Plattenkritik

BLINK 182 - Nine

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Info

Release Date: 20.09.2019
Datum Review: 22.09.2019
Format: CD Vinyl Digital

Tracklist

 

01. The First Time
02. Happy Days
03. Heaven
04. Darkside
05. Blame It On My Youth
06. Generational Divide
07. Run Away
08. Black Rain
09. I Really Wish I Hated You
10. Pin the Grenade
11. No Heart To Speak Of
12. Ransom
13. On Some Emo Shit
14. Hungover You
15. Remember To Forget Me

Band Mitglieder

 

Mark Hoppus - Bass
Matt Skiba - Guitar
Travis Barker - Drums

BLINK 182 - Nine

 

 

Hände hoch: Für wen sind Blink 182 bei aller Ehrlichkeit nur echt mit Mark, Tom und Travis? Tja, eben.  

Was hat man mit dieser Band schon alles mitgemacht: Rumpelige Findungsphase („Buddha“ 1994, „Cheshire Cat“ 1995), Poppunkmeilensteine („Dude Ranch“ 1997) kommerziellen Durchbruch („Enema Of The State“ 1999), Stagnation („Take Off Your Pants And Jacket“ 2001), Erwachsenwerden („Untitled“), Bandauflösung (2005), Comeback („Neighborhoods“ 2011). Und dann den endgültigen Bruch zwischen Gitarrist und Stimmenunikat Tom Delonge (an dieser Stelle keine Alienverweise) auf der einen sowie Strahlemann Mark Hoppus und Ausnahmedrummer und Tattooleinwand Travis Barker auf der anderen Seite. Dieses Mal wollten die zwei die Band jedoch nicht hinschmeißen und angelten sich kurzerhand Matt Skiba (ALKALINE TRIO). In dieser Besetzung erschien 2016 „California“: Ein Album wie ein bunter Strauß aus den letzten 15 Jahren Bandgeschichte. Hits gab es, etwas Punk tatsächlich auch, aber hauptsächlich polierten Pop mit eher durchwachsenem Songwriting. Nun also „Nine“, das zweite Album ohne Tom Delonge. Man muss das so deutlich machen, weil Delonge offenbar derjenige mit dem feinen Gespür für diese an Emo geschulten Popmelodien war. Um das aufzufangen, versuchen sich nun handgezählte 18 (!) zusätzliche Songwriter an den insgesamt 15 Songs, stellenweise sind die einzelnen Songcredits länger als die jeweiligen Texte. Wem jetzt immer noch nicht klar ist, worauf das hinausläuft, dem hämmert das quietschbunte Neoncover die Ausrichtung unmissverständlich in den Schädel: „Nine“ möchte mit aller Macht ins Radio. Wirklich überraschend kommt das allerdings nicht, schließlich war auch „California“ schon deutlich darauf getrimmt, hatte dafür allerdings etwas mehr Punk im Sound und gönnte sich die ein oder andere Blödelei. Sänger Mark trifft es einigermaßen passend, wenn er „California“ mit „Take Off…“ vergleicht und die Neue eher an das selbstbetitelte Album angelehnt verstanden haben will. Ja, ähnlich abwechslungsreich im Sound klingt auch „Nine“, leider ohne auch nur im Ansatz die emotionale Tiefe zu erreichen, mit der Blink 182 sich vor 16 Jahren endgültig als ernstzunehmende Musiker freigeschwommen hatten. Es gibt die punkigen Rocker („The First Time“), viel 80er Vibe („Blame It On My Youth“), Anbiederung an Angesagtes („I Really Wish I Hated You” schreit  TWENTY ONE PILOTS und “On Some Emo Shit” schielt gar Richtung Emorap) und allerlei elektronische Beats und Interludes (praktisch alle Songs). Und die offensichtlichen Hits natürlich: „Happy Days“ hätte sehr gut neben „Bored To Death“ auf dem Vorgänger gepasst, während das eingängige „Darkside“ ausgelassen auf der Tanzfläche zappelt. „Generational Divide“ passt zwar nicht wirklich in diese Aufzählung, überrascht aber als 50 sekündiger Punkkracher. Dass John Feldmann (GOLDFINGER, THE USED, GOOD CHARLOTTE, PANIC! AT THE DISCO, PLAIN WHITE T‘S) wieder als ausführender Produzent und zusätzlicher Songschreiber (neben den 17 anderen) maßgeblich für den Sound verantwortlich ist, überrascht hingegen weniger.

In aller Deutlichkeit: Blink 182 sind heute eine gänzlich andere Band als zur Jahrtausendwende (oder gar 2011). Das wäre selbst ohne den Ausstieg von Delonge weder verwerflich noch verwunderlich, aber erwähnenswert ist es bei dem Erbe dann doch. Es ist durchaus möglich, Gefallen an „Nine“ zu finden, dazu sollte man aber bisher möglichst wenig von den „alten“ Blink 182 gehört haben. Vielleicht wäre „Two“ daher der passendere Name gewesen.

Autor

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Daniel

Autoren Bio

Musikverliebt und reisefreudig, meistens nett und umgänglich, mit einer Gefühlspalette von "Live your heart and never follow" über "Hold Fast Hope" zu "I want to smash my face into that god damn radio / It may seem strange but these urges come and go"