Plattenkritik

Young Livers - Of Misery And Toil

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Release Date: 06.04.2010
Datum Review: 24.04.2010

Young Livers - Of Misery And Toil

 

 

Ein Schleier liegt in der Luft und er kommt nicht von Naturkatastrophen. Er kommt vom langsamen Leben, das so schnell vergessen wird. Bei den YOUNG LIVERS – unehelichen Rotzblagen von HOT WATER MUSIC und der effektiven Tante Rock – liest sich das dann so: „We all make a mark, like undetected accelerants, like last week’s obituaries“.

Die Erkenntnis, dass all die schönen Dinge schneller in Vergessenheit geraten als uns lieb sein kann, ist ein höchstwahrer Allgemeinplatz. Schön, wenn sich Autoren, Filmemacher und gestandene Mucker dem entgegenstemmen mit einer Verve, die zumindest den Moment erträglich erscheinen lässt. Wir fahren durch Dörfer, die es längst verdient gehabt hätten bis auf ihre Grundmauern abgebrannt zu werden. Wir leben in Städten, die dieses Schicksal mit hochgekrempelten Ärmeln selbst in die Hand nehmen. Wir sitzen an Schreibtischen, die auch nicht vortäuschen können, dass gähnende Langeweile häufig mit Arbeit verwechselt und Pathos mit dem täglichen Überlebenskampf gleichsetzt wird.

Gleich zu Beginn machen YOUNG LIVERS, die der geneigte Gainesville-Fan (falls es den gibt) spätestens mit „The New Drop Era“ lieben lernte, alles richtig: ein trockener Schlag, sich beständig herausschälende Gitarren und das Fenster zum Leben ganz weit aufgerissen. 'Born In Vain' verdichtet in nicht einmal drei Minuten sämtliche Stärken der bärtigen Hymne. Ähnliches gelingt ihnen später noch einmal mit 'A Sad State In Affairs'. Die furztrockenen Gitarren in 'Finger To The Pulse' stehen dann paradigmatisch für einen Sound, der sich gleichsam an Punk geschulten Hymnen und knochigem Rockfundament abarbeitet. Dazu die Macht aus drei grobkörnigen Kehlen. Es wäre somit ein leichtes die YOUNG LIVERS vorschnell als HOT WATER MUSIC-Epigonen abzuqualifizieren, vieles auf "Of Misery And Toil" ist allerdings so eigenständig, kompakt, widerspenstig, so gleichsam simpel, dass lediglich der kehlige Gesang als Referenz herhalten muss. Meist regiert auf dem Album ohnehin die latent geschwollene Halsschlagader, welche HOT WATER MUSIC auf ihren letzten Veröffentlichungen gegen bekömmlicheren Gesang getauscht hatten.

Es ist ja jetzt quasi bewiesen, dass dieser ganze Gehirnjoggingquatsch ein Mythos der Generation Auf-der-Durchreise ist, der ein gutes Buch zu lesen offenbar die Zeit fehlt. Bands wie die YOUNG LIVERS kultivieren mit ihrem bärbeißigen Sound den Niedergang, das Vergessen und (Achtung: Durchhalteparole) das Aufrappeln nach der x-ten Katastrophe. Sowas funktioniert eigentlich dauerhaft. Demnächst auch in deinem mit Gedächtnisverlust gestraften Herzen.

Tracklist:

01: Born In Vein
02: All The Wretched
03: Finger To The Pulse
04: Suffering From
05: A Sad State In Affairs
06: Of Misery And Toil
07: In Rapid Succession
08: The Just And The Submission
09: A Shortness Of Breath
10: The Other Side Of The Pendulum
11: Nothing But Teeth

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René

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