Das Jahresende nutzen traditionell viele Bands und Labels, um den Fans zwischen ihren regulären Veröffentlichungen die eine oder andere Compilation für den Wunschzettel zu kredenzen, oder kurz: Weihnachtszeit, Live-Alben-Zeit! Und so machen es dann auch STONE SOUR und hauen pünktlich zum Jahresendgeschäft mit "Hello, You Bastards - Live In Reno" ihr zweites Live-Album raus. Kann man unabhängig vom geschäftlichen Aspekt natürlich machen, schließlich hat "Live In Moscow" schon ein paar Jährchen auf dem Buckel und STONE SOUR haben ihre Diskographie seitdem um vier Alben erweitert. Schaut man sich außerdem Bands wie IRON MAIDEN und SAXON an, die gefühlt jedes zweite Konzert als Live-Album veröffentlichen, so wurde es bei Corey Taylor und Konsorten dann doch mal höchste Zeit.
Beim Blick auf die Setlist des 2018 in Reno aufgenommenen Gigs stellen wir zunächst erleichtert fest, dass alle zwingenden Hits der Band selbstverständlich vorhanden sind, daneben liegt das Hauptaugenmerk der Songauswahl erwartungsgemäß auf dem bockstarken 2017er "Hydrograd", welches zum Zeitpunkt der Aufnahme noch fleissig betourt wurde. Ebenfalls auffallen will aber auch, dass das Drittwerk "Audio Secrecy" komplett ignoriert wird, was insofern verkraftbar ist, da STONE SOUR auf ihren restlichen Alben klar das stärkere Material am Start haben.
Kommen wir zum wichtigsten Aspekt, dem Sound. Der knallt druckvoll und klar aus den Boxen und besonders die Rhythmusfraktion pumpt ordentlich, insgesamt klingt man außerdem etwas ungeschliffener als im Studio. Die Publikumsreaktionen fallen für STONE-SOUR-Verhältnisse zwar etwas zurückhaltend aus, das kann aber auch schlicht an der Lautstärke der Band liegen und ist spätestens bei "Bother" vergessen. Es spricht außerdem ebenfalls dafür, dass man es hier mit einem relativ authentischen Mitschnitt zu tun hat, an dem nicht bis zum ultimativen Stadion-Overkill herumgedoktort wurde.
Das Problemkind auf "Live In Reno" ist leider ausgerechnet Frontman Corey Taylor. Der Ausnahmesänger hatte in der Vergangenheit immer mal mit Stimmproblemen zu kämpfen und auch wenn seine Performance auf dem vorliegenden Live-Album nicht per se schlecht ist, so scheint er doch nicht seinen besten Tag erwischt zu haben. Stellenweise wirken seine sonst so starken Shouts etwas kraftlos und hier und da gerät er ins Eiern, besonders bei der obligatorischen Schunkelnummer "Through Glass" merkt man ihm an, dass seine Stimme etwas angeschlagen zu sein scheint. Leider gewinnt die Darbietung dadurch auch nicht zusätzlich an rauem Live-Charme, Taylor klingt hier einfach nur schlechter als im Studio. Wie immer ist der gute Mann trotzdem hochmotiviert, den Gig auf den Corey Taylor merklich keinen Bock hatte, habe zumindest ich noch nicht erlebt. Eine gewisse Routine ist natürlich trotzdem gegeben, die Ansagen des Herrn Taylor kennt man inzwischen halt und sein Auftreten bei STONE SOUR und SLIPKNOT unterscheidet sich eigentlich auch nur noch durch die Maskierung, Spaß scheint er aber zu haben.
Wie immer bei Live-Alben verzichte ich auf eine Bewertung nach Punkten. "Hello, You Bastards - Live In Reno" bietet einen schönen Querschnitt durch das bisherige Schaffen von STONE SOUR und überzeugt durch seinen natürlich belassenen Live-Sound, die leicht angeschlagene Stimme von Corey Taylor und die damit einhergehenden Performance-Schwankungen trüben den positiven Gesamteindruck allerdings. Für Fans dürfte das Album trotzdem ein schönes Weihnachtsgeschenk darstellen, Neueinsteigern empfehle ich jedoch, sich erstmal die regulären Alben anzuschaffen.