Plattenkritik

LA PETITE MORT / LITTLE DEATH - Disco

Redaktions-Rating

Info

Release Date: 06.12.2019
Datum Review: 01.01.2020
Format: Vinyl Digital

Tracklist

 

1. The Antler
2. Foreveroderkaputt
3. Umami
4. Stiff Fingers
5. Snufkin, We Can Go!
6. Brenzlig
7. (Very) Evil Demons
8. Une Grande Rue
9. Mio Mio
10. Glasa
11. Der Kleine Lord
12. Dungeons
13. A Piano in the Basement

Band Mitglieder

 

Steffen Smirny - git, voc, keys
Paul Krupka - bass
Jan Zomerdijk - drums

LA PETITE MORT / LITTLE DEATH - Disco

 

 

Nach einer EP und zwei Splits wagen sich LA PETITE MORT / LITTLE DEATH ran ans Unterfangen Debütalbum. Ihren krachgewordenen Wahnsinn haben sie in 41 Minuten und 13 Songs gegossen und das Ergebnis „Disco“ getauft. Ein Augenzwinkern bereits im Albumtitel – im Zusammenspiel mit der Musik genauso verwirrend und aufgekratzt wie die Band aus Rodgau in Hessen selbst es eben auch ist.

Es dauert gar nicht all zu lange, da preschen LA PETITE MORT in „The Antler“ gleich nach vorne und setzen den hektischen Grundton für die knappe Dreiviertelstunde. Man könnte meinen, Omar Rodriguez-Lopez (AT THE DRIVE-IN) hätte nie aufgehört, exzessiv harte Drogen zu nehmen und eine neue Band gestartet. Die DNA von „Relationship of Command“ ist unüberhörbar ins Songwriting eingeflossen und wird größtenteils durch höhere rhythmische Komplexität, oft durch sanftere Passagen und manchmal gar durch mehr Härte (z.B. Blastbeats) angereichert. Weit entfernt von bloßer Nachahmung also. Eher ist es so, dass LA PETITE MORT aus einem gängigen Template ihr ganz eigenes Ding gemacht haben und damit als eine sehr junge Band die eigene Soundbildung bereits gemeistert haben. Dass Gitarrist Steffen Smirny bei all der Fingerakrobatik und dem Rhythmikgewichse noch unerlässlich schreit und keift – geschenkt. Der naheliegende Vergleich ist hier stimmlich, die Szene möge mir das vergeben, Benjamin Kowalewicz von BILLY TALENT. Bassist Paul Krupka und vor allem Schlagzeuger Jan Zomerdijk stehen Smirny in nichts nach und sind Meister an ihren Instrumenten. Nicht selten fällt mir gedanklich die Kinnlade runter angesichts des Tempos und der Fills von Zomerdijk. An Talent mangelt es der Band offensichtlich nicht. Durch die hohe Vertracktheit und die nur sehr kurzen Verschnaufpausen ist „Disco“ harte Kost auch für solche, die mit harter Musik sozialisiert wurden. Glattgebügelte Strukturen sucht man hier vergebens, weshalb auch die Eigenbezeichnung „Indie Pop“ auf Facebook wohl mit einem Augenzwinkern interpretiert werden darf. Eher ist das, was Smirny und seine beiden Bandkollegen hier fabriziert haben, wohl als Math"core" mit Screamo-Gesang einzuordnen. Ich konstatiere auch jazzige Elemente, ohne von diesem Genre sonderlich Ahnung zu haben. Eindeutig wurden diese Songs nicht für andächtige Momente in den eigenen vier Wänden geschrieben, sondern für ekstatische Liveshows in schmuddeligen Kellern. Nur folgerichtig, dass das Trio die Platte im Leipziger Studio der LINGUA NADA-Strippenzieher Adam Lenox Jr. auch live aufgenommen hat. Umso größer ist da noch einmal die Ehrfurcht vor der musikalischen Leistung.

Der Abwechslungsreichtum, die pure Energie und die Rastlosigkeit von „Disco“ zementieren die Geheimtipp-Stellung von LA PETITE MORT in der alternativen deutschen Szene weiter. Allerdings, das lässt sich wohl ganz gut absehen, ist Musik mit einem derart hohen Frickelfaktor nichts für die Masse, sondern für die Nische. Da jedoch bläst sie einen willkommenen Schwung Kreativität durch zuweilen müde erscheinende Genrespielarten. Für Anhänger von mathigem Screamo dürfte die Bewertung dieser Platte deutlich höher ausfallen, "Disco" bietet in dem Bereich alles, was das Herz begehrt. Die Bewertung des Autors fällt wie gegeben aus, da er sich in den letzten Jahren in ruhigeren musikalischen Gefilden angesiedelt hat und nicht das Verlangen verspürt, dieses Album noch häufig zuhause anzuschmeissen. Live immer gern!

Autor

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Marcel

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