Plattenkritik

Strike Anywhere - Iron Front

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Release Date: 06.10.2009
Datum Review: 04.10.2009

Strike Anywhere - Iron Front

 

 

Happy Protestmusik revisited. STRIKE ANYWHERE melden sich furios und mit einem fetten Grinsen im Gesicht zurück. Die geballte Faust in der Tasche, Melodien für Millionen im Gepäck, agitationsfreudig wie eh und je. Das stahlharte Gehäuse will schließlich immer noch aufgebrochen werden.

Der Feind lauert in den Strukturen. Das ist mal klar. Dieser eine Texaner war damals höchstens der größenwahnsinnige gemeinsame Nenner, ein dankbares kollektives Feindbild, die Aufräumarbeiten indes gehen weiter. Die Themen in STRIKE ANYWHEREs (mittlerweile bei Bridge 9 untergekommen) Protestkanon scheinen sich somit nicht großartig verschoben zu haben. Immer noch „privacy invasions, the press dilates, a glamorous, divisible United States“. Überwachungsstaat, Kriegstreiberei, Working Poor, Flüchtlingsproblematik und der Kerngedanke, dass man die Gesellschaft nicht besser einrichtet, indem man sich in ziellosen Hedonismus flüchtet und alles ironisiert. Die Richmonder waren seit jeher nicht um das Wissen der Wichtigkeit einer gut gesetzten Parole verlegen. Neu ist das nicht. Verdammt packend, intensiv und richtiggehend befreiend umgesetzt, das ist es schon, wenn sie zum wiederholten Male hymnisches Kapital anhäufen, selbiges im Vorfeld natürlich politisch aufladen. Man könnte jetzt dahingehend argumentieren, dass eine Band wie STRIKE ANYWHERE niemals überflüssig würde, da sich (je nach Betrachterstandpunkt) die herrschenden Zustände ohnehin nie völlig zum Guten kehrten. Auch dass sie als Medium immer noch die rasend schnelle Hymne wählen, mit gallopierendem Schlagzeug, passend und fett gesetzten Chören und dem unverwechselbar leidenschaftlichen Schreigesang Thomas Barnetts, der (zumindest auf Platte) so scheinbar federleicht von total empört zu zuckersüß umzuschlagen vermag, wäre verzeihbar. Die Waffen, sie müssen die gleichen bleiben. Das Beste aus hymnischem Punk und melodischem Hardcore eben. Oder halt umgekehrt. In den Zwischenräumen hingegen wurde aufgeräumt. "Iron Front" ist das Album, das eigentlich nach "Exit English" hätte kommen müssen. Mehr klassische Hardcore-Elemente, mehr euphorische Melodik. Die zwei Arten von Songs a) sehr schnell ('Invisible Colony', 'Hand Of Glory', 'Omega Footprint') und b) die eher introspektiven, euphorisch-düsteren Nummern ('First Will And Testament', 'Western Scale') machen ihnen auf diesem schwindelerregend hohen Niveau nicht viele nach. Und ist es eigentlich der Kern ihrer Subversion, wenn STRIKE ANYWHERE den härteren Teil der Message stets in kleine, hochmelodische Bomben packen, die dann später im Gedächtnis zünden und detonieren ('The Crossing')? Oft erwischt man sich selbst dabei, eine bestimmte Passage laut oder in Gedanken mitzugröhlen. Die Bedeutung hingegen wird oftmals später klar. So schleichen sich Thomas Barnett und Co. in unsere Köpfe. Und wir fühlen uns nicht unbedingt schlecht dabei. Dieses Stilmittel haben sie auf "Iron Front" richtiggehend perfektioniert. Sie hatten schließlich zehn Jahre zeit dafür. So jedenfalls lässt sich angemessen in eine verbesserungswürdige Zukunft schauen. Und zwar völlig unironisch.

Tracklist:

01: Invisible Colony
02: I’m Your Opposite Number
03: South Central Beach Party
04: Failed State
05: Hand Of Glory
06: The Crossing
07: Spectacular
08: Blackbirds Roar
09: Omega Footprint
10: Summerpunks
11: First Will And Testament
12: Western Scale'
13: Postcards From Home

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René

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