24.05.2008: Horse The Band, Hanni Kohl - Bochum - Matrix

24.05.2008
 

 

Fighting Wars With Keyboards
Bestimmte Konzerte funktionieren nicht zwingendermaßen über Songs, sondern viel mehr noch über Stimmungen. Bereits auf dem Groezrock bewiesen HORSE THE BAND – jene Weltenbummler, die sogar einem Peter Scholl-Latour den Globetrotter-Angstschweiß auf die Denkerstirn zaubern - ,dass massivste Durchgeknalltheit und chaotische Songstrukturen zu freudestrahlenden Gesichtern im Pit führen können. Und zwar auf andere, weitaus nerdigere Art und Weise als bei ebenfalls dem Frickelwahn frönenden Bands ála DILLINGER ESCAPE PLAN oder GENGHIS TRON, um einfach mal zwei recht wahllose Beispiele herauszupicken. Während erstgenannte live ohnehin (fast) unerreicht intensiv bleiben, läuft bei HORSE THE BAND augenscheinlich Vieles über den häufig zitierten Spaß-Effekt. Auch wenn gestandene Musiker, die sich zudem auf einer Ochsentour befinden, die ihresgleichen sucht, so etwas mit Sicherheit nicht gerne hören.

Auf einer anderen, sehr viel weiter unten angesiedelten Spaß-Ebene agieren an diesem Abend in der Bochumer Matrix jedoch HANNI KOHL. Unmittelbar vor den Headlinern positioniert, fackelt die Band aus Lünen ein grenzdebiles Feuerwerk aus Drumcomputer-Salven, Grunzvocals und heruntergestimmeten Gitarrenbrei(t)seiten ab. Wie – fragt sich der Verfasser – soll man einer Band ein rezensiertes Grab schaufeln, die ohnehin nichts und niemanden ernst zu nehmen scheint?! Einfach weg hören? Dafür ist die programmierte Doublebass zu durchdringend. Songtitel wie 'Chuck Norris' haben nichtsdestotrotz eine längeren Bart als zitierter Actionstar himself.

Danach heißt es schließlich: Cartridges in den dafür zuständigen Slot, den Powerknopf auf "on" und den Controller in die Hand. Zu viel Computerspiel-Vokabular sagt ihr? Wir reden hier schließlich von HORSE THE BAND…Nach einstimmendem Marsch-Intro sind die Rollen der Kalifornier wieder mal klar verteilt: Keyboarder Lord Worm verausgabt sich mit Überbiss hinter seinem Tasteninstrument, der Bassist bleibt unscheinbar, Aushilfsdrummer Jon (from THE NUMBER TWELVE LOOKS LIKE YOU) spielt punktgenau und Gitarrist David Isen wirkt einmal mehr so als sei er kurz vor der Show aus einem Tranquilizer-induzierten Schlaf gerissen worden. Frontmann Nathan wiederum watscht sich selber und das Publikum auf gewohnt lakonische Art und Weise ab. Da wird unsportlichen Stagedivern schon mal der Tipp mit auf den Weg gegeben sich doch später bitte selber die Toilette herunterzuspülen. Soundtechnisch gibt es an diesem Abend einige Diskrepanzen zu vermelden, da vor allem die Stimme des Generals häufig viel zu leise (oder überhaupt nicht) zu vernehmen ist. Die Meute feiert HORSE (so der eingefleischte Fan) dennoch gebührend ab, ergeht sich zu Keyboard-Kaskaden und Taktwahnsinn in friedlicher Pit-Bewegung und lässt sich feierlich die Synapsen frottieren. Nach soviel Phrasendrescherei zurück zu den harten Fakten. Und einigen unbeantworteten Fragen. 1. Wer zum Henker hat diese Jungs in den spacken, blauen T-Shirts gegen Ende des Sets auf die Bühne gelassen? 2. Zu wem gehört das kleine Mädchen, welches Teile von 'Cutsman' intonieren darf? 3. Gehört die Musik HORSE THE BANDs in die Sparte Unterhaltungselektronik? 4. Warum ist man nach einem Konzert dieser Band nicht so durchgeschüttelt und outer body experience-mäßig unterwegs wie nach einem DILLINGER-Set? Anscheinend geht es wirklich nur um den Spaß an der Sache…

Galeries:
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