Plattenkritik

La Dispute - Somewhere At The Bottom Of The River Between Vega And Altair

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Release Date: 24.11.2008
Datum Review: 04.04.2010

La Dispute - Somewhere At The Bottom Of The River Between Vega And Altair

 

 

“I think I saw you in my sleep, darling. I think I saw you in my dreams. You were stitching up the seams on every broken promise that your body couldn´t keep! I think I saw you in my sleep. I thought I heard the door open, oh no, I thought I heard the door open but I only heard it close. I think you saw me confronting my fear, it went up with the bottle and went down with the beer.“ („Such Small Hands“)

Kennt nicht jeder von uns das Gefühl, als würde ihm alles aus der Hand gleiten und mit einem Schlag alles verloren zu haben? Die Momente, die einem das Leben zur Hölle machen und einem zeigen, dass es einfach nichts bringt die verdammte rosarote Brille zu tragen, da sie eigentlich doch nur Scheuklappen gleicht und die Wahrnehmung beeinträchtigt. Momente, die einem mit geballter Faust gezielt ins Gesicht schlagen, mit nur einem Treffer die Nase brechen und wenn man dann hilflos und blutend am Boden liegt immer weiter auf einen eintreten, bis man sich nicht mehr bewegt. Auch LA DISPUTE kennen diese Momente nur zu gut und haben sie sowohl musikalisch als auch lyrisch in einer Art Konzeptalbum verpackt und verarbeitet. Dabei bewegt sich „Somewhere At The Bottom Of The River Between Vega And Altair“ auf einem mehr als schmalen Grat zwischen klassischem vertrackten Screamo und Post-Hardcore – nie zu hart und doch zu jeder Sekunde mehr als intensiv und ergreifend. Dabei wirkt es meist so, als würde die Band einfach improvisieren und drauf los spielen, um ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen. Die Musik erfährt dadurch ein hohes Maß an Klasse, wie man es selten erlebt. Dennoch, das Hauptaugenmerk liegt auf den mehr als ehrlichen Texten, die den Verlust eine geliebten Menschen widerspiegeln und authentischer nicht vorgetragen werden könnten. So wird nur gebrüllt, wenn es die Textzeilen verlangen, dann aber in einer MODERN LIFE IS WAR´schen Verzweiflung, die einem die Gänsehaut über den gesamten Körper jagt. Der Rest wird zumeist in einer Spoken-Word-Abart vorgetragen, was den Charakter des Geschichten-Erzählens nur noch verstärkt und somit der bitteren Realität nicht näher kommen könnte.

"I guess love's a funny thing! The way it fades away without a warning. It doesn't ask to be excused. And when it's gone, oh, it's gone, and it ain't ever comin' back. There is nothing you can do to save it, to make it breathe the way it did when you were sliding on the ring. Trust me: It's gone for good. („New Storms For Older Lovers“)

Man liegt am Boden und das Leben tritt immer noch unaufhaltsam auf einen ein. Unfähig sich dagegen zu wehren, lässt man die Tortur über sich ergehen, in der Hoffnung, dass das alles irgendwann eine Ende findet – egal ob gut oder denkbar schlecht. Man will einfach nur, dass es endet. Die Seele schmerzt, das Herz wird in seine Einzelheiten zerlegt und das Weltbild komplett umgekrempelt. Während Jordan Dreyer die Gedanken, die man sich in solchen Momenten selber macht, entrückt und zerbrechlich wirkend durch die Gegend schreit, dabei von fast disharmonisch wirkenden Gitarren untermalt wird, die einfach mal das machen, was ihnen gerade in den Sinn kommt, merkt man, dass man nicht alleine ist. Immer wieder folgen unerwartete Melodiebögen oder akustisch gehaltene Momente, die fast ins Uferlose laufen, bis es wieder einen der schwer verdaulichen Ausbrüche gibt, die einen ein weiteres Mal zerstören.

„I wasn´t happy! I wasn´t happy where I was! What is life without purpose? What is purpose without love? („Sad Prayers For Guilty Bodies“)

Und irgendwann kommt die Erkenntnis, dass es voran gehen muss. Die Erkenntnis, dass es so nicht weiter geht. Der erhobene Zeigefinger, der einen dazu zwingt sich aufzuraffen, nach vorne zu schauen, ohne die Vergangenheit zu vergessen. Verarbeitung vs. Verdrängung. Wir befinden uns in einer Gesellschaft, in der es nur noch darum geht, zu funktionieren, nicht darum, wie es einem wirklich geht. Man muss zurück auf die Beine kommen, den Schritt zurück ins Leben wagen um nicht komplett unter zu gehen und in Vergessenheit zu geraten. LA DISPUTE schreien es heraus und zeigen einem, wie es funktionieren kann. Sie helfen einem, wieder zurück zu kommen, zurück aus der Höhle, die man sich selber gebaut hat und in der man sich verkrochen hat. Der Felsen, an dem man sich verkantet hat, der einen aufgehalten hat, den letzten Schritt aus der Höhle zu wagen zerfällt zu Staub. Endlich wird wieder Licht ins Dunkel gebracht, man schreitet heraus und befindet sich unter einem wolkenfreien Himmel und beginnt sein Leben erneut zu leben, nur auf andere Art und Weise.

“We are but hopeful lovers, we are the last of our kind. And if we let our hearts move outward, I know we will never die!“ („The Last Lost Continent“)


PS: Da die Platte schon 2008 rauskam, mir aber jetzt erst zwischen die Finger gekommen ist, stellt euch einfach einen imaginären CD-Tipp vor. Danke!

Tracklist:

01. Such Small Hands
02. Said The King To The River
03. New Storms For Older Lovers
04. Damaged Good
05. Fall Down, Never Get Back Up Again
06. Bury Your Flame
07. Last Blues For Bloody Knuckles
08. The Castle Builders
09. Andria
10. Then Again, Maybe You Were Right
11. Sad Prayers For Guilty Bodies
12. The Last Lost Continent
13. Nobody, Not Even The Rain

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Alex G.

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