Manchmal, aber nur manchmal ist das Leben ein echtes Arschloch. Diesem Verhalten kann sich anschliessen, dichtmachen oder mutig in die Offensive gehen. "Highly decorated with a badge that reads "It could be worse"" versprüht Jeremy Bolm Trauer, Wut und Verzweiflung gleich zu Beginn von "Stage Four". Wie sehr das Leben Arschloch sein kann, erklärt der unscheinbare Frontmann anhand einer Platte mit schaurig doppeltdeutigem Namen.
Was aber kommt nach dem Arschloch sein - fragen sich zunächst "Flowers And You" und "New Halloween". "Somehow it's already been a year / You keep finding new ways to make yourself reappear / I hope you never leave me be / I haven't found that courage to listen to your last message to me". "Stage Four" behandelt inhaltlich das krebsbedingte Ausscheiden von Bolms Mutter aus dessen Leben - verpackt in emotionale Facetten, die dem Höhrer beinahe pausenlos Eiswasser in den Nacken giessen. Das vierte Album der Kalifornier wächst musikalisch über "Is Survived By" hinaus, findet weiter Halt im Posthardcore, aber überrascht vereinzelt mit Melodiemomenten und melancholisch-postrockigen Wellen, die an TITLE FIGHT oder gar MOOSE BLOOD zu erinnern wagen. Zu "Rapture" etwa klingelt eine warme Gitarrenmelodie, dazu krächzt Bolm unverkennbar und direkt: "Like a wave, like the rapture / Something you love is gone / Someone you love is gone". "Displacement" zieht den Knüppel aus dem Sack und sägt genüsslich an der Hauptschlagader. Dabei fassen die Stücke organisch und kinderleicht ineinander, werden mal aufgelockert ("Water Damage"), mal nach dem Baukastenprinzip auf Dynamik und Punch getrimmt ("Eight Seconds").
TOUCHE AMORE bestanden noch nie aus entweder Musik oder Lyrik, und so ist auch die Durchschlagkraft von "Stage Four" Bolm's ergreifenden weil blutehrlichen und zugänglichen Texten zu verdanken. "What was it that brought you West / Was it all the palm trees / Placed where they shouldn't be". "Palms Dreams" oder "Rapture" oder "Benediction" oder der zerfleischende Chorus von "Flowers And You" - Highlightmomente gibt es viele auf "Stage Four", dem bisher vielleicht unverschlossensten, fragilsten Album der Band aus Burbank, Kalifornien. Manchmal ist das Leben ein Arschloch, aber ein beinahe vollkommenes Ungetüm wie "Stage Four" macht ein Kinderspiel daraus, sich ihm mitten in den Weg zu stellen.