Plattenkritik

Sepultura - Kairos

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Release Date: 24.06.2011
Datum Review: 22.06.2011

Sepultura - Kairos

 

 

In einer „Discopogo Dingelingeling“-Zeit ist es ein unbedingtes Muss, auf altbekannte Werte zurückgreifen zu können. Daher wird mit viel Euphorie und einen gehörigen Schuss „früher war alles besser“ die neue SEPULTURA auf den Prüfstand gestellt. Früher hätte sich der Besprechende wahrscheinlich beide Eier vor Freude zum Frühstück verabreicht, heutzutage ist bei einem neuen Output der brasilianischen Thrash-Recken Ernüchterung auf der Speisekarte. Letztlich muss sich seit langem von dem Gedanken verabschiedet werden, dass das Quartett an alte Glanztage anknüpfen kann/will und es muss sich damit abgefunden werden, dass SEPULTURA ihren eigenen post-Sepplmaxe gefunden und verfeinert haben.

„Kairos“ ist dann auch so überraschend nicht (zumindest, wenn das letzte „A-Lex“ als Maßstab herangezogen wird!) manchmal ein mieses Biest geworden und kann auch mitunter innerhalb der 15. Runden zu einer kleinen Sau werden. Von hinten und von unten kommen die Kisser-Riffs respektive der treibende Bass des einzig verbleibenden Gründungsmitglieds Paulo Xisto Pinto Jr. und versohlen Hintern. Dabei legt das Quartett nicht zu viel Wert auf einen fetten, zu Tode getriggerten Sound (vor allem im Zuständigkeitsbereich der Fellverdreschung), sondern setzen vielmehr auf bodenständig raue, livehaftige und nachvollziehbare Reglerstellungen, die im Endergebnis Aggressivität schälen und damit ungeschönt freilegen. Auf „Kairos“ kann auch Sänger Derrick Green wieder einmal punkten. Nach wie vor ist seine Performance das Zünglein an der Waage, denn (Vorsicht bitte: Pure Geschmackssache!!!) seine Hardcore Timbre ist für viele ein Hauptgrund einer Ablehnung gewesen. Eigentlich zu Unrecht, wenn beispielhaft „Mask“ zu Hilfe gezogen wird.

Das 12. Studioalbum zeit vor allem eine abwechslungsreiche (schnell, technisch, Double Bass und verspielt), Energie geladene und verdammt experimentelle Band. Letzteres wurde zum Beispiel durch die MINISTRY Hymne „Just One Fix“ zementiert, die mehr als gelungen interpretiert wurde. Auch nehmen sie den Industrial Groove des eben Genannten Gassenhauers auf und benutzen ihn bei „Structure Violence (Azzes)“ als Steilvorlage, um ihrerseits die Herzgeräusche eines Maschinenschlossers zu interpretieren. Mit zwei dreißig Sekunden Appetizern „2011“ und „1433“ vorbereitet steht mit „4648“ eine Abwandlung des THE PRODIGY Klassikers „Firestarter“, der schlüssig und ungemein heavy in den SEPULTURA eigenen Sound anno 2011 gegossen wurde. Und: Tracks wie „Relentless“ oder „Seethe“ zeigen eindrucksvoll, warum SEPULTURA mal auf dem Thrash-Olymp waren.

Insgesamt haben SEPULTURA mit „Kairos“ ein gegen die Langeweile strotzendes Album erschaffen, dass die Band in einem hungrigen und noch längst nicht am Ende ihres Schaffens angelangtem Zustand zeigt. Wie auch immer die Einstellung zu den Brasilianern gewesen ist, mittlerweile sollten Altfans der Band mal wieder eine Chance geben und Fans die Band umso mehr <3<3<3!

Tracklist:
1. Spectrum
2. Kairos
3. Relentless
4. 2011
5. Just One Fix
6. Dialog
7. Mask
8. 1433
9. Seethe
10. Born Strong
11. Embrace The Storm
12. 5772
13. No One Will Stand
14. Structure Violence (Azzes)
15. 4648

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Clement

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Ich fühle mich zu alt