Plattenkritik

BETRAYAL - Disorder Remains

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Info

Release Date: 16.04.2021
Datum Review: 31.03.2021

Tracklist

 

1. Ignite
2. Rise
3. War
4. Ghost Of Mind
5. The Manifest
6. Lost Promises
7. Disorder Remains
8. Chaos Reigns
9. Devouring Nothingness
10. Dooming Diversions
11. Insanity
12. Greed & Oblivion

Band Mitglieder

 

MANUEL KOMANDER - Drums
ALEX BURKL - Guitar + Vocals
BASTI KRAUS - Lead Guitar
PHIL VALENTA - Bass Guitar

BETRAYAL - Disorder Remains

 

 

Metal aus Aschaffenburg ist mittlerweile eine Marke geworden. Da scheint eine aktive Szene mit gegenseitiger Unterstützung zu existieren. So verwundert es kaum, dass ein dort ansässiger Spross namens BETRAYAL eine professionelle Promoarbeit aufzieht und sein kommendes - We can't wait to release this beast of an album -  „Disorder Remains“ mit stolzer Brust bewirbt. Und als Rezensent gibt es nichts Vollkommeneres, als diesen Elfmeter zu verwandeln.

Im Abschnitt „Influences“ des Begleitschreibens zur Albumveröffentlichung wird zunächst darauf hingewiesen, dass für den technischen Death Metal die Urväter des Genres DEATH, für die Atmosphäre BEHEMOTH (und für das blackig angehauchte Shouting, dass ein wenig und wohlig an Mr. Walker von CARCASS erinnert …) und für den schwedisch melodischen Death Metal AT THE GATES Pate standen. Und auch MISERY INDEX ins Feld geführt, wobei darauf später noch eingegangen wird. Jetzt könnte dieses Aufzählung vielleicht den Eindruck erwecken, BETRAYAL klängen wie ein Abklatsch dieser eben genannten Größen, aber mitnichten, denn aus diesen Samen sind eigenständige Pflanzen gewachsen, die sich aus den Fängen der Metal Sozialisation Richtung neuer Ufer freischwimmen konnten. Somit ist nur deshalb darauf eingegangen worden, um im Vorfeld keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, wie hoch die Trauben bei diesem Album bezüglich technischem Anspruch, musikalischer Versiertheit und songwriterischem Können hängen. So hoch, dass bisher in 2021 noch kein anderes Album diesen Bastard das Wasser reichen konnte.

Ein mächtiges Album benötigt einen bombastischen Einstieg. Das Orchestrale hätte auch in Ben Hur den Einmarsch der Streitwagen zum Wagenrennen ins Kolesseum zu Rom begleiten können. Die Abfahrt beginnt mit „Rise“, und der Track zeigt gleich, wo der Death seinen Metal hat. Hier fällt bereits die organisch drückende Produktion ins Ohr, für die sich im Allgemeinen das „Unleash The Sound Studio“ und im Besonderen „Sky Van Hoff“ verantwortlich zeigte. BETRAYAL sezieren im Folgenden die extreme Seites des Metals und offenbaren bei aller Liebe zur Rasantheit, Harschheit und Vehemenz ein Gespür für schlüssige Songs und variieren immer wieder die Geschwindigkeit, so dass sich der Hörer nie in Sicherheit wiegen kann, von welcher Seite die Kugeln einschlagen. Gekonnt wie im bereits auf Spotify zugänglich gemachten „War“ zelebriert das Quartett bei aller Old School-Hingabe den inneren Drang, mit modernen Elementen Haken zu schlagen. So ist es kein Wunder, dass sie im Infosheet MISERY INDEX als ihren Wegweise zum traditionellen Death Metal erkürten, eine Band, die Anfang 2000 selbst der Death Metal-Tradition zu einem neuerem, nach Frische duftenden Gewand verhalfen. So ist es vor allem der Groove, der sich in den einzelnen Songs niederlässt, um zusammen mit frischen, modernen Elementen die Tracklist aufzupolieren. Als Beispiel sei „Lost Promises“ erwähnt. Der Beginn klingt wie ein instrumentales Metal-Sommermärchen, dass sich nach 40 Sek. in ein Trash-Inferno verwandelt, um sich danach in bester MALEVOLENT CREATION-Manier in einer Blastorgie zu suhlen, bis der harte Breakdown kommt, nach dessen Genuss der Hörer das, was von seinem Zimmer noch übrig ist, zerlegt.   

Wo andere Alben oftmals vorne hui und hinten mehr pfui sind, offenbart dieses Biest eine weitere Grandiosität. Denn zum Ende hin wird der Vorhang mit dem titelgebenden Song „Disorder Remains“ noch einmal etwas mehr geöffnet, so dass der Hauptfilm weitere Einblicke in seine Szenerie zulässt. Hier offenbaren BETRAYAL die ganze Bandbreite ihres Könnens und legen ihre Dienste ohne Anbiederung in das Metalmainstream-Regal, so dass der geneigte Hörer nur zugreifen und genießen muss. Das dann folgende Instrumental leitet das furiose Finale ein, in dem vor allem die Intrumentalfraktion im Gitarrenbereich durch Licksblicke mit Ideenreichtum bestrahlt werden. Und mal wieder so einen Übersong wie das alles abschließende, zumachende und verriegelnde „Greed And Oblivion“ zu schreiben würde Nergal BETRAYOMOTH ans Kreuz nageln.

Mit „Disorder Remains“ haben BETRAYAL nichts Geringeres als ein Albumhighlight in 2021 erschaffen (2020 waren es übrigens BURDEN OF LIFE mit „The Makeshift Conquerer“!), dass neben Aschaffenburg sogar die Marke „Death Metal ‚Made in Germany‘“ aufpolieren und vor allem bezüglich Ideenreichtum und spielerischer Finesse zu neuem Glanz verhelfen wird. Gefühlter Kniefall und großer Respekt dafür!        

P.S.: „Disorder Remains“ hat nichts anderes als die Höchstnote verdient. Der einzige Grund, diese zu verweigern, wäre, BETRAYAL zu symbolisieren, dass das nächste Album dieses toppen müsste. Oder der Band zu suggerieren, dass noch Briketts im Keller liegen, die das nächste Mal im Ofen landen könnten. Wie auch immer, falls dieses Werk von der Band getoppt werden sollte, dann muss eben die Höchstnote um einen Punkt anwachsen.

 

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Clement

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Ich fühle mich zu alt