Plattenkritik

BATUSHKA - Panihida

Redaktions-Rating

Info

Release Date: 27.05.2019
Datum Review: 18.07.2019
Format: Digital

Tracklist

 

01. Pecn' 1
02. Pecn' 2
03. Pecn' 3
04. Pecn' 4
05. Pecn' 5
06. Pecn' 6
07. Pecn' 7
08. Pecn' 8

Band Mitglieder

 

Krzysztof Drabikowski - Gitarre, Bass

BATUSHKA - Panihida

 

 

Nachdem wir bereits letzte Woche "Hospodi" von Bartłomiej Krysiuks BATUSHKA-Inkarnation besprochen haben, wollen wir dies nun mit etwas Verspätung auch für das bereits im Mai veröffentlichte Konkurrenzprodukt von Bandgründer Krzysztof Drabikowski nachholen. Zum Streit der ehemaligen Bandgenossen, der von einigen Fans so scherzhaft wie treffend als Schisma bezeichnet wird, wurde an anderer Stelle schon genug gesagt, daher soll es hier allein um die Musik auf "Panihida" gehen. Durch die Veröffentlichung via Bandcamp und ohne große Promomaschine im Rücken ist Drabikowski im Gegesatz zu seinem ehemaligen Kollegen ein wenig unter dem Radar besonders der größeren Magazine geflogen; jedoch vollkommen zu Unrecht, dürfte "Panihida" doch grade für Liebhaber des Debüts ein Fest sein.

 

Der Titel des Albums bezieht sich auf den Gedenkgottesdienst der orthodoxen Kirche und schon beim ersten Blick auf Cover und Tracklist wird klar, dass sich Drabikowski stark an "Litourgiya" orientiert. Zu sehen ist erneut eine gesichtslose religiöse Ikone und die Songs haben erneut keine eigenen Titel, sondern sind wie schon zuvor durchnummeriert. Letzteres suggeriert bereits, dass auch "Panihida" seine volle Wirkung erst durch den Genuss als Gesamtwerk entfaltet. Was natürlich keinesfalls heißt, dass es keine erwähnenswerten Highlights gibt, diese sind jedoch schon durch das Fehlen von Songtiteln und den zusammenhängenden Charakter der Stücke etwas schwerer herauszufiltern, als etwa bei Krysiuks Harangehensweise im klassichem Albumformat.

 

"Panihida" ist vielleicht zunächst weniger zugänglich, dafür punktet Drabikowski aber mit allen üblichen BATUSHKA-Trademarks und schafft es im Gegensatz zu seinem ehemaligen Kollegen auch, Niveau und Stimmung auf Albumlänge zu halten. Nach bereits von "Litourgiya" bekanntem Glockenklimpern und einer sinistren Eröffnungsmelodie türmt sich "Pecn' 1" zu einem majestätischen Bauwerk aus getragenen Riffs und tiefen Mönchsgesängen auf. Dabei wird bis zum Ende fast komplett auf harsche Vocals verzichtet und die leicht repetetive Struktur verleiht dem Stück den Charakter einer langen Einleitung: die Messe ist eröffnet. An garstigen Screams wird daraufhi nicht gespart und die zweite Nummer brettert gradewegs im Stile älterer BEHEMOTH voran. In den mehr als sieben Minuten Spielzeit wird das Tempo aber auch oft genug für atmosphärische Momente herausrausgenommen und zur Mitte hin gibt es gar eine besinnliche Ruhephase für ein kurzes Gebet, bevor sich erneut mächtige Riffwände auftürmen und für eine majestätische Stimmung sorgen.

 

 

Die markante Mischung aus erhabenen Breitwandriffs, schwarzmetallischer Raserei und schaurig schönen, DISSECTION-artigen Melodiebögen setzt Drabikowski auch nachfolgend immer wieder effektiv und stimmungsvoll ein, ohne dabei jemals in Eintönigkeit zu verfallen. So hat "Pecn' 4", insgesamt eines der aggressiveren Stücke der Platte, durch den dezenten Off-Beat-Einsatz zwischenzeitlich gar etwas Beschwingtes. Die Nummern 5 und 7 wiederum stellen erneut die sakrale Kirchenatmosphäre mit tiefenstimmigen Chorälen und schweren, doomigen Riffs in den Vordergrund und sorgen für wohlige Schauer.

 

Ganz ohne Kritik kommt aber auch Drabikowski nicht davon. Ja, im direkten Vergleich mit dem Album seines ehemaligen Kollegen ist er der klare Rundensieger. "Panihida" kommt "Litourgiya" auf voller Länge in Sachen Qualität und Stimmung ziemlich nahe, aber letztlich erreicht es eben doch nicht ganz die Güte des Debüts. So klingt z. B. der Drumsound auf "Panihida" stellenweise ein wenig matschig und die Mönchsgesänge könnten hier und da etwas prominenter im Vordergrund stehen.

 

Insgesamt fühlt sich das Album außerdem eher wie eine Neuauflage des Erfolgsrezeptes von "Litourgiya" und nicht wie eine Fortsetzung an. Dabei ist das Debüt jedoch in allen Belangen ein Quäntchen stärker: die Mönchsgesänge sind etwas kräftiger, die Melodien etwas ergreifender, die Riffwände etwas majestätischer. Und natürlich fehlt sowohl "Panihida" als auch "Hospodi" der Überraschungseffekt, den die Polen 2015 mit ihrer eigenwilligen musikalischen Mischung, ihrem mystischen Auftreten und der Verwendung invertierter orthodoxer Symbolik erzielt haben. Entzaubert haben die Herren diese Mystik allerdings ganz alleine.

 

Autor

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Hans

Autoren Bio

Meine großen Leidenschaften: Literatur und laute Musik. Plattenkritiken liegen nahe.