Plattenkritik

Whalerider - Thanatos

Redaktions-Rating

Info

Release Date: 14.11.2014
Datum Review: 14.11.2014

Whalerider - Thanatos

 

 

Nicht nur Mannheimer Musikliebhabern sollte WHALERIDER inzwischen ein Begriff sein. Bereits seit mehreren Jahren geistert der Name immer mal wieder durch einschlägige Musikforen im Netz, prangt auf Plakaten neben Underground-Ikonen wie JEX THOTH, Szenegrößen wie den britischen Psych-Rockern AMPLIFIER oder den Stonern von TORCHE sowie auf dem Line Up ausgewählter Festivals wie dem Maifeld Derby oder dem South of Mainstream.

Nachdem der Vierer bereits 2012 mit der in klassischer DIY-Manier veröffentlichen EP „Was it only a dream“ mächtig Staub aufgewirbelt hat, folgt nun, zwei Jahre später der logische nächste Streich, und der hat es in sich. „Thanatos“ lautet der Titel des ersten Full-Length-Werkes. Im ersten Moment ist die dadurch suggerierte Düsternis etwas irreführend, jedoch auch irgendwie passend - schließlich ist bei allem Pop-Appeal bei den Mannheimern nicht immer alles eitel Sonnenschein und ebenso wie der Namenspate aus der griechischen Mythologie birgt das Album die eine oder andere subtil-düstere Nuance.

Subtil-düster, aber auch irgendwie catchy ist auch das Artwork von Lars Henkel – Hirsche auf rotem Grund, embryoartige Wesen an Schnüren.

Was auf „Was it only a dream“ bereits anklang, führen die Walreiter auf „Thanatos“ konsequent weiter: Mehrstimmiger, effektgeschwängerter Gesang, eingängige Hooklines, psychedelische Soundlandschaften und ein Gitarrensound, der sowohl mit einer ganze Breitseite Stoner-Rock als auch mit liebevollen Reminiszenzen an Früh-90er-Sup-Pop-Bands aufwartet. Das ganze Gebräu wird verfeinert mit Einflüssen aus Alternative Rock und gelegentlichen Ausflügen in metallischere Gefilde – vorzugsweise aus dem Sludge- oder Doom-Bereich.

Nachdem der geneigte Hörer durch einen Schleier aus fiependen, glitchigen Synthesizer-Klängen in den Whalerider’schen Klangkosmos geführt wird, kann er sich wahlweise in heavy Riffs und ätherischen, angenehm vernebelten Gesangslinien verlieren ("What’s in my head"), oder enthusiastisch zu Queens-of-the-Stone-Age-mäßigen Background-Singalongs mittwippen ("Feed my Affection"). Letzterer Song knackt erstmals die 8-Minuten-Grenze und ist ein erstes Highlight auf der Platte. Dank geschickt gespannter Spannungsbögen kommt trotz jeder Menge Pop-Appeal keine Langeweile auf, im Gegenteil, da gibt es selbst nach wiederholtem Einsatz des Repeat-Knopfs immer wieder was neues zu entdecken.

Herzstück des Albums ist der Titeltrack. Der erhebt sich aus der Mitte der Tracklist wie – naja, wie ein finsterer Todesbote eben – zunächst vordergründig im Schema, um dann seine Flügel auszubreiten, in versponnen psychedelische und düstere Sphären abzudriften und dann in einem, man möge mir das Unwort verzeihen, epischen Schlusspart mit ultra-heavy Riffs und Growls als blanker Doom zu wüten, der erst wieder durch ein Glockenspiel besänftigt wird.

"I am Tarantula" rockt dann wieder schön geradeaus nach vorne und hinterlässt durch großzügig eingesetzte Bläser-Synths einerseits und eine immense Groovyness andererseits auch ganz ohne Gesang ein angenehmes Gefühl in der Magengrube. "Sleepy Hound" wiederum hat neben beinahe klassischen Post-Rock-Elementen zuckersüße Streicherparts und jede Menge Delay auf den Gitarren zu bieten und ist im Gesamtkontext des Albums sicherlich das heterogenste, aber auch das spannendste Stück.

"Self Destruction" macht dann zum Ende nochmal klar, wo man sich im Hause Whalerider am wohlsten fühlt: Soundmäßig in den 90ern (oder stellenweise auch früher) aber irgendwie gleichzeitig doch auch der eigenen Zeit voraus. Das ganze Werk klingt mit „Your undying Memory“ in einem rein elektronischen Stück aus, das zwar nicht unbedingt dazu beiträgt, das Adjektiv ‚homogen’ als Attribut zur Beschreibung des Albumsounds heranzuziehen, andererseits aber die Bandbreite des Whalerider-Kosmos nochmal eindrucksvoll demonstriert. Und so wird der Hörer nach knapp einer Stunde durch einen Strudel des Wahnsinns wieder an die Oberfläche entlassen.

„Devil Got me“ und der Ohrwurm „Found a lie“, beide bereits auf „Was it only a dream“ zu finden, bekamen für den Release noch einen kleinen Facelift verpasst, fügen sich aber nahtlos in das thematische Konzept ein. Und auch die lange Zeit, die man sich für die (Post-)Produktion genommen hat, hat sich mehr als ausgezahlt: an dem glasklaren und druckvollen Sound, den Role und sein Team in der Tonmeisterei noch veredelt haben, gibt es definitiv nix zu meckern. Bleibt eigentlich nur zu sagen: Chapeau vor diesem Debut.

Tracklist
1. Trips’n’Trucks
2. What’s in your head
3. Devil got me
4. Feed my Affection
5. Thanatos
6. I am Tarantula
7. Mr. Pestizid
8. Sleepy Hound
9. Found a lie
10. Self-Destruction
11. Your undying memory

Autor

Bild Autor

Johannes

Autoren Bio

http://pics-from-the-pit.tumblr.com/