11.11.2010: Shrinebuilder, Planks - Köln - Gebäude 9

11.11.2010
 

 



Fazit des Tages: Die Bekloppten haben es geschafft, dass die Linie 15 vom Friesenplatz nach Nippes innerhalb des Zeitraumes von 9 Uhr 30 bis 18 Uhr ihren neutralen Geruch in ein Gemisch aus Alkohol, Pisse, Kotze und Schweiß eintauschte. Durch die Bahn laufen Nachts dubiose Kerle mit Tüten voll Pillen. Die unbekannte Nina ist eine Hure, zumindest wurde sie so von einer Masse "stocknüchterner" Herren begrüßt und so auch behandelt. Vor meiner Haustür befindet sich eine Kotzelache in die ich natürlich reintrete. Wir schreiben den 11.11.2010 in Köln und ich bin froh, die Tür hinter mir zugemacht zu haben. Danke, dass ihr mir gezeigt habt, warum ich dieses Fest nicht mag. Gute Nacht.

Aber auch ein weiteres Fazit dieses Tages ist mir im Nachhinein möglich: PLANKS sind live eine Macht. SHRINEBUILDER hingegen eine zusammengewürfelte Frechheit und bodenlose Enttäuschung. Dabei fing der Abend im Gebäude 9 in Köln gar nicht mal so übel an. Nach dem Einlass hatte man noch genügend Zeit, in der Kneipe die anwesenden Gäste zu beobachten, ob so manches Outfits zu schmunzeln, tiefgreifende Gespräche über die eigene Zukunft im Jahr 2011 zu „Black Earth“ von BOHREN UND DER CLUB OF GORE führen und den Merchstand begutachten, obwohl die Shirts von SHRINEBUILDER optisch nicht ernst zu nehmen waren. Alles in allem also angenehm und amüsant. Nach zwei Kaltgetränken und der akustischen Beiwohnung des Soundchecks, der erahnen ließ, dass man sich besser was in die Ohren stopft, um diese zu schützen, öffneten sich dann auch die Türen zur Konzertkatakombe und das lang ersehnte Spektakel konnte losgehen. Ich hatte mich im Vorfeld sehr auf beide Bands gefreut, besonders jedoch auf SHRINEBUILDER. Die Erwartungen waren hoch.

PLANKS machten den Anfang und bewiesen einmal mehr, dass sich in Deutschland doch noch sehr viele großartige Bands verstecken, denen man eigentlich viel zu wenig Beachtung schenkt. Diese Baden Württemberger nämlich, die gerade mit ihrer neuen LP „The Darkest Of Grays“, von der sie an diesem Abend einiges zum Besten gaben, auf sich aufmerksam machen, stellen so einige Band aus Übersee im doomigen Genre absolut in den Schatten. Zu dritt stand man auf der Bühne und pustete den anwesenden Gästen, die alle nicht so recht wussten wie ihnen geschah, die Hirnmasse aus dem Schädel. Viel davon war dem optimalen Sound geschuldet, der da aus den Boxen schallte. Druckvoll und klar, dazu noch sehr laut. Man konnte froh sein, sich zuvor an der Theke Küchenrolle geliehen und in die Ohren gestopft zu haben. Viel ging uns durch den Kopf und immer wieder ließen wir uns zu Namedropping hinreißen. Das Ganze wirkte wie eine ausgefeilte Symbiose aus ISIS, NEUROSIS und MASTODON angereichert durch die Stimmgewalt eines Robert Flynn zu Zeiten von „Burn My Ears“. Zusammengehalten wurde das alles durch eine mehr als eigene Note und eine Urgewalt, bestehend aus Wucht, Energie, Dreck und Brutalität. Tiefer konnten die Gitarren nicht gestimmt sein, akzentuierter und besser könnte ein Drummer nicht spielen. Alles zusammen stelle ein faszinierendes Erlebnis dar. Dazu ein sehr sympathisches Auftreten des Dreiergespanns – der Auftakt zum Abend war perfekt. Das sahen die meisten Konzertbesucher ebenso. Herunter schnellende Körper sah man zu Hauf, Applaus war ebenfalls keine Mangelware und als man zum Abschluss fragte, ob man noch einen Song spielen dürfe, war die Antwort einstimmig: Selbstverständlich. Danach verließ man nach höflicher Danksagung an Veranstalter und Besucher die Bühne und die Masse bewegte sich weder in die Kneipe und wartete auf das vermeintliche Highlight des Abends.

Das Highlight des Abends sollte sich jedoch für mich persönlich als die Zerstörung eines Mythos herausstellen. Immer dann, wenn sich eine Allstar-Band zusammenfindet (was SHRINEBUILDER de facto ist) sind die Erwartungen mehr als hoch. Diese wurden mit dem selbstbetitelten Album auch mehr als erfüllt, dementsprechend konnte man davon ausgehen, dass dies auch auf die Bühne transportiert werde würde – nicht zuletzt wegen der langjährigen Erfahrung von Scott Weinrich, Al Cisneros, Dale Crover und Scott Kelly. Doch was sich auf der Bühne abspielte war ein Trauerspiel von unglaublich schlechtem und undifferenziertem Sound, gestelltem Pathos, Unsicherheit, Nervosität und nicht zuletzt (seltsamerweise) Unprofessionalität. Ein zusammengewürfelter Haufen, der mit seinem eigenen Sound nicht wirklich umgehen konnte und so keinerlei Atmosphäre transportieren konnte. Die Songs haben allesamt ein unglaubliches Potential, davon wurde leider so gut wie nichts genutzt. Vier Stücke schauten wir uns an, warfen uns immer immer wieder ungläubige, verständnislose Blicke zu, bemerkten, dass Scott Kelly mit Sicherheit das doppelte an Körperfülle zugelegt hatte und ein ordentliches Fass vor dem Bauch mit sich trug. Im späteren Gespräch glichen sich die Eindrücke – es war langweilig und zeitweilen unhörbar, was da auf der Bühne geschah. Frühzeitig und enttäuscht verließen wir den Konzertraum und setzten uns in die Kneipe. Interessanterweise war der Sound hier wieder erträglich und differenziert, man konnte erkennen, welcher Song gespielt wurde. Alles deutete darauf hin, dass es die Lautstärke für das Gebäude 9 einfach viel zu laut war, eine Aussage, die ich persönlich sehr selten treffen. Leider traurige Wahrheit. So konnten wir die letzten Songs bei einem Getränk genießen, ohne die mittlerweile betagten Männer auf der Bühne bei ihrem staksigen Verhalten begutachten zu müssen. Kurz vor dem Ende des letzten Stücks machten wir uns mit runter gezogenen Mundwinkeln auf den Weg nach Hause. Man hatte uns einen Mythos genommen, ihn entzaubert und das mit brachialer Gewalt. Schnell versuchten wir das Gesehene und Gehörte zu verdrängen und lenkten die Gespräche in eine andere Richtung.

In der Bahn trafen wir auf besagten Mann mit dem Sack voll Pillen und als ich zum zweiten Mal an diesem Tag vom Friesenplatz nach Nippes fuhr, stank die Bahn noch ekelhafter, als noch ein paar Stunden zuvor. Inmitten von Jecken, die sich einmal im Jahr die Eiche aus dem Arsch ziehen, um ein wenig Feiern zu können und dabei ihre Würde verlieren, sich den Baum am nächsten Tag aber wieder reinstecken, damit sie aufgrund des fehlendes Rückrats nicht zusammenbrechen, konnte man alkoholgeschwängerten Gesprächen lauschen, die darauf hinausliefen, dass der Muschi Club die geilsten Schlampen und Parties zu bieten hatte. Ich liebe meine Stadt, wirklich wahr, aber an diesem Tag hätte ich einfach nur Kotzen können!