrt kommen. Obwohl ja eigentlich jeder längst weiß, in welchen Sphären die Band gräbt, gibt 'Fulminate of Mercury' mit beklemmendem Intro, langsamen, unheilsschweren Metalgitarren (Metal im Sinne recht früher INTEGRITY natürlich) und Doublebassteppich vor, was hier in den nächsten Minuten auf uns zukommt. Dann folgt die Raserei. Mit einem Organ, irgendwo zwischen übersteuertem NINE-Höllenhund und einem Dwid, der endlich wieder so richtig scheiße wütend auf diese Existenzvernichtungsmaschinerie called life ist. Das Leben als Sein zum Tode? In der Welt von ROT IN HELL ist alles der Tod. Sicher, vor lauter darkness, pain, torture sowie den inflationärsten Höllenanalogien seit Dante, könnte man glatt vergessen, dass eigentlich alles doch gar nicht so schlimm und bedingungslose Härte auch nicht die ultimative Lösung ist. ROT IN HELL jedoch sind schlau (oder halt: instinktiv) genug, ihre sehr komprimierten Hassbatzen temporär aufzulockern durch eine Atmosphäre, die beinahe beklemmender ist als die harten Teile ('Ars Sina Scienta…'). Neben kurzen, nackten Reißern wie 'Traitor’s Gate' bestehen ROT IN HELL vor allem in den langgezogenen, raumgreifenden Momenten: 'Twilight Tongues' jedenfalls breitet in seinen vier Minuten alles von Tempo, Wahnsinnsgegurgel, reitenden Soli und dem auf kreischenden Streichern basierenden, zersetzenden Finale aus. Da fehlt eigentlich nichts. Unbezahlbar auch der Gitarrensound im Instrumental 'Darkness Calls' und überhaupt die unzeitgemäße zeitgemäße Produktion. Dwid Hellion darf sich freuen, in die Top-Freunde-Liste der Band bei MySpace aufgenommen worden zu sein. ROT IN HELL sind die längst fällige Wachablösung.

Vielleicht die bessere, weil einfach niederträchtigere und detailfreudigere Alternative zum keinesfalls schlechten aktuellen MOTHER OF MERCY-Album. Mit Sicherheit die bessere Alternative zu allem, was Dwid und Co. in letzter Zeit der darbenden Holy Terror-Gemeinde vor die blutenden Mäuler geworfen haben. Allumfassend wahnsinnige Briten am Werk. Darauf ein Schweineschnitzel.

Autor

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René

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