Plattenkritik

Caleya - Konvolut

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Release Date: 06.12.2013
Datum Review: 15.12.2013

Caleya - Konvolut

 

 

Willkommen in der kalten und dunklen Jahreszeit. In der es Dir den Atem beschlägt und Du es direkt morgens bereust, ohne passende Kleidung in der Alltagshatz das Haus verlassen zu haben. Die Jahreszeit, die die melancholische Introvertiertheit geradezu feiert und herbei sehnt. In der Zeit, in der man sich genussvoll verlieren kann...

...doch was einst fern, gar sichtbar
nun gehüllt in falsches Gold....(„Nullpunkt“)

Der „Nullpunkt“. Das tiefste Tal der Erkenntnis, bedingt durch die schonungslose Wahrheit, die leidende Schönheit der Niedergeschlagenheit in absoluter Einsamkeit. Der Anfang vom Ende, vertont mit schweren Klangwänden, die sich in melodiösen Schallwellen duellieren und in scheinbarer Endlosigkeit wiederholen. Die Dramaturgie der Prosa, untermalt von einer mal klagenden, mal sich überschlagenden Stimme.

...ist es nie genug?
hier zu stehen und zu verstehen...(„Gezeitenherz“)

Leise, auf leichten Sohlen schleichen sich die Erinnerungen in Dein Herz, Deinen Verstand. Das was war, was sich niemals wiederholen wird und sich nie genug ist. Fragmente einer vergangenen Zeit, nun eingehüllt in das zarte Garn der Hoffnung. Resignation, Sehnsucht, eingerahmt und vertont in noisigen Klangwellen und kleinen sphärischen Licks.

...Mut scheint nur noch einer Phase gleich,
Dein Gezeitenherz es flüstert und es fleht...(„Signum“)

Die Katharsis fordert; sie fleht, sie lacht;sie weint und quält. Willkommen im Irrgarten ihrerselbst. Körperlos, nahezu seelenlos, doch noch längst nicht geistlos. Die Reste Deines Verstandes klammern sich an Bruchstücke Deines bisherigen Weges, an eine längst vergangene Realität. Loslassen, vergessen, sich frei machen. Die Losung der Katharsis. Das schmerzliche Entseelen Deiner Selbst, das schier endlose Fallen. Denn wenn Tiefe nicht abschätzbar ist der Verstand das größte Opfer.

...sie schenkte Dir ein Leben, Du tauftest es Leere,
sie schenkte Dir den Regen, Du trankst nur ihre Tränen...(„Irrlicht“)

Der Glaube liegt begraben im Leben. Ertränkt durch Hoffnungen und Wünsche, eingelullt in die Farben der Anderen. Die Realität, Deine Realität, ernüchternd und desillusionierend holt dich am Ende ein. Farben unterliegen einer Empfindung, einer Wahrnehmung, einer Persönlichkeit. Und Ihre Deutung dem eigenen Charakter, dem eigenen Erfahrungsschatz. Eine Klageschrift mit nur einem Kläger, keinem Richter und auch keiner realen Anklägerin. Die Schuldfrage ohne Schuldzuweisung, vertont in einem mahlenden Sludgegewand, gleich einer wütenden und alles vernichtenden Lavamasse. Gefahr, Schmerz und Wut...allgegenwärtig, unaufhaltsam.

...in der Pracht der letzten großen Weite,
erlischt alsbald ein kleines Licht...(„Sonnenfresser“)

Anders, so anders als erwartet. Endlos, so weit das Auge reicht. Stille, nur unterbrochen von den vermeintlichen Atemzügen, die Dich auf Deinen Schritten scheinbar begleiten. Verloren, ein unbedeutender Fleck im Nichts. Du hinterlässt weder Spuren, noch beschlägt Dein Atem. Die Empfindungen erloschen, während die Illusion langsam ihre Umarmung löst und Du erkennst: Das Nichts, die befreiende Schönheit der Bedeutungslosigkeit. Der Geist taumelt, der Verstand in Auflösung. Die musikalische Darstellung mündet in einer intensiven Synästhesie, einer Dichte an vertonten Bildern. Erkenntnis, Schwindel, Taumeln, das unbegreifliche Begreifen, das nahende Ende der Katharsis.

...der Boden gleicht den seidigen Fäden, gesponnen im Takt der letzten Verführung,
wo Vergänglichkeit stetig...(„Unstern“)

Das Ende, die Einswerdung mit dem Nichts. Entkörpert und entseelt. Schliesslich nur noch ein Gedanke, der unauslöschliche Rest der Aura. Nichts bleibt, einzig die Vergänglichkeit ist stetig und unaufhaltsam.


...Verlieren, Loslassen. Sich überdenken und neu erschaffen. In sich selbst horchen. Fokussiertes Hören, Empfinden und Erleben. Denn unsere Zeit ist zu kurz, zu wertvoll um sie nebenbei zu verleben. CALEYA verdeutlichen dies mit ihrem dritten Album auf intensivste und schmerzlichste Weise und überzeugen mit einem dichten und sphärischen Sound. Ob man als geneigter Hörer nun den Stempel Post-Hardcore, Sludge oder was auch immer braucht, entscheide bitte jeder selbst.


Tracklist:
1.Nullpunkt
2.Gezeitenherz
3.Signum
4.Irrlicht
5.Sonnenfresser
6.Unstern

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Markus L.

Autoren Bio

Wenn mich interessieren würde, was andere über mich denken, könnte man sicherlich mit mir über meine Einstellung und den ganzen Bla diskutieren. Tut es aber nicht, ergo kann man es sich auch ersparen. Beratungsresistent eben!