Plattenkritik

Heaven In Her Arms - Paraselene

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Release Date: 17.12.2010
Datum Review: 14.11.2010

Heaven In Her Arms - Paraselene

 

 

Lange Zeit wurde HEAVEN IN HER ARMS der Kopf getätschelt, galten sie doch bei großen Allgemeinheit als die kleinen Brüder von ENVY. Grund dafür war vor allem die gleiche Herkunft und ein ähnlicher Sound, was zumindest die alten Platten von ENVY anging. Während sich de älteren Landsmänner im Laufe der Zeit immer mehr den sphärischen und monoesken Gefilden hingaben, ziehen HEAVEN IN HER ARMS die Geschichte jetzt von einer ganz anderen Seite auf. Welch schlauer Plan das war, muss hier nicht weiter erwähnt werden.

Wenn man sich auf „Paraselene“ einlässt, muss man sich vorher im Klaren darüber sein, dass man der vertonten Agonie beiwohnen wird, die sich in kakophonischster Art und Weise in einen Weltschmerz und -hass steigert und größtenteils nicht leicht zu verdauen ist. Im Grunde genommen ist es sogar mehr als anstrengend, da man sich während des Hörens auf eine Reise in die Welt der dunkelsten Gefühle begibt. Ob man das nun will oder nicht, ist völlig egal. Man wird dazu gezwungen. Dabei fängt die ganze Geschichte eigentlich ganz harmlos an. „46x“ besteht aus immer wieder kehrenden gleichen, fast hypnotisch wirkenden Gitarrenanschlägen, bis sich auf einmal brachialstes Geschrei hinzu gesellt und man sich, ohne es zu merken, schon im ersten Ausbruch („Anamnesis Of Critical“) befindet. Angesiedelt irgendwo zwischen Screamo, Post-Hardcore, teilweise mit Black Metal Anleihen und einer Prise Postrock lassen HEAVEN IN HER ARMS aber immer wieder versöhnlich wirkende Minuten und Melodien mit einfließen. Zumindest am Anfang. Denn spätestens mit „Morbidity Of White Pomegranate“ ist auch damit Schluss. Ab jetzt wird nur noch gehasst und der Hörer in Zeitlupe bearbeitet und zerstört. Es ist unglaublich, was für einen abstoßenden Ekel diese Band hervorruft, dabei aber mit einer Anziehungskraft arbeitet, der man sich nicht widersetzen kann. Der typische Vergleich mit dem Unfall, den man sich zwar nicht anschauen will, es aber dennoch macht, drängt sich unweigerlich auf. Man will „Paraselene“ weiter hören, jede Sekunde in sich aufsaugen und sei sie noch so kaputt und verstörend. Im Laufe der nächsten Stücke finden HEAVEN IN HER ARMS dann aber auch wieder zur Melodie zurück (die zweite Hälfte von „Butterfly In Right Helicoid“ ist überlebensgroß), obwohl die morbide Stimmung und mehr als dichte Atmosphäre, die das Album verbreitet, dadurch nur noch verstärkt wird. Hier klingt einfach alles nach Weltuntergang und ewig währender Dunkelheit, so auch das klassische nur von Geigen, akustischer Gitarre und Klavier begleitete „Veritas“, welches das Ende der Reise durch die Welt von „Paraselene“ darstellt – pure Tristesse!

Dieses Album bedrückt, es erdrückt und es zieht runter. Eine Urgewalt, die sich erst als Ganzes komplett entfaltet und am Stück gehört werden muss, da die einzelnen Songs derart zusammenhängend sind, dass man sie nur ungern auseinanderreißen möchte. HEAVEN IN HER ARMS sind erwachsen geworden, haben ihren Stil gefunden und ihren Platz in der „Szene“ manifestiert. Versuchte also heute jemand noch, dieser Band den Kopf zu tätscheln und ihnen durch die Haare zu streicheln, sie bissen ihm, ohne mit der Wimper zu zucken, langsam die Hände ab, jeden Hautfetzen einzeln, jedes Stück Fleisch, jede Sehne, jedes Stück Knorpel, ebenso den Knochen - keine Gnade.

Tracklist:

1. 46x
2. Anamnesis Of Critical
3. Morbidity Of Pommgranate
4. Jade Vine
5. Echoic Cold Wrist
6. Halcyon
7. Butterfly in Right Heliocid
8. Veritas

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Alex G.

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