Plattenkritik

THE WONDER YEARS - No Closer To Heaven

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Info

Release Date: 04.09.2015
Datum Review: 10.09.2015
Format: CD Vinyl Digital

Tracklist

 

01. Brothers &
02. Cardinals
03. A Song For Patsy Cline
04. I Don’t Like Who I Was Then
05. Cigarettes & Saints
06. The Bluest Things On Earth
07. A Song for Ernest Hemingway
08. Thanks for the Ride
09. Stained Glass Ceilings
10. I Wanted So Badly To Be Brave
11. You In January
12. Palm Reader
13. No Closer to Heaven

Band Mitglieder

 

Matt Brasch
Dan "Soupy" Campbell
Casey Cavaliere
Mike Kennedy
Josh Martin
Nick Steinborn

THE WONDER YEARS - No Closer To Heaven

 

 

Vier Alben lang schludert Dan Campbell durch sein Leben und sein Ich und beobachtet sein Umfeld dabei so adleräugig wie ehrfürchtig. Seine junge, mitwachsende Fanbase zollt "Soupy" seit jeher Respekt in Form von herzlichen Empfängen und treuem Zuspruch. Zwei Jahre nach "The Greatest Generation" hat sich der 29-jährige ausserdem unter die Bartträger und Solokünstler gemischt. "No Closer To Heaven" hält diesen Tatsachen einige klangliche Überraschungen entgegen, die all diejenigen überschwemmen dürften, die sich dem nächsten Level des Emotionsbündels Campbell zu vorschnell nähern.
 
THE WONDER YEARS lassen den Hörer bereits mit ihrem Intro/Opener "Brothers &" im Gefühlshagel stehen. "We´re no saviours - if we can´t save our brothers" prophezeit sich der anschwellende Chor die Spannungskurve hinauf, die mögliche Explosion durch Doubletimebeats und Bierböcke jedoch bleibt aus. Das Sextett sortiert sich und seine Position im Leben hörbar neu. "Cardinals" erwacht zaghaft und brüchig: "Cardinal crashed into my window / I think he might die / I'll plan him a funeral / I'll read his last rites". Langsam und zögerlich entlädt sich die Band zunächst eher in Richtung Postcore als Pickelpunk und gräbt sich ungewiss tiefer und tiefer: "I was off on my own again, selfish and stupid". "A Song For Patsy Cline" ist ein weiterer Gruß aus der Welt des deutlich gereiften Mindsets von Frontmann Campbell, der sich den dunklen Seiten des Lebens und deren Verarbeitung hier auf dem Wege der Musik nähert. Verhaltenes Schlagzeug, bedrückte Vocals, hallende Gitarren - nicht viel deutet vorerst auf die treibende Poppunkband hin, die in den Anfangstagen auf "The Upsides" Energiebündel auf Energiebündel stapelt. "Cigarettes & Saints" ist ein vertiefter wie empörter Blick auf Verluste durch Sucht, der erst spät ausbricht und fokussiert bis ins emotionale Finale steuert. THE WONDER YEARS aber wissen mitzureissen auf der Basis dieser schwer zugänglichen, introvertierten und sehr intensiven Songs. "I Don’t Like Who I Was Then" zieht die Selbstzweifel gegen pulsierende Drums auf: "I want to shoulder the weight until my back breaks / I want to run until my lungs give up / If I could manage not to fuck this up" erklärt Campbell seine Eigeneinschätzung lauthals, bevor melodische Licks Lichtblicke in den Song spülen.
"The Bluest Things On Earth" und "Stained Glass Ceilings" (inklusive Gastgesang von LETLIVE´s Jason Butler)  bieten tolle Kontraste im Songwriting der Band, zwischendurch lässt sich inhaltlich stets das finstere Konzept der Platte erkennen. "No Closer To Heaven" ist dabei alles andere als ein eigenständig eingereichter Selbstmitleidsantrag, wenngleich die Band aus Philadelphia wenig textliche Kost bietet die nicht wie ein Kloss im Hals stecken bleibt. "You In January" öffnet ein willkommenes neues Fenster, aus dem THE WONDER YEARS ein wunderschönes Liebeslied in die hinterfragte Scheinidylle der Welt feuern.  Die dreizehn Stücke holen den Hörer mitten im Leben ab, um Seiten fernab des oberflächlichen Genres aufzuzeigen. Vielfältig und intim - mit vereinten und poppunk-untypischen Qualitäten erklären Matt Brasch, Casey Cavaliere, Josh Martin, Nick Steinborn, Mike Kennedy an der Seite von Campbell der Unfairness des Lebens den Kampf: "This god damn machine; hungry and heartless / My whole generation got lost in the margin / We put our faith in you. You turned a profit / Now we’re drowning here under your waves". Wer THE WONDER YEARS entkommt, hat Poppunk nicht verdient.  

Autor

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Moppi

Autoren Bio

Alt, langweilig, tierlieb.