Plattenkritik

H2O - Don’t Forget Your Roots

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Release Date: 18.11.2011
Datum Review: 26.10.2011

H2O - Don’t Forget Your Roots

 

 

Resteverwertung im Big Apple? Ideenlosigkeit gar?! Zeitgleich mit ihren damaligen Quasi-Ziehvätern SICK OF IT ALL veröffentlichen die Posi-Könige von H20 ein Album, das sie nicht erst selbst schreiben mussten. Jagen Lou Koller und seine Alleyway-Crew eigenes Liedgut durch den Tue Madsen-Teilchenbeschleuniger, gibt es bei H20 einen kleinen, höchstsubjektiven Abriss der Punk/Hardcorehistorie. Sie nennen es Coveralbum. Und covern können sie.

H20 waren ja irgendwie schon eine Band der Vergangenheit, bevor sie so richtig loslegten. Groß, breit und sehr auskünftig schmierte Toby Morse (ehemaliger Roadie der wunderbaren Hardcore-Band SICK OF IT ALL, from New York City) so ziemlich jedem auf’s Brot, wer seine Band wann und wie geprägt hatte. Dabei hörte man das doch auch so. In den zwingenden Songs der Band. H20 sind ja seit jeher wahre Punk/Hardcoreidentitätenbastler gewesen. Wenn auch sehr authentische. Aus ihrer Heimat New York City hatten (und haben) sie die abgeschürften Ellenbogen, den Punch, den Milieuhabitus, die Straßenweisheit, den Flammendeherzenspielkartenwürfelquatsch. Von der Westküste der 2. Und 3. Generation die Sonne im Herzen und diese verflucht eingängigen Gesangsharmonien. Aus Washington, DC zumindest noch den ideologischen Überbau. Drug free und so. Das darf heuer sogar der Sohnemann von Toby Morse zwischen den Songs skandieren. Dann war da noch diese absolut passgenaue Coverversion des MARGINAL MAN-Klassikers 'Friend' (auf "Thicker Than Water"). H20 coverten damals so gut, dass es wohl nur den Wenigsten aufgefallen sein dürfte. Die Geschichte mit Frau Ciccone kehren wir jetzt mal geflissentlich unter den Teppich.

Und heute? Sagen wir mal so: H20 bleiben mit einigen Abstrichen tadellose Geschichtslehrer. Vor allem auf der melodischen Seite gewinnen sie durchgängig. Eigentlich werden hier keine Lücken gelassen. Alle Küsten, beinahe alle Subgenres, die Idee, dass Hardcore ohne Punk nicht zu denken ist. Die Songauswahl daher: stimmig, wenn auch für Kenner der Materie kaum überraschend. Aber mal ganz ehrlich, ein LUNGFISH-Cover dürfte jetzt auch niemand ernsthaft erwartet haben, oder? Paul Miner jedenfalls hat Ikonen wie das Matt Freemansche Bassrodeo 'Journey To The End Of The East Bay' (RANCID, logisch), DAG NASTYs 'Safe', das H20 vor allem tempomäßig geradezu auf den Leib geschneidert wurde, die aufgekratzte Hibbelhardcoreblaupause 'Attitude' (BAD BRAINS) oder das sonnenverwöhnte 'Satyagraha' (7 SECONDS) erfreulich trocken und nicht zu aufdringlich in Szene gesetzt. H20 kennen ihre Pappenheimer. Die meisten davon sind schließlich mittlerweile persönliche Freunde. Schwierig wird es bisweilen, wenn es ums Markante im Heimeligen geht. Denn es ist natürlich so, dass Toby Morse weder den nöligen Greasersoul hat von Mike Ness, noch das Proletenorgan von Freddy MADBALL. Weder die Nerd-Affirmation der DESCENDENTS, noch den Rotz eines Keith Morris (das CIRCLE JERKS-Cover auf der "California" 7"). Interessant bleibt auch das Auslassen MINOR THREATs zugunsten von EMBRACE. Eine kleine Lehrstunde in Sachen originären emotionalen Hardcores? Wer weiß. Die deutlich harmonieverliebte (BAD RELIGION-„Oooohs and Aaaahs“, anyone?!) H20-Version von 'Said Gun' zählt jedenfalls zu den klaren Highlights. Auch die Annäherung an VERBAL ASSAULT samt dramatischem Pianointro funktioniert erstaunlich gut. Allein ob seiner prägnanten, hohen Stimme, die eher für’s Hymnische gebaut wurde, restauriert Morse vornehmlich aus den melodischen Klassikern neues H20-Liedgut, das in keinem Set der Band negativ auffallen würde. Eher im Gegenteil.

Über Sinn und Widersinn von Coveralben dürft ihr dann gerne mit der Band persönlich diskutieren. Aber Achtung: Harley Flanagan, Hoya und irgendwer von den frühen WARZONE könnten durchaus in der Nähe sein. Und jetzt: Bauarbeiterchormodus on: „Roots…Don’t forget your…roots.“ Und Raybeez dann so von oben: „Don’t forget the struggle, don’t forget the streets.“ We are a big happy family. Ohne Wertung.


Tracklist:

01: BAD BRAINS – Attitude
02: 7 SECONDS - Satyagraha
03: MADBALL – Pride
04: DESCENDENTS – Get The Time
05: EMBRACE – Said Gun
06: RAMONES – I Wanna Live
07: GORILLA BISCUITS – Cats And Dogs
08: MIGHTY MIGHTY BOSSTONES -
09: RANCID - Journey To The End Of The East Bay
10: DAG NASTY – Safe
11: SOCIAL DISTORTION – Sick Boy
12: SICK OF IT ALL – Friends Like You
13: THE CLASH – Train In Vain
14: VERBAL ASSAULT – Scarred
15: WARZONE - Don’t Forget the Struggle, Don’t Forget the Streets

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René

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