Plattenkritik

Thrice - Anthology

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Release Date: 02.11.2012
Datum Review: 30.10.2012

Thrice - Anthology

 

 

THRICE beenden, was sie einst begonnen haben. Man soll aufhören wenn es am Schönsten ist und wenn man Bassist Eddie Breckenridge glaubt, dann war es eigentlich viel zu früh dafür: „Honestly, I never did and still don’t think we should have [part ways]“
Aber man kann eben nichts ändern wenn jemand eine Familie gründet und für sie zu Hause sein will. Und so mussten die vier Amerikaner eben doch den Hut ziehen. Vorerst. Und das sogar mit erhobenem Haupt, denn die letzte Tour, den letzten Moment ihrer Geschichte haben sie auf einem Doppelalbum festgehalten.
Die Songs auf „Anthology“ sind ausnahmsweise einmal nicht durch irgendeine Supporttour zu einem Album vorgegeben, sondern wurden tatsächlich von den Fans gewählt. Es gab ein Voting auf der Homepage der Band. Dort konnte jeder seine Lieblingssongs eines jeden Albums zusammenstellen. Die Lieder, die die meisten Stimmen bekommen hatten, waren auf der Tour und sind auch auf „Anthology“ zu hören. Wenn man sich die Trackliste der beiden CDs ansieht, kommt man auch wirklich von „Identity Crisis“ bis „Major/Minor“ an keinem Album vorbei. Alles ist dabei: "Image Of The Invisible" vom Album „Vheissu“, ein grandioses "Daedalus" von „The Alchemy Index Vols. III & IV“ bis hin zum letzten Song „Anthology“, der dem Doppelalbum auch den Namen gab.
Bis hierhin ist das ja alles noch nichts vollkommen Außergewöhnliches, ein Doppelalbum mit vielen Livesongs eben. Das eigentliche Wundervolle an der Platte finde ich den ungenierten Sound und ihre ehrliche Art auf der Bühne. Super ist auch, dass man das Publikum hört, wie die Leute mitschreien, sich die Seelen aus den Hälsen gröhlen und ein letztes Mal THRICE feiern. Man hört stellenweise, dass es in verschiedenen Venues aufgenommen wurde, weil der eine Song etwas rauer oder der nächste klarer klingt.
Aber hier wird eben nicht noch im Nachhinein gebastelt und aufgenommen, hier heißt es nur „auf die Bühne, Kabel rein und go!“. Eric Stenman (2. Engineer für „Major/Minor“) hat die Scheibe zwar gemischt aber am Sound wurde nichts geändert. Und genau so muss ein Live-Ablum klingen: roh, emotionsgeladen, aggressiv und natürlich. Dass man hier und da kleine Fehler hört, sollte bei jeder Band normal sein, die ihre Instrumente selbst spielt, das macht das ganze sehr natürlich und „nah dran“. Die Band um Sänger Dustin Kensrue war aber auch richtig gut drauf und hat größtenteils verdammt gelungene Sets gespielt.

Meiner Meinung nach ist Kensrue sowieso ein absoluter Ausnahmesänger, seine Stimme ist so zerbrechlich wie sie explosiv wirken und so melodisch wie sie auch aggressiv klingen kann. Gerade durch den Gesang bekommt man auf „Anthology“ oft das Gefühl wirklich dabei zu sein. Man schließt die Augen und kann die Schatten auf der Bühne erahnen und die Körper, die im Takt von „In Exile“ hin und her wanken und den Schweiß, den jeder dieser Abende hinterlassen haben muss. Am eigenen Schreibtisch, auf dem eigenen Sofa. Man bekommt ein Konzert ins Wohnzimmer geliefert und ich bin überzeugt, dass jeder der „Anthology“ hört auch einen Teil dieser Konzerte miterlebt. Selten habe ich so ein gutes Live-Album gehört. THRICE in bester Form. In ihrer reinsten Form. In ihrer dreckigsten Form. Hoffentlich nicht in ihrer letzten Form.

Ein letztes Interview mit Bassist Eddie Breckenridge findet ihr übrigens auch bei uns.

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Jonathan

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