Plattenkritik

WE NEVER LEARNED TO LIVE - The Sleepwalk Transmissions

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Info

Release Date: 10.05.2019
Datum Review: 24.05.2019
Format: CD Vinyl Digital

Tracklist

 

1. Permafrost
2. Android Anaesthetist
3. Human Antenna
4. The Clocks
5. Luma / Non Luma
6. Wounds Like Wires
7. Retreat Syndrome
8. From The Sixth Floor
9. Owari
10. Digitalis
11. Radio Silence

Band Mitglieder

 

Seán Mahon - voc
David Kane - git
Mark Portnoi - bass
Brett Houslop - git
Gary Marsden - drum

WE NEVER LEARNED TO LIVE - The Sleepwalk Transmissions

 

 

Wollte man für WE NEVER LEARNED TO LIVE eine neue Schublade erfinden, man müsste sich wohl „Spacecore“ einfallen lassen. Die Band selbst mag es prätentiös und nennt ihren Stil „eine berauschende Dichotomie zwischen ruhiger Idylle und Vernichtung“.

Man kann es aber auch einfach unter zeitgenössischem Post-Hardcore einsortieren, ohne dabei gravierend falsch zu liegen. Die Tendenz zum Spacigen ist den Briten aber nun einmal nicht abzusprechen. Dieser schlägt sich sowohl in Artworks wie auch in den Titeln nieder. Das war auch schon auf ihrem Debüt „Silently, I Threw Them Skyward“ so, der Sound entsprechend raumgreifend ausgelegt. Auf „The Sleepwalk Transmissions“ setzt sich das im Grunde fort: Es dominiert weiterhin der Hang zu Epik und großer Geste, zu laut/leise-Dynamik, zu meterdicken Riffs, zu variablem Drumming und dem Wechselspiel aus Gesang und Geschrei. So weit, so generisch, möchte man sagen. Die Songs folgen zwar keinem banalen A-B-A-B-C-B-Muster, von einer gewissen Formelhaftigkeit können sich die Arrangements dennoch nicht freisprechen. Der konstante Wechsel aus lauten Ausbrüchen und ruhigen Parts durchzieht (mit Ausnahme des atmosphärischen Interludes „From The Sixth Floor“) das gesamte Album. Ein Umstand, der „The Sleepwalk Transmissions” leider etwas gleichförmig klingen lässt. Ein klares Plus im direkten Vergleich zum Vorgänger ist die glasklare Produktion. Differenziert und detailreich, aber mit ordentlich Druck, so wie es diese Art Musik eben verlangt. So kommen auch die kleinen Akzente genügend zur Geltung, wie beispielsweise die tolle Bassline in „Digitalis“. Außerdem flirrt ständig irgendwo eine Postrock-Gitarre durch die Weiten des Raums. 

Aber halt, first things first: „Permafrost“ leitet das Album mit Tribal-Drumming und droneartigen Riffs ein, was schon etwas an ihre verblichenen Landsmänner LIGHT BEARER denken lässt, bevor in „Android Anaesthetist“ erstaunt die DEFTONES um die Ecke lugen, so unverschämt groovig werden hier die Riffs serviert. Ab hier verlieren sich WE NEVER LEARNED TO LIVE dann langsam in den Weiten zwischen drückend-lauten Riffwänden und ruhig-atmosphärischen Parts mit Klargesang und Singlenote-Picking. Einen kleinen Ausreißer bildet da noch „Luma / Non Luma“: Mit knapp zwei Minuten Spielzeit kürzester Song, wird das Tempo hier zur Abwechslung ein wenig angezogen und auch „Retreat Syndrom“ ist ähnlich mitreißend angelegt. Ein Highlight mit längerer Spielzeit bildet dagegen „Owari“, bei dem das Rezept aus düster drückenden Riffs und euphorischen Melodien am gelungensten umgesetzt wird. Dem gegenüber steht mit „Radio Silence“ ein etwas zu lang geratener Rausschmeißer, der das angedeutete Potenzial nicht voll umsetzt und stattdessen unspektakulär ausläuft.

Am Ende bleibt „The Sleepwalk Transmissions“ ein überaus ambitioniertes Stück Post-Hardcore mit spacigen Tendenzen und wirklich gewaltiger Riffarbeit, das über die Gesamtdauer zu wenig wirklich hymnische Melodien bietet, durch die das Album mit großer Wahrscheinlichkeit zur uneingeschränkten Empfehlung geworden wäre. Fans von Groove und beinahe cineastischer Epik dürften trotzdem Gefallen finden.

Autor

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Daniel

Autoren Bio

Musikverliebt und reisefreudig, meistens nett und umgänglich, mit einer Gefühlspalette von "Live your heart and never follow" über "Hold Fast Hope" zu "I want to smash my face into that god damn radio / It may seem strange but these urges come and go"