Es gibt kaum eine Veröffentlichung die mit kontroverseren Kritiken empfangen wurde als "In.ter a.li.a" von AT THE DRIVE IN. Während “Exclaim” das Album mit den Worten „in.ter a.li.a feels like a band trying to recapture the sound of their youth” abstraft, feiert es “The Line of the Best Fit” mit der Quintessenz “In.ter a.li.a is better than we dreamed it could be. Prepare to fall in love all over again.“
Da das Album nun schon eine Woche zur Verfügung steht, bin ich mit dieser Rezension spät dran und deswegen nicht unvoreingenommen. AT THE DRIVE IN haben mich 2002 in der chilenischen Provinz abgeholt. Genauer gesagt waren es zwei mp3-Dateien in 64-kbps-Qualität, die ich von meinem Nachbar auf einer LAN-Party herübergeschubst bekam. Die Namen „One Armed Scissor“ und „Pattern Against User“. Der brachiale und mysteriös frische Sound dieser Lieder fesselte mich auf Anhieb, sodass ich keine Mühen scheute, mehr über diese Band herauszufinden. Und obwohl ich AT THE DRIVE IN nie zu meinen Lieblingsbands gezählt habe, war ich gespannt, mit was die aufgelösten, zur Seite gesprungenen und wiedervereinten Herren aus El Paso 15 Jahre später um die Ecke kommen würden.
Ich habe die beiden oberen Zitate ausgewählt, da sie meiner Meinung nach treffend sind. Wenngleich das erste destruktiver Art sein soll, lässt es sich zum Positiven wenden. Was hätten die Kritiker gesagt, wenn das Comeback in Form einer völlig neu erfundenen Band dahergekommen wäre? Was hätte die Indie-Alternative-Polizei nicht gelästert?
Meines Erachtens ist "In.ter a.li.a" genau der richtige Weg, um als mit Legendenstatus ausgestattete Band zurückzukehren. Das Album ist energetisch, technisch versiert, die Aufnahme klingt zeitgemäß und weiß gleichzeitig Altbewährtes mitzutragen. Manche würden es Recycling oder Selbstkopieren nennen, doch das wäre ein Irrtum, da kein Song auf dem Album an einen bereits bestehenden erinnert. Musikalisch bewegt sich das Album zwischen Hardcore und Math-Rock. Schräge Gitarrenriffs und Drum Breaks werden von treibenden Abschnitten abgelöst. In den Phasen, in denen die Instrumente Luft schnappen, um sich erneut zu finden und aufzubauen, streut Bixler seine diagnostischen Texte ein. Buzzwords wie "Gentrification" stechen ab un an aus den durchs bloße Hören nicht sofort erschließbaren Lyrics hervor. Was hier keineswegs bemängelt werden soll, denn auch nach 17 Jahren Veröffentlichungspause ist diese AT THE DRIVE IN-Stimmung vertreten, die mich schon vor 15 Jahren in ihren Bann gezogen hat und zwischen FOO FIGHTERS und BLINK 182 hat aufhorchen lassen. Ebendiese Stimmung können die Texaner immer noch einfangen, aktuell und ungezwungen klingen lassen. Deswegen „Prepare to fall in love all over again.“