12.02.2009: Rise Against, Strike Anywhere, Rentokill - Wiesbaden - Schlachthof

12.02.2009
 

 



RISE AGAINST 2009 polarisieren – soviel steht fest! Was wurde nicht alles über die aktuelle Tour und das aktuelle Album “Appeal To Reason“ diskutiert. Der Sound hat sich nachhaltig gewandelt und alle alt eingesessenen Hörer verlieren mehr und mehr die Anknüpfungspunkte. Die musikalische Entwicklung und die Vertriebswege via Major-Label (inklusive völlig überzogener T-Shirt Preise von satten 25€) sind die eine Sache, doch kann man einer Punkband astronomische Ticketpreise bei Ebay und kommerziellen Erfolg wirklich zum Vorwurf machen? Oder geht man sogar soweit und empfindet den Schritt zum Major als konsequent und ehrlich?
Nirgendwo wird schließlich so viel geheuchelt, wenn es um Glaubwürdigkeit und Anti-Kapitalismus geht, wie im „professionellen“ Punkrock. Scharenweise gingen die BAD RELIGIONs, SOCIAL DISTORTIONs oder SICK OF IT ALLs zu Majors und kehrten reumütig wieder zurück um urplötzlich ihre DIY-Wurzeln wieder zu entdecken und waren somit resozialisiert. Oder die NOFXes oder PENNYWISEs, die einerseits Jahr für Jahr bei diversen Festivals weltweit als Headliner rocken, die von mehr börsennotierten Unternehmen gesponsert werden als dort Bands auftreten und andererseits jeder Band mit einem Majordeal als seelenloses Instrument der Industrie darstellen. In jedem Fall eine fragwürdige Doppelmoral!

Glücklicherweise war Wiesbaden eine der wenigen Locations die nicht “upgegraded“ wurde, so dass das Konzert „nur“ vor 1.800 Zuschauern stattfand. Obwohl ich mich ebenfalls zu den Skeptikern das neuen Album zähle, freute ich mich auf das Konzert, da mit RENTOKILL und STRIKE ANYWHERE zwei Bands mit am Start waren, die weit mehr sind als nur ein schnöder Support. Leider schien ich diese Meinung im Schlachthof zu Wiesbaden recht exklusiv zu haben, denn wirklich Stimmung kam bei keiner der beiden Bands auf. Insbesondere traf dies logischerweise auf RENTOKILL zu, wobei ich eingestehen muss, dass diese auch nicht ihren besten Tag hatten und sie mich bei vergangenen Auftritten mehr vom Hocker rissen. Konversation mit dem Publikum fand, abgesehen von platten Lobeshymnen auf die beiden nachfolgenden Bands, nicht statt und somit konzentrierte man sich auf sein recht solides, aber unspektakulär vorgetragenes 30-Minuten-Set. STRIKE ANYWHRE warteten da wenigstens mit ein wenig mehr Action auf, was vornehmlich wieder einmal am wild herum hopsenden Sänger Thomas Barnett lag. Partystimmung brandete trotzdem nicht auf und mehr als höflicher Applaus war für STRIKE ANYWHERE an diesem Abend nicht zu ernten, obwohl man sich durch alle Hits der Diskographie rockte.
Für mich blieb die ausbleibende Reaktion ein Rätsel und daher war ich umso mehr überrascht als schon beim Aufhängen des RISE AGAINST-Banners die Stimmung in pure Ekstase umschlug. Relativ naiv von mir, wenn man bedenkt, dass die Tickets für Wiesbaden bei Ebay mit Abstand die Teuersten waren – warum wurde nun auch mir klar. Von nun an verwandelte sich das gesamte Publikum in einen wild umherwackelnden Mob, der mir als erste Amtshandlung mein halbes Bier übers Shirt kippte. RISE AGAINST hatten ein klares Heimspiel, wurden mit Chören gefeiert und hätten vermutlich dieselbe Anzahl an T-Shirt selbst für 50€ unters Volk gebracht. Musikalisch lag das Hauptaugenmerk, wie erwartet, bei “Appeal To Reason“ und bis auf wenige Klassiker blieb für den alten Kram wenig Raum.

Natürlich muss man nicht vor Freude in die Luft springen, wenn eine Band wie RISE AGAINST einen Majordeal in der Tasche haben und momentan ziemlich einen auf dicke Hose machen, bei ihren letzten beiden Alben aber, die zugegeben um Welten besser waren, hat dies trotzdem kaum eine Sau interessiert. Man darf gespannt sein wie es mit der Band weitergeht und ob die Punkrockgemeinde sie wieder in ihrer Mitte aufnimmt, nachdem sie in diversen Interviews kundgetan haben, wie böse doch alle beim Major zu ihnen waren.

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