16.08.2010: Suffocation, Origin, Despised Icon, The Black Dahlia Murder, Dying Fetus - Matrix, Bochum

16.08.2010
 

 



Man kann über das Tourmanagement von Positive Records sagen was man will, auch ich habe mich in der Vergangenheit diesbezüglich nicht immer positiv geäußert und stehe damit auch sicher nicht alleine da. Dennoch: Wer ein solches Lineup aufstellt, bei dem nicht einfach wieder ein paar sicheres Geld in die Kasse bringende moderne Szenestars aufgestellt sind, sondern auch einige der Bands dabei sind, auf welche sich diese Szenestars überhaupt berufen, dann gebührt dem meiner Meinung nach ganz klar Respekt. Mit SUFFOCATION ist da beispielsweise ausgerechnet die Band dabei, ohne die DESPISED ICON heute wohl völlig anders klingen würden – wenn es sie dann überhaupt geben würde, beziehungsweise: gegeben hätte. Gefehlt haben da eigentlich nur ENTOMBED im Lineup, wobei die Anzahl an Referenzen im Best-Of-Ami-And-Sweden-Death-Metal-Sound von THE BLACK DAHLIA MURDER schon noch etwas weiter geht. Ist aber auch egal: Dieser Abend war ein Treffen der Gegensätze, die eigentlich doch zusammengehören – sei es moderner Death Metal und der der Generation davor, oder (was auch mal gut so ist) klassischer, die Mähne kreisender, Bier trinkender und Kutten-tragender Metaler und junger, mittlerweile zwischen den beiden Welten Hardcore und Metal stehender Vertreter der neuen Generation. Und wenn der eine, altgestandene zu THE BLACK DAHLIA MURDER seine Haare kreist und der andere, mit etwas kürzeren Haaren, dafür mit Cappy bestückte auch mal zu DYING FETUS in den Moshpit geht, dann ist die Rechnung wohl vollkommen aufgegangen.

Aber Metaler sind nicht immer „altgestanden“, nein: Es soll auch jüngere Nachzügler geben, die die alte Tradition aufrecht erhalten. Das tun zwar THE BLACK DAHLIA MURDER oder DESPISED ICON auch, jedoch sind ORIGIN in Punkto Auftreten und Musik dann aber doch noch einen ticken weiter im Metal verwurzelt. Aber hören wir auf mit all den Einordnungsversuchen. Schließlich sollte dieser Abend doch zusammenführen – und nicht wieder aufspalten.

Vom Auftritt selbst bekam ich leider nur die letzten beiden Songs mit, weil der Auftritt bereits ungewöhnlich früh um schätzungsweise 18 Uhr begonnen hat. Aber immerhin: Ausgerechnet der letzte, fast 10-minütige Song des letzten (übrigens absolut empfehlenswerten!) Albums „Antithesis“ findet seinen Platz in ein Set, welches als Opener sowieso nicht viel Zeit hergibt. Und der macht dank in ein tolles Songwriting verpackter technischer Raffinesse genauso viel Spaß wie auf Platte. Apropos: Wer zusieht, was die instrumentale Fraktion da aus ihren Instrumenten zaubert, könnte schwindelig werden. Gerade die wahnsinnig schnellen Tapping-Bewegungen des Bassisten wirken so rasant, dass man fast schon geneigt ist sie als „unrealistisch“ zu bezeichnen. Einziger (wenn auch nicht zu unterschätzender) Wermutstropfen bei der ganzen Sache: Wirklich raushören kann man nicht immer all das, was diese Band da aus ihren Instrumenten rausholt. All die instrumentalen Verspieltheiten sind zwar schön anzusehen, jedoch schafft es das Ohr nicht, sie immer raus zu filtern – Überreizung eben. Doch zum Glück gehören ORIGIN zu den technischen Death Metal Bands, welche bei all dem immer noch primär auf den Song achten, sodass sich das Verschmerzen lässt.

Ich war übrigens bei weitem nicht der einzige, der einen etwas späteren Beginn der Show vermutet hat – und entsprechend wenig von ORIGIN sehen konnte. Deswegen sind vor Beginn von DESPISED ICON wohl die wenigsten warm. Und dennoch: Die Kids wissen, dass das vielleicht ihre letzte Chance ist, diese Band vor ihrer Auflösung noch mal zu sehen. Davon sind einige zwar schon letztens bei der Show mit PARKWAY DRIVE in Köln ausgegangen, aber egal: Jede Chance muss genutzt werden. Entsprechend brachial ging es schon ab Sekunde 1 los: Moshpits öffnen sich sofort, eine schiere Masse quetscht sich nach vorne gen Bühne, Zeilen werden mitgeschrien – da muss die Band nur noch die Früchte ernten. Die hat auch völlig leichtes Spiel, besticht durch übliches Auftreten und übliche Gesten und muss nur ihren Hitkatalog aus Songs wie „In The Arms Of Perdition“, „Retina“, „Furtive Monologue“ oder „Day Of Mourning“ spielen, um dieses Publikum bei Laune zu halten. Wirklich viel Zeit haben DESPISED ICON dabei zwar auch nicht – viele hätten wohl mit einem Slot zu späteren Zeit gerechnet -, doch dieser Auftritt folgte eben ganz klar dem Motto: kurz und schmerzvoll! „MVP“ leitete dann entsprechend früh das Ende eines übrigens das Debüt komplett außen vor lassenden Auftritts ein, doch ganz ehrlich: Ein solch kurzer, dafür derartig intensiver Auftritt ist mir deutlich lieber als 45 Minuten, die sich dann nur unnötig in die Länge ziehen, und wo erste schon ab der Hälfte schlapp machen. Alles richtig gemacht also.

Etwas grotesk wirkt es dann, wenn ausgerechnet SUFFOCATION auf die Bühne treten. Die geistigen Väter der vorigen Band denken nämlich (gemessen an der Qualität und der Energie ihres aktuellen Albums) noch lange nicht ans aufhören – obwohl auch SUFFOCATION mal ihre kleine Auszeit hatten. Wie auch immer: SUFFOCATION mögen zwar eine Generation älter sein (Sänger Frank Mullen dazu: „I could be your father!“), liefern jedoch einen Auftritt ab, der in Punkto Elan dem von DESPISED ICON in nichts nach steht. Und um es kurz zu fassen: Große Hits wie „Infecting The Crypts“, „Cataclysmic Purification“ oder „Entrails Of You“, den ersten Slow-Motion-Circle-Pit zu einen Breakdown, den ich je in meinem Leben gesehen habe, richtig gute und sympathische Ansagen, in denen Herr Mullen zwischen den Songs entspannt aus dem Nähkästchen plaudert und eine energische, aber dennoch entspannte Crowd, bei der das Feiern dieser großartigen Band richtig Spaß gemacht hat. Für mich ganz klar die Band des Abends – auch, wenn andere Bands sicherlich doch mehr Konsens waren.

DYING FETUS waren dann für viele – auch für mich – Anlass, mal einen Gang runter zuschalten. Schließlich war dieses Package schon jetzt so schweißtreibend, das man schon zweimal hätte nach Hause gehen können. Und schließlich bietet die gemütliche Matrix auch abseits der Show so gute Sitzmöglichkeiten zum runterkommen, dass man da nicht nein sagen kann. Letztlich wollte man dann doch nicht ganz so respektlos sein, und so schaute man sich das Ganze eben entspannt von hinten an. Resümee: Technisch (wie schon bei SUFFOCATION und ORIGIN) sehr hochrangig und sauber, aber auch musikalisch – für mich als einer, der bis jetzt immer der Nachfolgeband MISERY INDEX Vorrang gelassen hat – auf jeden Fall in Ordnung. Dass in Punkto Auftritt aufgrund an Instrumente gefesselte Sänger nicht so viel gehen konnte wie bei den vorigen Bands ist klar, doch auch hier gilt: Solide, auf jeden Fall.

Nun aber zu einer ganz anderen Band. Wenn es eine Band geschafft hat, in gerade mal 10 Jahren Bandbestehen in einem Lineup über so großen und einflussreichen Bands wie SUFFOCATION oder DYING FETUS zu stehen, und wenn es eine Band geschafft hat, ihr Logo auf T-Shirts einer ganze Generation von Musikern und Fans zu pressen, und schon nach 4 Alben so viele Klone nach sich zieht, dann muss diese Band schon eine ganz besondere sein. Dabei sind doch THE BLACK DAHLIA MURDER auch nur Fans des 90er Death Metals aus Schweden (die ersten Alben) sowie ihrer Heimat (die neueren), und liefern somit an sich gar nicht mal neues. Doch sie machen es eben verdammt gut – also das, was ihre zahlreichen Klone trotz ziemlich genauer stilistischer Studie nicht tun. Entsprechend voll wird es schon weit vor Beginn des Headliners, und mit dem Start von „Everything Went Black“ wird der Jubel so laut, dass man sich eher an Open-Air-Szenarien als an kleine Club-Shows erinnert fühlt. Wie auch bei DESPISED ICON haben THE BLACK DAHLIA MURDER da leichtes Spiel und liefern einen Auftritt ohne große Überraschungen, dafür mit jeder Menge Hits aller Alben und viel Spaß ab. Zudem ist Sänger, Jack-Black-Verschnitt (mit mittlerweile kurzen Haaren) und Sympathie-Träger Trevor Strnad mal wieder bester Laune und stürzt sich schon beim ersten Song auf die tobende Masse, während er sonst sein Grinsen einfach nicht aus dem Gesicht bekommt. Gefühlte 30-40 Minuten Enge, Schweiß und Energie bekam man zu spüren; und wer nicht schon nach den vorigen Bands platt war, der ist es wohl jetzt.

Fest steht somit: Auf die Kosten kam bei dieser Show wohl jeder, der sich schon vorab auf dieses Lineup gefreut hat – vielleicht sogar ein bisschen zu viel. Meine Wenigkeit war jedenfalls absolut fertig mit der Welt, als THE BLACK DAHLIA MURDER ihr Outro anklangen, denn aus solch einem Package hätte man 2, vielleicht sogar 3 Shows machen können, die allesamt genug Anekdoten und gute Erinnerungen für danach übrig gelassen hätten. So sind es aber jede Menge Anekdoten und gute Erinnerungen für einen Abend – woran auch der üppige Regen sowie die für manche stressige Heimfahrt unter der Woche nichts ändern konnte.

Bilder folgen!