Plattenkritik

The Gaslight Anthem - American Slang

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Release Date: 18.06.2010
Datum Review: 01.06.2010

The Gaslight Anthem - American Slang

 

 

Die Leuchttürme, der Niedergang, die klare Unterteilung in die Guten und die Bösen, die Leidenschaft, das Ding dennoch bis zum bitteren Ende durchzuziehen: THE GASLIGHT ANTHEM stricken auch auf Album Nummer zwei nach dem Überdebüt punchlos an ihrem eigenen Mythos. Punchlos? Soul ersetzt die Faust in der Tasche. Kopf durch die Wand ist für die anderen.

Man könnte sich einen Spaß daraus machen und ständig wiederkehrende Motive im irgendwie sympathisch-anachronistischen THE GASLIGHT ANTHEM-Kosmos herauspicken, sie zwei bis dreimal gegen das Licht halten, drehen und schauen, ob da nicht doch irgendwie der Klischee-Teufel seine hässlichen Flossen im Spiel hatte. Aber warum, wenn Souljunge Brian Fallon und seine betont bodenständigen Mitstreiter uns auf einem derart hohen Niveau davon abhalten zu erkennen, dass unsere hochtechnisierte Welt so ziemlich genau das Gegenteil von ihren kleinen Lebensgeschichten darstellt. Auf "American Slang" klingt das meiste zunächst wie erwartet, allerdings ist eine Weiterentwicklung unverkennbar. Das möchte erklärt werden. Da sind diese Zeilen, die wir geringfügig variiert bereits von ihnen gehört haben. „I got your name tattooed inside of my arm“, das ist ihre Ewigkeit. “Don’t write me no more letters, my mailbox is full of bombs”, das ist ihr Verlust.

Im Spannungsfeld dieser beiden zitierten Songs ('American Slang' und 'We Did It When We Were Young') bewegen sich die Protagonisten auf THE GASLIGHT ANTHEMs Drittwerk. Und mit ihnen der passende Soundtrack, der ja immer auch betont wie gut das alles eigentlich ist. Das Glück residiert in den Zwischenräumen. Der Opener marschiert beinahe folkig durch die Schicksale uns (noch) unbekannter Menschen, wächst und wächst und wächst und gemahnt direkt zu Beginn daran, wie sehr wir in bestimmten Lebenslagen doch auf Brian Fallons Stimme angewiesen sind. Dass THE GASLIGHT ANTHEM jedoch wirklich einmal einen Song für die Ewigkeit schreiben würden, der eben nicht aufs bloße Fäusterecken abzielt und quasi im Vorbeigehen den Boss (diesmal wirklich) in die ausgebeulte Tasche steckt und vielleicht sogar Männer mit so furchtbar affektierten Schlagring-Tattoos zum Heulen bringt, das war nicht so ohne weiteres zu erwarten. 'We Did It When We Were Young' macht am Ende des Albums den Sack zu, schnürt fette Knoten in Hälse vollends Abgeklärter und endet exakt an jener Stelle, an der andere mit einem solchen Refrain ins Stadion eingefallen wären. Das ist ihr Sieg. Und dazwischen? Stücke mit der Unbeschwertheit von Straßenmusik ('The Diamond Church Street Choir'), beschwingte verdichtete Hymnen ('Boxer'), eher Vergängliches ('Bring It On') sowie clevere, soulgetränkte Reduktion ('The Queen Of Lower Chelsea'). Und wir? Wir vergessen jetzt einfach mal alles, was wir über unsere moderne Welt zu wissen glauben. THE GASLIGHT ANTHEM erzählen einfach die zeitloseren Geschichten.

Tracklist:

01: American Slang
02: Stay Lucky
03: Bring It On
04: The Diamond Church Street Choir
05: The Queen Of Lower Chelsea'
06: Orphans
07: Boxer
08: Old Haunts
09: The Spirit Of Jazz
10: We Did It When We Were Young

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René

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