11.11.2013: Jimmy Eat World, Rival Schools - Wiesbaden - Schlachthof

11.11.2013
 

 




Mit dem neuen Album „Damage“ im Gepäck sind JIMMY EAT WORLD wieder auf Europatour. Als Toursupport fungieren RIVAL SCHOOLS, das 2008 wiederbelebte Post-Hardcore-Projekt der Hardcore-Legenden Walter Schreifels und Sammy Siegler.

Mein erster Besuch im umgebauten Schlachthof: Gefällt mir gut hier. Etwas breiter und kürzer scheint der Konzertsaal geworden zu sein, sodass man angenehm nach vorne findet ohne sich durch die Menge drücken zu müssen. Um 20 Uhr schon sehr früh stehen Schreifels und Kollegen dann auch schon auf den Brettern, um den Laden anzuheizen. 10 Jahre hatten RIVAL SCHOOLS gebraucht, um 2011 mit „Pedals“ den Nachfolger zum Debüt-Album hinzulegen, wobei die Band in der Hälfte dieser Zeit aufgelöst war. Kurz danach verließ Gitarrist Ian Love die Kapelle, mit dem dritten Longplayer lief das Ganze trotzdem etwas schneller: „Found“ steht seit April diesen Jahres in den Läden. Auch mit Live-Präsenz hält man die Anhänger bei der Stange. Den ein oder anderen alteingesessene JEW-Fan dürften RIVAL SCHOOLS ja ebenfalls interessieren. Die vielen Rock- und Indie-Einflüsse machen den Sound leicht verdaulich, ohne dass die Songs zu plump sind. Hier gibt es noch kein Gespringe und keinen Pogo (wie später am Abend), aber gefälliges Mitnicken und ohrenbetäubend laute Beifälle. Schreifels, den manch einer vielleicht auch durch sein Wirken bei den GORILLA BISCUITS oder bei QUICKSAND kennt, wirkt sehr dankbar und relaxt, wie er da so im Takt mit seiner Gitarre hin- und herwippt. Auf mich sehr beeindruckend wirkt auch die versierte und makellose Performance von Siegler an den Drums. Alte Hits wie „Used for Glue“ dürfen natürlich nicht fehlen, als vorletzten Song gibt jedoch „Dreamlife Avenger“, der sehr dreckig, grungig und noisig daherkommt, einen Eindruck davon, wie das neue Album so klingt. Zu bestaunen sind RIVAL SCHOOLS neben den restlichen Tourdates auch als Headliner in Bielefeld am heutigen Abend.

Nach einer stolzen Umbaupause beginnen JIMMY EAT WORLD dann ihr Set und knallen einem gleich mal ohne weitere Ausschweifungen 3 Songs vor den Latz: „I Will Steal You Back“, „Big Casino“ und „My Best Theory“. Ich als Fan der beiden Alben „Bleed American“ und „Futures“ werde spätestens dann ungeduldig, als Jim Adkins mit „Appreciation“ wieder einen Hit des neusten Albums ankündigt. Doch dann folgen endlich ein paar ältere Songs. Bei „Your New Aesthetic“ bleibt der Raum noch recht verhalten, was sich dann mit „Lucky Denver Mint“ ändert und bei „A Praise Chorus“ schon ganz anders aussieht: Der Schlachthof singt hörbar mit, die ersten Reihen springen im Takt auf und ab und der Beifall ist atemberaubend. Es folgen der Gänsehaut-Song „Hear You Me“ und das meines Erachtens wenig spektakuläre „Book of Love“ auf der Akustik-Gitarre. Adkins bedankt sich bei der Menge, dass sie an einem Montagabend das Konzert besucht und schüttelt dann mit „Futures“, „Work“ und „Polaris“ drei Stücke aus dem Jahre 2004 aus dem Ärmel. Dass der Frontmann von JIMMY EAT WORLD nicht nur ein Sänger mit einer einzigartigen Stimme ist, sondern auch begnadeter Gitarrist, merkt man auch live. „For Me This Is Heaven“ (solo) ist dafür ein weiterer Beweis. Es folgt wieder ein Bündel neuerer Songs, bei dem auch den Akteuren selbst auffallen müsste, dass die Reaktionen aus dem Publikum etwas reservierter werden. Ist natürlich immer hart, so ein Urteil zu fällen, aber JIMMY EAT WORLD haben ihren Zenit lange überschritten. Die Reviews zu „Damage“ fielen sehr unterschiedlich aus, so richtig gefeiert scheint das Album aber niemand zu haben. Umso besser, dass man auch nach fast einem Jahrzehnt noch so gut von den großen Hits leben kann. Songs wie „Pain“ oder „Sweetness“ werden einfach nicht älter. Ob die Band auch ohne sie jeden Abend solche Hallen füllen würde? Fraglich. Wieder und wieder dankt Jim den Leuten, auch wenn er sich selbst dabei „annoying“ vorkommt. Irgendwie schade, dass die Band nicht sonderlich mehr zu sagen haben scheint. Immerhin wird kurz der Herr hinter dem Keyboard vorgestellt, der je nach Song auch mal die hohen Backing-Vocals oder die dritte Gitarre übernimmt. „Bleed American“ sorgt ordentlich für Pogo (ja, gibt es 2013 tatsächlich noch!!) und gröhlende Kehlen. Das soll es gewesen sein? Wenn man 1 und 1 zusammen zählen kann, kann man sich auch ausrechnen, dass da mindestens noch ein Song fehlt, der in jedes Set von JIMMY EAT WORLD gehört. Und ja, nach „Chase This Light“ und „23“ dürfen sich auch die mittlerweile Dreißigjährigen zu „The Middle“ noch einmal wie 18 fühlen. Wunderschön!