Plattenkritik

Exodus - Exhibit B - The Human Condition

Redaktions-Rating

Info

Release Date: 07.05.2010
Datum Review: 23.04.2010

Exodus - Exhibit B - The Human Condition

 

 

Ein kleines akustisches Vorspiel, die so oft zitierte „Ruhe vor dem Sturm“. Dann: Dieses eine Riff, wir erinnern uns: Das war das letzte, was wir auf dem großartigen „The Atrocity Exhibiton – Exhibit A“ gehört haben. Wie ein großes Wiedersehen, wie eine Kraft, die sich im inneren des eigenen Körpers breit macht löst dieses altbekannte Riff – ja nur dieses eine, kleine Riff – schon eine so euphorische Haltung aus, dass man an „Exhibit B“ als Fan des Vorgängers vorab die kühnsten Erwartungen knüpft. Die erfüllen EXODUS mit „The Human Condition“ leider nur bedingt - ein aufregendes Album bleibt am Ende des Tages dennoch.

Aber Moment: EXODUS? Wer will die 2010 noch hören? Und seit wann war „The Atrocity Exhibition“ ein „großartiges“ Album? EXODUS haben sich spätestens seit dem Wechsel zum mittlerweile dritten Sänger Rob Dukes 2005 den Tenor der Bedeutungslosigkeit unter Puristen erspielt. Doch wer will es ihnen übel nehmen: „Shovel Headed Kill Machine“ war ein absoluter Stilbruch; zwar immer noch Thrash Metal, aber eben nicht wirklich Oldschool, sondern eher modern – und die neue Stimme fügt sich dem neuem Anstrich.

Doch spätestens hier möchte ich einhaken: EXODUS sind nie – auch nicht mit „Exhibit B“ – zum bloßen Neo-Thrash-Abbild avanciert. Der Sound hat zwar wenig mit Oldschool-Größen wie EXCITER oder WHIPLASH gemein – und schon gar nicht mit dem EXODUS-Klassiker „Bonded By Blood“ –, dafür geht man in Sachen verspielter und vor allem ausgedehnter Songarrangements stark zurück in Richtung alter METALLICA. Und neben HEATHEN und VEKTOR gehören sie zu den wenigen Vertretern, die zum einen überhaupt heute noch auf deren Idee von großangelegten, epischen Thrash-Metal-Songs aufbauen (und ich verstehe bis heute nicht, warum sich kaum eine Thrash-Metal-Band heutzutage dazu traut), und zum anderen dies sehr gut machen. Und klar: „Shovel Headed Kill Machine“ war dann ein Album, an dem man noch viel hätte feilen können. Doch Nummern wie „Deathamphetamine“ oder „44 Magnum Opus“ zeigten bereits eine solch mammutstarke Intensität, welche dann letztlich – und damit unterstreiche ich noch mal dieses „großartig“ – mit dem Nachfolger „The Atrocity Exhibition“ in einem gewaltigen Ausmaß ausgespielt wurde. Schade, wenn Puristen aufgrund Scheuklappen so etwas durch die Hände geht.

Mit „The Human Condition“ muss sich jener Purist dann ein weiteres Mal darauf einstellen, dass das nichts mehr mit Oldschool-Sound und kurzen Songs wird. Aber Hey, das machen eh genug – gerade im Zuge eines Thrash-Metal-Revivals, welches ja immer noch anhält. Gleichzeitig muss sich der Freund der Intensität der beiden Vorgängerwerke (zu denen ich mich zähle) etwas in Deckung begeben, wenn er sich erneut diese unglaublich epischen, spannungsgeladenen Kompositionen von noch gar nicht so lange her erhofft. „The Human Condition“ wird zwar nach wie vor durch lange Songs bestimmt, zügelt das Tempo jedoch häufiger und mag das Midtempo viel lieber, als es noch „Exhibit A“ tat. Zudem spart man dieses Mal zwar nicht an Überriffs, wohl schon aber an Übersongs. „Funeral Hymn“? „Children Of A Worthless God“? „The Garden Of Bleeding“? Alles Vergangenheit. Der neue Kurs legt weniger auf Kompakt- und Songorientiertheit als mehr auf ein als Ganzes schlüssiges Werk wert.

Grundsätzlich ein lobenswerter Ansatz. Dennoch: Die ein- oder andere Abrissbirne hätte dem Ganzen keineswegs geschadet. „The Human Condition“ ist ein gutes, unterhaltsames Album geworden, packt einem nur leider nie in einem solchen Ausmaß, wie es beispielsweise Nummern wie „Funeral Hymn“ noch zuletzt vorgemacht haben. Doch auch die gemächlicheren, bedachteren EXODUS sind 2010 weiterhin Etwas, was definitiv eine Daseinsberechtigung hat. Und seien wir doch mal ehrlich: Von all den Lobhuldigungen an damals wird Baloff auch nicht sein Grab verlassen. Und selbst wenn wäre er stolz auf das, was Gary Holt aus dieser Band noch alles machen konnte.

Autor

Bild Autor

Olivier H.

Autoren Bio

"They said, Do you believe in life after death? I said I believe in life after birth" - Cursed