Mit "Automata II" setzen BETWEEN THE BURIED AND ME nun endlich ihren im Frühjahr begonnenen dystopischen Zweiteiler fort. Worum sich das Konzeptwerk inhaltlich dreht könnt ihr in der Rezension zu "Automata I" nachlesen. Streitbar bleibt sicherlich weiterhin, ob man die beiden Scheiben nicht auch gleich gebündelt als ein in zwei Akte unterteiltes Gesamtwerk hätte veröffentlichen können, denn wie schon sein Vorgänger kommt auch "Automata II" nur knapp über die 30-Minuten-Marke und beide Alben hätten problemlos auf einen Tonträger gepasst. Ich persönlich halte die Veröffentlichung im Häppchenformat allerdings in soweit für sinnvoll, da meine Aufmerksamkeitsspanne grade bei so komplexem Material wie dem von BETWEEN THE BURIED AND ME über einen längeren Zeitraum manchmal etwas leidet. Bei zu viel Input auf voller Albumlänge geht mir dann einfach manchmal der Faden verloren, so toll das Dargebotene auch ist.
Ebenfalls für eine getrennte Veröffentlichung spricht die Tatsache, dass "Automata II" trotz des konzeptionellen Zusammenhangs ein etwas anderes Biest als der Vorgänger geworden ist. Wo auf "Automata I" mit Industrial-Einlagen und chaotischen Mathcore-Ausbrüchen ein kühler und eher düsterer Grundton vorherrschte, wirkt die Fortsetzung nun im Vergleich filigraner, lässiger und beim ersten Höreindruck sogar positiver, wobei die Fassade der heilen Welt doch immer wieder Risse zeigt.
Der Opener "The Proverbial Bellow" ist bei über 13 Minuten Spielzeit jedenfalls schon mal eine ziemliche Hausnummer. Mit irren Gitarrenläufen, originellem Hammond-Orgel-Einsatz und engelsgleichem Klargesang wirkt die Nummer passend zum Konzept über weite Strecken richtiggehend traumwandlerisch. Nur schubweise zeigt die Realität ihre hässliche Fratze in Form von harschen Shouts und energischen Groovegebilden.
Nach diesem Parforceritt bietet "Glide" zwischen Zirkusmelodie und theatralischer Ballade ein kurzes Ruhepäuschen, bevor "Voice of Trespass" mächtig swingend mit Bläsern und Big-Band-Flair überrascht. Richtig lässig wirkt die Nummer zunächst, bis das Ganze zur Mitte hin in einem Sturm aus wüsten Shouts und chaotischen Riffs explodiert, Sänger Tommy Rogers darauf zu schweren Grooves "wake up" skandiert und schließlich die finstere Realität des Schauspiels offenbart. Hier scheint Devin Townsend seine Spuren hinterlassen zu haben, erinnert "Voice of Trespass" doch teilweise stark an dessen verrückte Klangorgien.
Das abschließende "The Grid" geleitet den Hörer insgesamt wieder etwas ruhiger aus dem ambitionierten Kozeptwerk, jedoch keineswegs langweilig. Es herrscht die getragene Atmosphäre eines großen Filmsoundtracks vor, allerdings gibt es in den fast 10 Minuten Spielzeit genug Platz für vertrackte Rhythmus-Akrobatik, komplexe Riffkaskaden und markante elektronische Spielereien. Shouts werden wie auf der gesamten Platte eher punktuell und zweckdienlich eingesetzt, was absolut in Ordnung geht, denn Tommy Rogers Klargesang ist erstklassig.
Das war er nun also, der wilde Ritt durch eine dystopische Zukunft à la BETWEEN THE BURIED AND ME. Insgesamt hat mir "Automata I" zwar minimal besser gefallen, dennoch schließt "Automata II" das Konzept mehr als rund ab. Das Gesamtwerk untermauert durch unkonventionelles Songwriting und unbändige Kreativität erneut den Status der Amerikaner als eine der aktuell wichtigsten und innovativsten progressiven Metalbands. Alte Plazthirsche wie DREAM THEATER werden sich da in Zukunft ganz schön warm anziehen müssen, denn der Thron gehört BETWEEN THE BURIED AND ME.