Plattenkritik

PROPHETS OF RAGE - Prophets Of Rage

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Info

Release Date: 15.09.2017
Datum Review: 18.09.2017
Format: CD Digital

Tracklist

 

01. Radical Eyes
02. Unfuck The World
03. Legalize Me
04. Living On The 110
05. The Counteroffensive
06. Hail To The Chief
07. Take Me Higher
08. Strength In Numbers
09. Fired A Shot
10. Who Owns Who
11. Hands Up
12. Smashit

Band Mitglieder

 

Tom Morello – guitar
Tim Commerford – bass guitar, backing vocals
Brad Wilk – drums
DJ Lord – turntables, backing vocals
Chuck D – vocals
B-Real – vocals

PROPHETS OF RAGE - Prophets Of Rage

 

 

Seit 1999 warten Fans nun schon sehnsüchtig auf ein neues Album von RAGE AGAINST THE MACHINE. Jawohl, geschlagene 18 Jahre ist es her, seit die legendären Polit-Crossover-Helden mit "The Battle Of Los Angeles" zuletzt ein Album veröffentlicht haben, die Coverscheibe "Renegades" mal ausgenommen. Zwar waren 3/4 der Band mit AUDIOSLAVE alles andere als inaktiv oder erfolglos, trieben sich damit aber auch eher im Bereich Alternative Rock rum. Nach dem tragischen Ableben von Chris Cornell sind AUDIOSLAVE nun Geschichte, eine Pause gönnen sich die verbliebenen Mitglieder trotzdem nicht.

Bereits 2016 waren Tom Morello, Tim Commerford und Brad Wilk mit neuem Material am Start und RATM-Fans durften erstmals hoffen. Zur stimmlichen Unterstützung hatte man sich aber nicht etwa Alt-Fronter Zach de la Rocha ins Boot geholt, sondern sich stattdessen mit den Rap-Legenden B-Real (CYPRESS HILL) und Chuck D. (PUBLIC ENEMY) zusammengetan, sowie mit DJ Lord an den Turntables (ebenfalls PUBLIC ENEMY). Geboren waren die PROPHETS OF RAGE, deren selbst betiteltes Debüt entert nun mit gereckter Faust das Licht der Öffentlichkeit.

 

Und dürfen RATM-Fans denn nun aufatmen? Bereits die ersten Töne des Openers "Radical Eyes" lassen eigentlich keine Zweifel darüber offen, wer hier mit welchem Sound am Start ist. Tim Commerfords pumpender Bass, Brad Wilks lässiger Drumbeat und Tom Morellos unverkennbare Gitarren-Hexerei zwischen fettem Riff und effektreichem Gefiepe, alles zusammen beim Chorus von der Leine gelassen und zum wilden Rumhüpfen animierend; man fühlt sich gleich wieder wie Sechzehn. Diesen unverkennbaren Stil nach so langer Zeit wieder zu hören wirkt erfrischend und seltsam anachronistisch zugleich.

Dazu geben sich zwei der wohl markantesten Stimmen des Hip Hop die Klinke in die Hand; die tiefe Stimme von Chuck D. und der nasale Sprechgesang bilden einen wunderbaren Kontrast. Wer gedacht hat, dass diese beiden Legenden nicht zum RATM-Sound passen, wird schnell eines besseren belehrt. Auch das vorab veröffentlichte "Unfuck The World" atmet mit jeder Pore den Geist von RATM. Morellos Gitarre frisst sich unvergesslich in die Hirnrinde, während B-Real und Chuck D. zu absoluter Höchstform auflaufen, den Hörer bei den Ohren packen und unmissverständlich sagen, was Sache ist. Die Welt ist gefickt, tut was dagegen, ihr habt es in der Hand.

 

Dass hier aber eben nicht nur RATM-Fans beglückt werden sollen und wir es mit einer Band zu tun haben, bei der die Einflüsse sämtlicher Mitglieder zum Tragen kommen, zeigt unter anderem "Legalize Me". Die Ode an das Gras kommt gradezu fröhlich daher und hardrockt beschwingt im Stile eines Jimi Hendrix, dem der ein oder andere Dübel ja ebenfalls nicht fremd war. Spontan vermutet man die Handschrift eines B-Real, dessen Stimme man hier allerdings nicht mit Autotune hätte zukleistern müssen. Trotzdem, eine sehr coole Nummer. Auffällig ist, dass sich DJ Lord insgesamt vornehm im Hintergrund hält; dessen Anwesenheit bemerkt man erstmals wirklich deutlich beim locker groovenden "Living On The 110" und beim kurzen Interlude "The Counteroffensive". Das mag natürlich am effektreichen Spiel von Tom Morellos, welches sowieso schon jedem DJ den Schweiß auf die Stirn treibt. DJ Lords unaufdringliches Werkeln im Hintergrund passt allerdings wunderbar zu dieser Konstellation und fügt sich bestens ins Gesamtbild ein.

 

Eine weitere Nummer, die ganz klar heraussticht und so auf einem RATM-Album wohl eher nicht vorstellbar gewesen wäre, ist das extrem lässige "Take Me Higher". Zu einem unverschämt funkigen Beat lassen sich Chuck D. und B-Real über ein doch eher ernstes Thema aus: Überwachung und Kriegsführung mit Dronen. Stücke wie das schwer groovende "Hail To The Chief", das sich stetig hochschraubende "Strength In Numbers" oder der Mitgröhler "Who Own Who" tragen wieder ganz deutlich die typische RATM-Handschrift, während der seit jeher vorhandene Hip-Hop-Vibe durch das Mitwirken von B-Real, Chuck D. und DJ Lord noch mal verstärkt wird.

 

Aber nun mal Klartext, ist das Debüt von PROPHETS OF RAGE nun der legitime Nachfolger zu "The Battle Of Los Angeles"? Hätte man den Großteil des Albums mit Zach de la Rocha an Bord auch unter alter Flagge veröffentlichen können? Vermutlich schon. Ist es tragisch, dass man das nicht getan hat? Überhaupt nicht, denn die Fähigkeiten von B-Real, Chuck D. und DJ Lord sind über jeden Zweifel erhaben und die drei Hip-Hopper haben bereits in der Vergangenheit bewiesen, dass sie sich auch auf einem fetten Gitarren-Unterbau pudelwohl fühlen.

Also ja und nein, einerseits kann man das Album durchaus als Fortsetzung des RATM-Schaffens sehen, denn sowohl instrumental als auch bezüglich der Einstellung bleiben daran keine Zweifel offen. Außerdem wird man einem neuen RATM-Album in absehbarer Zukunft wohl näher nicht kommen. Andererseits bringen B-Real, Chuck D. und DJ Lord genug eigene Einflüsse in den Sound ein, damit die PROPHETS OF RAGE eben nicht nur als RATM + Friends durchgehen, sondern durchaus als eigenständige Band funktionieren. Und die hat grade ein ziemlich cooles Debüt hingelegt.

 

Autor

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Hans

Autoren Bio

Meine großen Leidenschaften: Literatur und laute Musik. Plattenkritiken liegen nahe.