Plattenkritik

Watain - Lawless Darkness

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Release Date: 07.06.2010
Datum Review: 28.07.2010

Watain - Lawless Darkness

 

 

E., P. und H. sind so etwas wie die Sternstunde im Black Metal, zumindest sehen sie sich selber so. Im Untergrund brodelt es, wenn WATAIN Alben veröffentlichen, als Referenz des puren, nihilistischen, schlicht „wahren“ Black Metals werden die Schweden tituliert. Interviewantworten wie “Ich befinde mich gerade in einem erleuchtenden Stadium zwischen Leben und Tod“ (auf die Frage des Befindens) oder “Aber genau in dem Moment seines endgültigen Niederganges, wenn all seine vorherigen Repräsentanten entweder Homosexuelle, Geschäftsmänner oder Rockstars geworden oder – bei einigen wenigen respektablen Fällen – tot sind, kommen WATAIN zurück, um die Lichter des Feuers der Unterwelt erneut zu entzünden“ (auf die Frage danach, warum der Black Metal tot sei und WATAIN dessen Wiedergeburt verkünden) zeigen deutlich, dass das Trio nicht alle beisammen zu haben scheint. Promomaschinerie? Meinen die das wirklich so?

Völlig egal, denn klar ist, WATAIN wollen nicht spaßen, sie meinen es verdammt ernst. Aussagen wie “Also ja, in diesem Sinne, es ist Zeit, den Black Metal an seinen Wurzeln auszureißen und in neue, fruchtbare Erde zu pflanzen. Und das Blut der Unreinen soll diese missgebildete Pflanze wässern... Und sie soll wachsen und das Fundament des Paradieses quälen, kreuzigen und töten“ nähren die immer wieder aufkeimende Diskussion nach rechten Gesinnungen innerhalb der Black Metal Szene. Wenn dann auch noch renommierte Metal-Magazine unreflektiert eingreifen und Sätze wie „Es gib nicht viele „reinrassigere“ Black-Metal-Bands wie WATAIN aus Schweden, die nicht nur ideologisch, sondern auch musikalisch zur absoluten Elite zählen und die Schöngeister dieser Welt seit zehn Jahren in den Wahnsinn treiben“ als Einleitung für ein Interview-Intro wählen, dann darf ab hier nicht weitergelesen, sondern sofort eine Leserbeschwerde aufgesetzt werden. Natürlich schreibt das Leben nicht nur Liebesbriefe, aber „reinrassig“ und „ideologisch“ in einem Satz als Beschreibung einer Band zu benutzen, die sich selber als „Wiedergeburt des Black Metals“ sieht, ist in Anbetracht der Entwicklungen der letzten Jahre im Black Metal Untergrund mehr als fragwürdig und äußerst unreflektiert.

Warum also überhaupt einer Band wie WATAIN eine Plattform bieten? Totschweigen ist eine Sache, die nicht im Sinne des gesunden Menschenverstands sein kann. Daher solltet ihr dieses „Review“ zum Anlass nehmen, euch (noch) eindringlicher mit der Materie Black Metal, den Hintergründen, dem Beginn und der eigentliche Absicht der ersten Bands dieser Richtung (stellvertreten seien BATHORY erwähnt) zu beschäftigen. Und den Auswüchsen in Richtung NSBM kein Einhalt zu gebieten, auch wenn hier WATAIN nicht direkt in diese Ecke geschoben werden soll und darf, muss doch ob solcher Aussagen vor geistigen Strömungen und Sympathien dahin gewarnt werden. Auch immer mehr Hardcore Bands beschäftigen sich heutzutage mit der Radikalität der die Black Metal Szene charakterisierenden Vorfälle Anfang der 90er Jahre in Norwegen (Stabskirchenbrände, Ermordung von Menschen im Sinne einer Ideologie) und sind musikalisch von der Kälte und dem praktizierten Hass fasziniert. Daher ist es wichtig, sich eindringlich mit der Musikrichtung Black Metal zu beschäftigen, bevor ein Album dieses Genres abgefeiert wird. Dieses Vorgehen soll aber nicht nur beschränkt sein auf die „dunkle“ Szene, sondern ist allgemein wichtig, sich einfach mehr mit der Materie „Musik“ zu befassen, nicht nur zu konsumieren. Die heutige Zeit scheint prädestiniert dafür zu sein, oberflächlich an Sachen heranzugehen. Vorbei scheint die Zeit, als sich noch mit einem Wörterbuch abends vor den Plattenspieler gesetzt und das Booklet der Helden übersetzt wurde. Da schließe ich mich mit ein. Oft siegt bei mir die Bequemlichkeit vor dem intensiveren Blick hinter die Kulissen.

Eins noch: Das abschließende „Chains Of Death“ ist ein Covertrack von DEATH SS, der seit 1977 bestehenden italienischen Band also, die eigentlich IN DEATH OF STEVE SYLVESTER heißt und seit ihrem ersten Album 1987 für Verwirrung wegen des Namens sorgt. WATAIN wollen zum Teufel komm raus Bestandteil einer Diskussion sein und liefern immer weiteren Nährboden dafür.

Tracklist:
01 - Death's Cold Dark
02 - Malfeitor
03 - Reaping Death
04 - Four Thrones
05 - Wolves Curse
06 - Lawless Darkness
07 - Total Funeral
08 - Hymn To Qayin
09 - Kiss Of Death
10 - Waters Of Ain
11 - Chains Of Death

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Clement

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Ich fühle mich zu alt