Plattenkritik

DEFTONES - OHMS

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Info

Release Date: 25.09.2020
Datum Review: 24.09.2020
Format: CD Vinyl Digital

Tracklist

 

01. Genesis
02. Ceremony
03. Urantia
04. Error
05. The Spell of Mathematics
06. Pompeji
07. This Link is Dead
08. Radiant City
09. Headless
10. Ohms

Band Mitglieder

 

Chino Moreno - Vocals
Stephen Carpenter - Gitarre
Abe Cunningham - Drums
Frank Delgado - Keyboards, Turntables, Samples
Sergio Vega - Bass

DEFTONES - OHMS

 

 

"So I put on my headphones, listen to the DEFTONES": Das hat Fred Durst schon vor 17 Jahren ganz richtig gemacht. Auch Album Nummer neun des Sound-Unikats aus Sacramento lädt dazu sein, sich von der Außenwelt abzukapseln.

Wer im Jahr 2020 das Review zu einem neuen DEFTONES-Album mit einer Zeile von LIMP BIZKIT einleitet, der ist entweder komplett in der Zeit stehen geblieben oder komplett ahnungslos. Das einzige, was beide Bands verbindet, ist das gemeinsame Label „New Metal“, welches im Falle der DEFTONES allerdings von Beginn an nicht wirklich kleben bleiben wollte und schon vor einiger Zeit gänzlich abgefallen ist. Die Band hat sich ihren ganz eigenen, unkopierbaren Stil geschaffen, dessen Fundament aus den tonnenschweren Riffs von Stephen Carpenter und dem mächtigen Schlagzeuggroove von Abe Cunningham besteht, darüber thronend seit jeher die Stimme von Chino Moreno. Und so klingt jedes Album unverkennbar nach den DEFTONES und trotzdem keines wie das andere, die Band entwickelt ihren Sound konsequent weiter und lotet immer wieder Grenzen aus. In den Rückspiegel schaut das Quintett dabei nur äußerst selten. Denn dort galoppiert seit bereits 20 Jahren dieses verdammte weiße Pony, dass sie niemals einfangen können - und das auch gar nicht erst versuchen (obwohl das manchem Fan vielleicht gefallen würde). Nein, auch „OHMS“ ist kein zweites „White Pony“ geworden – auch wenn das eröffnende „Genesis“ nach einer knappen Minute Warmlaufzeit dank der markerschütternden Schreie Morenos für einen kurzen Moment recht dicht rankommt.  Auch in „Headless“ gibt es dank der verstörenden Strophe dieses kurze Déjà-vu. Davon abgesehen führt „OHMS“ die Entwicklung der letzten beiden Alben „Koi No Yokan“ (2012) und „Gore“ (2016) konsequent fort: Stephen Carpenter hat weiterhin große Freude daran, die einlullenden, ambient-artigen Passagen mit seinen Riffmonstern einzureißen und Moreno damit aus seiner Lethargie und zu immer neuen Ausbrüchen zu treiben. Das Drumming ist wie gewohnt zu jeder Sekunde über alle Zweifel erhaben – Cunningham hat diesen ultrafetten Groove längst zu einer eigenen Kunstform erhoben. An der grundlegenden laut/leise-Dynamik wurde höchstens in Nuancen gefeilt: „OHMS“ wirkt im direkten Vergleich etwas aufgeräumter und stringenter als „Gore“, vertraut wieder mehr auf Refrains. „Urantia“ macht das hervorragend, besonders, weil der weite, melodische Chorus durch die bitterböse Riffwand im Einstieg kontrastiert wird. „Error“ hält dieses Niveau locker und mausert sich dank des etwas flotteren Grooves und dem walzenden Schlussteil zum ersten Highlight. „Pompeji“ spielt in derselben Liga und fährt mit anfänglichem Schönklang und zunehmenden Störgeräuschen eine so dichte Atmosphäre auf, dass man meint, am Ende tatsächlich auf den Grund des Ozeans zu sinken. Dort wartet schon der fiese Brocken „This Link Is Dead“, dessen übersteuertes Noiseriff entfernt an die Screamo-Band LOMA PRIETA erinnert und der Band hervorragend steht. Zwischen all den Ausbrüchen finden sich immer wieder weite, traumartige Passagen, in denen Morenos verhallte Stimme beinahe zu einem Flüstern verkommt, untermalt von allerlei elektronischer Spielerei Delgados.  Auch das schon seit Jahren (neben dem Hang zu kryptischen Titeln) Trademark der Band und wesentlicher Teil der Erfolgsformel, auch wenn der Hang zu Experimenten eher noch zunimmt. Eine abschließende Bewertung verbietet sich fast, denn DEFTONES-Alben reifen gerne nach – manchmal über Jahre.  Vorläufig bleibt festzustellen, dass „OHMS“ alle Qualitäten der Band auf höchstem Niveau vereint.

 

Autor

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Daniel

Autoren Bio

Musikverliebt und reisefreudig, meistens nett und umgänglich, mit einer Gefühlspalette von "Live your heart and never follow" über "Hold Fast Hope" zu "I want to smash my face into that god damn radio / It may seem strange but these urges come and go"