03.07.2014: Nails, Dull Eyes, Serpent Eater - Köln, MTC

03.07.2014
 

 



Nails sind keine Vollzeit tourende Band. Das macht sich in Europa noch deutlicher bemerkbar als in den Staaten, denn schließlich liegt die letzte Tour mit Rise & Fall und Harm’s Way schon fast vier Jahre zurück! Kein Wunder, dass die Rückkehr der Kapelle abgefeiert wird.

Eine interessante Sache an Nails ist ja, was für ein Publikum sie anziehen. Obwohl man sich soundtechnisch deutlich im Metal bewegt und daher insbesondere die Langhaar-Fraktion ansprechen müsste, hat man sich, sicherlich auch durch besagte Tour mit Rise & Fall, aber auch durch die verwandtschaftliche Nähe zu den Twitching Tongues und das ständige Auftreten in Hardcore-Line-Ups in der ebenfalls sehr großen Hardcore-Szene eine Art Kultstatus erspielt.

Angesichts dieser Tatsache macht es nur Sinn, dass die lokalen Veranstalter von P & R Concerts als Support-Acts zwei sehr unterschiedliche Bands ins Boot geholt haben. Das Heimspiel von SERPENT EATER verpasse ich leider, ich lasse mir jedoch erzählen, dass die Band leicht in Richtung Doom und Black Metal geht. Ob das stimmt, sei mal dahin gestellt.

DULL EYES aus dem benachbarten Düsseldorf jedenfalls sind mir schon länger ein Begriff. Mit der 4-Song-EP „War Anthems“, die über eines der stärksten Hardcore-Labels des Landes heraus kam (Powertrip Records), hatte die Kapelle bereits letztes Jahr mächtig Staub aufgewirbelt. Das Etikett „Hardcore“ passt da einfach hinten und vorne nicht. Klar, sind da ab und zu mal 2-Step- oder Tom-Parts eingebaut. Sprich, die klassischen Elemente, um im Moshpit für ein bisschen Bewegung zu sorgen. Trotzdem lässt sich das Songwriting der fünf Jungs nicht auf ein bestimmtes Genre runterbrechen – weder auf Hardcore, noch auf Stoner, noch auf Sludge, noch auf Metal. Der experimentelle Sound von DULL EYES vereint von alledem ein bisschen und verleitet mal zum headbangen, mal zum moshen, manchmal auch zum gebannten Zusehen. Gespielt werden alle Songs der „War Anthems“ EP, sowie „Skeleton Rose“ von der Split mit Restrictions und ein ganz neuer Song namens „Total Annihilation“. In den nächsten Monaten soll eine neue 12 Inch namens „Titanomachy“ raus kommen, man darf also gespannt sein. Ich würde sagen, der neue Song führt die Entwicklung von DULL EYES gut weiter und verzichtet zugunsten der Verspieltheit auf unnötigen Druck und Härte. In seiner Gesamtheit überzeugt mich der Gig einmal mehr vom Talent und Können der Musiker – mit der Brutalität des Headliners können DULL EYES heute nicht mal im Ansatz mithalten, mit dem Groove allerdings schon! Nach wie vor eine der vielversprechendsten und zugleich unterbewertetsten Bands im Lande. Reinhören!

Dann sind auch schon NAILS an der Reihe. Vor dem MTC fängt die Sonne gerade an unterzugehen, und aufgrund der Spiellänge der beiden Longplayer dieser Band kann man sich durchaus Hoffnungen auf ein frühes Zu-Bett-Gehen machen – ist ja schließlich ein Donnerstag. Schon während dem Umbau füllt sich der Platz vor der Bühne des MTC deutlich, die Luft wird stickiger und der Raum noch mal unerträglich wärmer. Auch neben der Theke verläuft nur ein schmaler Gang, der kaum Platz für Leute lässt und von dem aus man lediglich die Köpfe der drei vordersten NAILS-Mitglieder sehen kann. Wenn man also was vom Auftritt haben will, muss man wohl oder übel in Kauf nehmen, dass man in Reih und Glied steht wie ein Masthühnchen im Käfig, und das bei gefühlten 40° Celsius und einigen stinkenden Nebenmännern und –frauen. Naja, genug des Geheules und zur Sache. NAILS fordern sofort mit dem ersten Song die volle Aufmerksamkeit für sich. „Unsilent Death“ ist ein frühes Highlight und gleich befindet man sich für die nächste halbe Stunde inmitten von bitterbös tiefen Gitarren, scheppernden Crash-Becken und hektischen Blast-Beats. Vorne wird gebangt und Schweinepogo getanzt – zum moshen ist, wie vielleicht bereits deutlich geworden ist, kein Platz. Manche Konzertbesucher singen die schwer verständlichen und wenig eingängigen Texte der NAILS gar mit. Diese zeigen sich äußerst dankbar und sichtlich zufrieden mit der Show im MTC. Außerdem bekennen sich die vier Amis als Fans des deutschen Fußballs und wünschen den Deutschen dementsprechend alles Gute. Naja, mir persönlich geht die WM am Arsch vorbei, aber die meisten Kölner finden, dass das einen kräftigen Applaus wert ist. Abgesehen davon sind NAILS eher sparsam mit Worten und ballern stattdessen kompromisslos und tight wie die Sau Stücke ihrer beiden Alben runter, unter anderem auch den Titeltrack „Abandon All Life“ oder „Absolute Control“. Der Live-Sound kommt dem Sound auf den Platten sehr sehr nahe, was die Musiker wahrscheinlich bereits beim Aufnehmen ihrer Songs im Studio als Ziel im Hinterkopf hatten. Fans der Band kommen dementsprechend hier voll und ganz auf ihre Kosten. Wer heute eher halbherzig seinen Weg ins MTC beschritten hat (dürften wahrscheinlich die wenigsten gewesen sein), der dürfte sich vielleicht ein bisschen an der Monotonie von Todd Jones‘ brachialer Stimme, eventuell gar an der Monotonie des Nails-Set im Ganzen stören. Es ist jedoch anzunehmen, dass die meisten Konzertbesucher wussten, worauf sie sich einlassen. Dafür spricht jedenfalls die anhaltende Bewegung, der anhaltend tösende Applaus und die Forderung nach Zugabe. Dieser wird stattgegeben, und NAILS knallen Köln ein letztes Hassbrett vor die Füße. Um etwa viertel vor elf ist dieses Konzert dann auch schon passé und die Fans strömen ausgelaugt und durchgeschwitzt aus dem MTC. Dass die Band aus den Staaten sich hierzulande so rar macht, zahlt sich definitiv aus.