13.11.2009: Anti-Flag, Alexisonfire, Four Year Strong, Ghost Of A Thousand - Köln - E-Werk

13.11.2009
 

 

Ein Hoch auf die Festival Touren! Auf Punk und Hardcore Bands die von Tribünen aus bestaunt werden können. Auf Bühnengräben die den unmittelbaren Kontakt von Band und Fans unterbinden und natürlich auf Blitzverbot zugunsten von Lichtshows. Auf das Abmahnen von Stagedivern, die den armen Securities ein wenig Arbeit abverlangen und daher unsanft "abgeführt" werden. The state of punk to be?

Diese Frage durfte man sich vergangenen Samstag ein weiteres Mal stellen, als die Antidote Tour mit den beiden Headlinern ANTI-FLAG und ALEXISONFIRE sowie den aufstrebenden FOUR YEAR STRONG und GHOST OF A THOUSAND im Gepäck das E-Werk mit seinen 1.600 m² amtlich füllte wenn auch nicht ganz ausverkaufte. Natürlich bringen derartige Touren auch Bands in die Stadt, die man sonst nicht so schnell vor die Nase bekommt und so darf man sich pünktlich um 20.00 Uhr auch auf den Auftritt von THE GHOST OF A THOUSAND freuen. Die Epitaph Recken von der Insel bewegen sich ganz in der Tradition von GALLOWS zwischen Hardcore, Punk und einer dicken Portion Rock'n'Roll und erobern schnell die Herzen der anwesenden Musikfreunde. Die Halle ist gefüllt, das Publikum gepackt und agil, so lässt sich ein unliebsamer Operner Slot wahrlich aushalten.



20 Minuten Umbauzeit später befinden wir uns immernoch perfekt im Zeitplan als FOUR YEAR STRONG die Bühne betreten. Die Jungs sind das ultimative, synthiegeschwängerte Bindeglied zwischen dem poppigen Hardcore/Punkrock von SET YOUR GOALS und dem Pop-Mosh von A DAY TO REMEMBER und wissen trotz arger Soundprobleme zu begeistern. Das Publikum zeigt sich bei Hits wie "Prepare to Be Digitally Manipulated" oder auch "Heroes Get Remembered, Legends Never Die" ausgesprochen textsicher und hegt trotz algemeiner Schweinegrippe Hysterie keinerlei Kontaktängste. Noch in diesem Jahr soll das Decaydance Debüt der Band aus Worcester, Massachusetts veröffentlicht werden und vielleicht sieht man die Jungs mit ihren drei Sängern dann auch mal im sympathischen Club-Rahmen auf Headliner Tour.



Ebenfalls mit drei Sängern laufen die nun folgenden ALEXISONFIRE auf. Mit "Drunks, Lovers, Sinners And Saints", "No Transitory" und "Boiled Frogs" wird fulminant eröffnet und schnell wird ersichtlich wer an diesem Abend die allgemeine Konsensband darstellt. Schreihals George Pettit spart sich gleich die Oberbekleidung und tobt mit langsam erkennbarer Plautze gewohnt energetisch über die Bühne. Dallas Green zeigt sich deutlich weniger agil, trifft jedoch live jeden einzelnen Ton und bringt gleichsam Mann und Frau, jung und alt zum schwelgen. Chris Steele, Bühnenpsychopath vorm Herrn, heizt das Publikum ohne Ende an und Wade MacNeil führt jede Menge Brisk spatzieren. Symathisch danken die Jungs an diesem Abend ihrem alten Label Defiance Records, denen sie viel in Deutschland zu verdanken haben, konzentrieren sich jedoch mit Tracks wie "Born And Raised", "Old Crows", "Young Cardinals" und "Accept Crime" eher auf die jüngst eingeläuteten Roadrunner Jahre. Entsprechend muss man auf den grandiosen "44 Caliber Love Letter" verzichten, darf sich aber auf einen kurzen Gastauftritt von Chris #2 bei "This Could Be Anywhere In The World" freuen. Mit "Happiness By The Kilowatt" endet ein äußerst gutes Set und man stellt ehrfürchtig die Frage, wie der Abriss wohl in einem Club wie dem Underground ausgefallen wäre.



Sind ANTI-FLAG bereits jenseits ihres Zenits oder warum leert sich das E-Werk sichtlich als die Pittsburgher Politpunks um 23 Uhr auf die Bühne marschieren? Das Quartett blickt auf einen beachtlichen Backkatalog mit jeder Menge guter Songs zurück, doch irgendwie wirkt die heutige Live-Show ausgesprochen Lust- und kraftlos. Seit Jahren kann man die Band regelmäßig auf den heimischen Bühnen erleben und stets bietet sich ein sehr ähnliches Bild auf der Bühne welches kontinuierlich um das eine oder andere Element erweitert wird, weniger konstant ist lediglich die Frisur von Chris #2. Und so wirken die Ansagen an diesem Abend viel zu einstudiert, der löbliche "Gastauftritt" einiger Aktivisten (in diesem Fall Greenpeace mit der Aufforderung einen Brief an Merkel zu schreiben, dass sie an der 15. UN Klimakonferenz in Kopenhagen teilnimmt. Dies wird sie übrigens tun) verpufft ein wenig und auch das von Chris #2 fest eingeführten Bühnenutensil Megaphone verweigert seinen Dienst. So rast man dann lieblos durch die Songs und versaut somit auch die THE CLASH Coverversion von "Should I Stay Or Should I Go". Dafür attestiert man der Menge jedoch bereits nach dem dritten Song den besten Gig der Antidote Tour und wir hoffen mal, dass dies nicht so ist. Schon 20 Minuten vorm Ende ihrer offiziellen Spielzeit werden dann die letzten Songs angekündigt und der "offizielle Teil" endet mit "This Is The End (For You My Friend)". Halbherzig skandiert die Menge "Die For Your Government" und natürlich kehren ANTI-FLAG für den antizipierten Nachschlag inklusive besagtem Song zurück. Höhepunkt der Zugabe (bzw. des kompletten Auftritts) ist jedoch "The Gre(A)t Depression" mit dem absehbaren Cross-Feature von Wade MacNeil. Bei "Cities Burn" und "Power To The Peaceful" bequemen sich die Leute dann jedoch schon vermehrt gen Ausgang und zur Garderobe...



Die diesjährige Antidote Tour hinterlässt den Redakteur mit durchaus ambivaltenten Gefühlen. Nebst anfänglich geäußerter, kritischer Bestandsaufnahme und den immer häufiger zur generellen Politik werdenden Bühnengräben (es soll nicht negiert werden, dass sie ab einer gewissen Größenordnung aus Sicherheitsgründen durchaus notwendig sind) erlebte man heute einen stark schwächelnden Headliner. Die drei mitgereisten Bands haben den Abend dennoch gerettet und die Anreise gerechtfertigt.

Tracklist ANTI-FLAG:
The Press Corpse
Sodom, Gomorrah, Washington D.C.
Turncoat
I'd tell you but
War Sucks, Let's Party!
The Economy Is Suffering... Let It Die
The Smartest Bomb
1 Trillion Dollars
Got The Numbers
Fuck Police Brutality
Should I Stay Or Should I Go (THE CLASH)
This Is The End (For You My Friend)
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The Gre(A)t Depression
Die For Your Government
Cities Burn
Power To The Peaceful


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