Plattenkritik

Dälek - Gutter Tactics

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Release Date: 30.01.2009
Datum Review: 02.01.2009

Dälek - Gutter Tactics

 

 

Die Hörner haben sie sich ausgiebig abgestoßen. Jetzt ist es Zeit für die unverstellteste Liebeserklärung an ein Genre in der Krise: DÄLEKs "Gutter Tactics" ist ihr bisher offensichtlichstes HipHop-Album geworden. Raum für Verstörendes, Kulturpessimismus sowie exessive Soundtüfteleien gibt es trotzdem weiterhin.

KRS-ONE bezeichnete sich einmal selbst als Metaphysiker. Analog dazu wären DÄLEK wohl so etwas wie postmoderner Boom Bap, Letztbegründungen sind für die Unkritischen. DÄLEK, die HipHopper für die Schwarzgekleideten…MC dälek und der breitbrüstige Produzent Oktopus sind in ihrer bisherigen Karriere stets den steinigen Weg gegangen, erklärten Bands und Künstler zu ihrer Inspirationsquelle, die mit HipHop noch nicht einmal im Entferntesten etwas zu tun haben. Bambaataa habe das schließlich auch gemacht, als er KRAFTWERK sampelte. So gesehen folgen DÄLEK also doch einer gewissen Traditionslinie. Die Entwicklung vom Vorgänger "Abandoned Language" (2007) hin zum neuesten, wahnwitzigen Streich "Gutter Tactics" war absehbar. Bereits auf besagtem Werk öffneten DÄLEK sich für geradlinigere Beats und klassischere, im HipHop verwurzelte Klangkunst. Nicht mehr so verstörend wie die Industrialcollagen auf "Absence" (2005), nicht mehr so grimmig wie "From Filthy Tongue…" (2004). Trotzdem irgendwie härter, packender, deeper als eine Menge Gitarrenbands, die allein über Härte Stimmungen erzeugen wollen. "Gutter Tactics" klingt wie eine entschlacktere Version seines direkten Vorgängers. Weniger David Lynch, mehr Beatstreet mit Rasierklingen unter den Armen, Krush und Shadow mit latent schlechter Laune und guten Ideen. Klar, auch hier rauscht, fiebt, pumpt und dröhnt es an allen basslastigen Fronten, däleks Stimme löst sich im Nichts auf und taucht an der nächsten dunklen Ecke wieder auf, macht Platz für Ambient und ausufernde Instrumentalpassagen. Allein 'Who Medgar Evers Was…', ein achtminütiger Monolith, will in seiner mäandrierenden Erscheinung erstmal verdaut werden. Es sind jedoch erneut die kleinen Details, die das Album so groß machen: 'No Question', das in den letzten Sekunden Erinnerungen an selige RZA Tage wach ruft. So dreckig, so effektlos, so gut. Oktopus bewies mit der Produktion auf "Halfway Homeless", dem Debüt des Deadverse-Protegés ODDATEEE, ja bereits, dass Shaolin-Beats auch in der heutigen Zeit (wieder) Sinn und so jemanden wie COMMON noch überflüssiger machen. Das fast versöhnliche 'We Lost Sight', mit (man möchte es fast nicht sagen) wunderschön-sphärischem Instrumental, Flüsterstimme und punktgenau gesetztem Sprachsample. Und dann doch wieder der bereits an anderer Stelle erwähnte Föhn in den Jacuzzi der Sattgefressenen - ein Titeltrack, der mit sägenden, übersampelten Gitarren und ordentlich Soundchaos unmissverständlich klar macht: „Wir sind noch lange nicht fertig mit euch!“. Die Welt als einziger tiefschwarzer Moloch. In diesem Kontext darf gerne mal pessimistisch übertrieben werden. Wie heißt es noch in einem der Songs? „The boom bap sparks revolution.“ Am besten heute noch…

Tracklist:

01: Blessed Are They Who Bash Your Children's Head Against a Rock
02: No Question
03: Armed With Krylon
04: Who Medgar Evers Was...
05: Street Diction
06: A Collection of Miserable Thoughts Laced With Wit
07: Los Macheteros/Spear of a Nation
08: We Lost Sight
09: Gutter Tactics
10: 2012 (The Pillage)
11: Atypical Stereotype

Autor

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René

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