Pubertärer Screamo-Core-Leichtsinn - da ist die Tür! Nach fünf Alben bewegen sich Buddy Nielsen und SENSES FAIL in Richtung Einklang. Das die Band aus New Jersey dazu buddhistische Meditationsprinzipien vorschiebt, stärkt "Pull The Thorns From Your Heart" und seiner Durchschlagkraft höchstens noch den Rücken.
Auf dem Nachfolger zu "Renacer" zieht es den Fünfer erneut weiter hinaus aus dem Posthardcore-Sumpf, in dem viele Weggefährten mal mehr mal weniger glamourös zu Grunde gingen und/oder noch gehen. Für SENSES FAIL und vorneweg Mastermind Nielsen aber hört die Liste an Beweggründen nicht auf. Zu sich selbst finden, Abgeklärtheit, innere Ruhe, persönlicher Frieden - alles gewichtige Faktoren im Leben des Frontmannes und Sänger, der neben seiner Alkoholsucht auch intensive emotionale Stadien wie traumatische Angstzustände und sein Coming-Out durchlebte. "Pull The Thorns From Your Heart" ist eben genauso vielschichtig - ohne dabei gekünstelt oder benommen zu wirken. "The Three Marks Of Existence" verhält sich zunächst wenig rücksichtsvoll und brettert zwischen Old School Hardcore und metallischer Kruste davon, bevor "Carry The Weight" den Raum mit melancholischer bis epischer Grösse füllt. "I used to wanna die, but now I believe" beginnt Nielsens Weg aus der Misere, bevor sich mit ihm der Refrain wie ein Gebirge in den Weg setzt. Hier treffen sich THE USED und BIFFY CLYRO, um sich gegenseitig nüchtern und beholfen über Wasser zu halten. "Wounds" berichtet ebenso emotional schnaubend von Depressionen und Ängsten, dazu liefern SENSES FAIL eine grossspurige Lösung: "The wounds you never heal are the ones you refuse to see / be the change you seek..." beruhigt der Chorus, bevor "Take Refuge" groovenden "Woooh"-Hardcore der Marke REFUSED mit einem stoischen Nu-Metal-Beat mischt. Allein bis hierhin vermag man schon manches Stadium der insgesamt vier (1. Annica & Sacca (Impermanence & Truth), 2. Tisarana (The Three Jewels), 3. Maransati (Mindfulness of Death) sowie 4. The Brahmaviharas (The Heavenly Abodes) nach buddhistischen Lehren benannten vernommen zu haben. "Pull The Thorns From Your Heart" offenbart unglaublich viel Tiefgang, Herz und Intimität - sowohl textlich als auch musikalisch streifen SENSES FAIL gerne abseits des knochigen Postcores durch die Naturen und Stimmungen. Von Blastbeat und Breakdown bei "Dying Woods" bis zum nasenblutigen FUCKED UP-like Explosionsrock ("The Importance Of The Moment Of Death") summieren sich die Einflüsse, Ausbrüche und eine schier grenzenlos wandelbare Gesangsstimme. Die elf Songs sind Kumpel-Hardcore, Herzschlag, Wegweiser und Moshpitfutter in einem. Der Titelsong strotzt vor Puls, wenn Nielsen Seele und Kehle an der Garderobe aufhängt und sich persönlich um sein Schicksal kümmert. Beim anschliessenden "We All Are Returning Home" ist die Band kaum noch zu fassen. Erst ein gesprochenes Pamphlet agiert als Ruhepol des Songs: "The times that you take to wait for all the things that you need are the times that you´ve wasted". SENSES FAIL satteln Lebensfreude, Bestimmtheit und Ausgleich und brechen auf zu Ufern, die ihnen bis dato sicher oft selbst fremd erschienen.