Plattenkritik

Placenta - Replace Your Face

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Release Date: 30.09.2011
Datum Review: 20.09.2011

Placenta - Replace Your Face

 

 

Stillstand ist gleichbedeutend mit Rück-
schritt!

In Sachen Deathcore haben die Berliner PLACENTA mit ihrer letztjährigen EP “Brutalis“ alles gesagt, was eine deutsche Band zum abgestorbenen Trend zu sagen imstande ist. Daher ist der programmatische Titel „Replace Your Face“ nicht mal eben so gewählt, daher prangert schlicht nur der Namenszug der Band auf einem ansonsten schlicht weißen Cover: Hier soll nicht nach rechts oder links geschaut, sondern einfach nur dem Inhalt Ohren geschenkt werden.

Von einer leichten Kurskorrektur zu sprechen wäre weit untertrieben, PLACENTA sind lange genug dabei um zu wissen, worauf es in der heutigen Metalszene ankommt. Daher ist der Schritt weg vom technisch hochwertigen Gebolze und hin zum viel Strukturierterem, Nachvollziehbarerem und letztlich Angepassterem logisch, wenn nicht sogar konsequent. Hier spielen keine Kiddies mehr irgendeinen Schepper-Kram, um Mutti zu ärgern oder die Schnecke zu beeindrucken.

Nein!

Hier musizieren fünf versierte Musiker, die ihrer Version des modernen Metal freien Lauf lassen und sich nicht limitieren wollen. Auffälligste Änderung im Soundgerüst (die druckvolle und transparent wuchtige Produktion übernahm Songschreiber/Drummer Tobi) ist der fast durchgängige Cleangesang, auf „Replace Your Face“ regiert eindeutig der Refrain. Generell schenkte die Band dem Aneinanderreihen respektive dem Nebeneinander von brutalen Grooveparts, gnadenlos brutalen Shouts und (wunderschönen) Gesangslinien die gesamte Aufmerksamkeit.

Natürlich hat dieser krasse Stilwechsel hin zur Harmonie und zum Klargesang einen faden Beigeschmack, wichtig jedoch ist in puncto Sell-Out-Geschrei die Qualität der gebotenen Ware. Und die ist eine Bereicherung, keine Hinrichtung! Denn PLACENTA sind perfektionistisch angelegt, auch wenn es darum geht, eine stimmige Melodie auf einen aggressiven Unterton zu legen. Sehr individuell ist die Dynamik der Songs, auch haftet dem neuen Material eine psychedelische Untergangsstimmung an, die immer wieder durch den klar gesungenen Chorus aufgerissen wird. Eigentlich müßig zu erwähnen, aber jazzig angehaucht, spacig elektronisch, mathematisch corig und thrashig deathig können die seit elf Jahren mit Sinn und Verstand Lärmenden auch. Und Songtitel wie "I Ain't No Horse" zeigen mit dem Finger auf all diejenigen, die sich und ihre Outputs zu ernst nehmen.

Das Wichtigste in Bezug auf „Replace Your Face noch einmal kurz gefasst:

„ein nicht ganz ernst gemeinter moshpart ist das endergebnis einer kumulation nicht ganz ernstgemeinter textfetzen, musikalischer zitate und gesten, zu denen man mit einem strahlenden lachen bangen und moshen kann. PLACENTA sind genau das nicht, ihr drittes fulllength klingt verdammt ernst, erwachsen, ausgereift und dient dennoch zum bangen und moshen. zwar bilden die sehr guten cleanparts (neu im repertoire der berliner) eine strahlende oase der ruhe und des friedens, sie sind "calm before storm" mit gutem timing und gnadenlos intensiv. auch technisch macht ihnen so schnell keiner etwas vor, so dass "rePlace yOur faCe" deathcore mit herz und verstand made in germany ist, wobei die auf den vorgängerscheiben so tough praktizierte aggressivität mit hang zur brutalität nicht außen vor gelassen, sondern homogen in den gesamtkontext eingearbeitet wurde“

Punkt!

Tracklist:
01. All Things Runnable
02. I Ain't No Horse
03. Who Am I
04. Dyonisos Is Dead
05. Bella Fruit Verona
06. Vip Out
07. Coca At The Cockloft
08. Septopus
09. Femme Digitale
10. Replace Your Face
11. This Is The Real Deal

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Clement

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Ich fühle mich zu alt