30.06.2009: Nine Inch Nails, Mew - Berlin - Arena Treptow

30.06.2009
 

 


Dienstag Mittag Flughafen Düsseldorf: zwischen den üblichen Verdächtigen für einen Flug nach Berlin mischen sich zahlreiche Gestalten mit bevorzugt dunkler Kleidung und teilweise bunten Haaren. Hier und da sieht man ein Logo auf den Shirts. Man nickt sich zu, wie wenn man sich kennt, hat ein grinsen im Gesicht weil man sich an gestern Abend erinnert und sich auf heute Abend freut. Das Logo auf den Shirts ist NIN und die ungewöhnlichen Passagiere auf dem Flug von Düsseldorf nach Berlin machten sich auf um nach der fantastischen Show in Düsseldorf das Konzert von Nine Inch Nails in der Arena Treptow zu besuchen. Nach aktuellem Stand der Reznorschen Nachrichtenlage war das Konzert in Berlin der allerletzte Auftritt von Nine Inch Nails in Deutschland.
Die Arena in Treptow ist ein relativ alter Bau mit schweren Stahlträgern an der Decke und mehr breit als lang, was immer ein Garant für gute Stimmung und gute Sicht auf die Bühne ist. Wie schon in Düsseldorf spielten MEW im Vorprogramm von Nine Inch Nails. Die Setlist war sehr ähnlich gleiches gilt für die Reaktionen im Publikum. Diese beschränkten sich auf aufmerksames aber leicht reserviertes Zuhören. Musikalisch waren MEW wieder einmal klasse und konnten mit ihrem kreativem Rock, Alternative, Synthie Mix aus kreativer Sicht voll überzeugen… wenn da nicht der Sänger wäre, dessen extrem hoher Kopfgesang sehr gewöhnungsbedürftig ist. Des Weiteren erweckte der Sänger Jonas Bjerre ständig den Eindruck, dass er sich auf der grossen Bühne nicht zwingend wohl fühlt. Ich persönlich hab mir mal eine CD von MEW bestellt, bin aber gespannt ob ich mit dem Gesang noch warm werde.
Zehn Minuten vor der NIN Show wurden wie immer Unmengen an Rauch auf die Bühne und ins Publikum geblasen, was der Luftqualität nicht gerade zuträglich war. Diese litt eh unter einer unsäglichen Hitze, die schon beim Einlass in der Halle war. Nur vom Rumstehen floss der Schweiss in Strömen. Dass das bei NIN nicht besser wird war klar. Selbige enterten mit dem Fragile Opener „Somewhat Damaged“ die Bühne und spielten den Song mit einer atemberaubenden Brutalität und Härte runter dass dem Publikum nichts anderes übrig blieb als komplett auszurasten. Die ersten zwanzig - dreissig Reihen flippten schon beim ersten Song komplett aus und brüllten jede Zeile Wort für Wort mit. Weiter gings mit „Heresy“ von „The Downward Spiral“ und spätestens nach diesem Song war die Temperatur in der Halle auf Sauna Niveau. Trent und der Rest der Band sowie das komplette Publikum in den vorderen Reihen schwitzten wie die Schweine was aber niemanden davon abhielt schön weiterzufeiern. Nach „Heresy“ gabs mit „1.000.000“ den nächsten härteren NIN Song, welcher auf der aktuellen Veröffentlichung „The Slip“ zu finden ist. Da die Band auf der „Wave Goodbye“ Tour auf eine aufwändige Produktion verzichtet hat sie in Bezug auf die Gestaltung der Setlist absolute Freiheit. So wurde die Setlist im Vergleich zu Düsseldorf und dem Southside Festival mal wieder stark verändert. „March Of The Pigs“ war bei jeder der Shows im Programm und hätte meiner Meinung nach auch mal ausgelassen werden können aber auf der anderen Seite ist das Lied live immer wieder eine Wonne. Nach vier schnellen und agressiven Songs hatten sich Band und Publikum eine Pause in Form einer ruhigeren Nummer verdient und diese war „Something I Can Never Have“. Die Leute im Publikum genossen den Song ohne dumm dazwischen zu grölen und man merkte, dass die Chemie zwischen Band und Publikum passte. Im weiteren Verlauf des Konzerts gab es wieder die zwei Covers, die auch schon in Düsseldorf gespielt wurden: „Metal“ von Gary Numan und „I‘m Afraid Of Americans“ von David Bowie. Insbesondere das Bowie Cover ist live absolut hörenswert und das Publikum bewies perfekte Textsicherheit was auch bei der Band ankam. Diese spielte sich und die Fans in einen Rausch. Man spürte nach dem ersten Drittel, dass Trent und co. an diesem Abend trotz der Hitze so richtig Bock hatten und das Publikum verdammt stark fanden. Die weiteren Songs der Setlist waren primär entweder schnell, hart oder kantig. Wie schon in Düsseldorf war die Auswahl der Lieder nur bedingt für den „lockeren Konsum nebenbei“ ausgelegt. In Berlin fanden unter anderem „The Big Comedown“, „The Downward Spiral“ oder „Down In It“ ihren Weg in die Setlist. Kracher, Schmankerl und Überraschung des Abends war aber das Adam Ant Cover „Physical (You‘re So)“. Dieser Song wurde seit Ewigkeiten nicht in Europa live gespielt. „Hurt“ war wie zu erwarten auch wieder atmosphärisch dicht und irgendwie sind auf dieser Tour die ganzen Vollpfosten die den Song auf der 2007er Tour regelmässig ruiniert hatten, zu Hause geblieben. „The Hand That Feeds“ und „Head Like A Hole“ bildeten das Standard Schlussgespann des Konzerts.

Die Lightshow war wie schon in Düsseldorf grossartig und jedes Lied wurde passend in Szene gesetzt ohne die Band zu verdrängen. Eine Videowall oder ähnliches hatte keiner vermisst.

Welches Konzert war nun besser? Düsseldorf oder Berlin? Diese Frage lässt sich nicht eindeutig beantworten. Stimmungsmässig hat Berlin Düsseldorf in jedem Fall geschlagen. Die Setlist ist immer Geschmacksache, ich persönlich fand die Liederauswahl in Düsseldorf besser, weil von meiner Lieblingsscheibe Fragile mehr gespielt wurde. Das soll nicht heissen, dass Berlin schlecht war. Die Setlist war wieder auf langjährige Fans der Band ausgelegt und entsprechend anspruchsvoll. Perfekt wäre eine Kombination der Düsseldorfer Setlist und der Düsseldorfer Klimanlage in der Berliner Halle mit der Spielfreude der Band und dem ausrastenden Publikum von Berlin gewesen.
Überlassen wir Trent himself diesbezüglich das letzte Wort: „Our last show in Germany was a good one. Thank you Berlin! Hotter than fuck onstage.“ (via Twitter keine 10 Minuten nach dem Konzert). Und wenn Trent Reznor öffentlich eine Show in Deutschland lobt, dann heisst das was. Sonst war aus dieser Richtung primär Gejammerr und Gemaule („die haben mich in Mannheim mit Bratwürsten beworfen“) zu hören.

Mittwoch Mittag Flughafen Berlin Tegel: Im Bus haut mich ein Typ aus Finnland an, der quer durch Europa tingelt um sich NIN live anzuschauen. Im Flugzeug nach Nürnberg sitzen wieder 6 Leute mit Nine Inch Nails Shirts. Zwei davon waren auch schon im Düsseldorf - Berlin Flieger. Die Begrüßung lautete: „Wahnsinns Konzert(e)“!

Das wars dann wohl vorerst mit dem Thema Nine Inch Nails. Es stehen noch ein paar Konzerte in Europa und Asien an, danach ist erstmal Schicht im Schacht. Trent wird erstmal heiraten, sich um ein paar Software Projekte kümmern aber dennoch weiter Musik machen aber nicht mehr unter dem Label „NIN“. Wir dürfen also gespannt sein. Man soll aufhören wenn es am schönsten ist und wenn man die letzten 3 Konzerte Revue passieren lässt, dann passt der Spruch.

Bye bye Nine Inch Nails, es war in den letzten zehn Jahren verdammt schön euch als Fan zu verfolgen! Vor allem die Year Zero, Ghosts und The Slip Zeit hat als Fan extrem Spass gemacht.

Aber man soll ja niemals nie sagen.


Setlist Nine Inch Nails:

Somewhat Damaged
1,000,000
Heresy
March Of The Pigs
Something I Can Never Have
Metal
I'm Afraid Of Americans
Head Down
Big Come Down
Burn
Gave Up
Piggy
Home
Non-Entity
The Downward Spiral
Wish
Survivalism
Physical
Down In It
Hurt
The Hand That Feeds
Head Like A Hole