14.06. - 16.06.2019: MAIFELD DERBY - Mannheim - Maimarkt Gelände

18.06.2019
 

 

Feiern als wäre es das letzte Mal!
Die Zukunft des Maifeld Derbys ist ungewiss. Die Pause im nächsten Jahr beschlossene Sache, die Terminreservierung für 2021 zwar bestätigt, die Wahrscheinlichkeit, dass der Termin tatsächlich eingehalten werden kann, jedoch nur bei 50 Prozent. Bauch vs Kopf vs Herz. "Bitte nicht mehr vom übernächsten Jahr reden, sondern einfach hart auf dieses Jahr mit unglaublich tollen Bands und Menschen freuen!"
Doch noch bevor sich der Kopf über Finanzen, Bands und die Zukunft im Allgemeinen zerbrochen wird, wird erst einmal gefeiert.
Manneim. Maifeld Derby. 9te Auflage. HOT CHIP, THE STREETS, CAPTAIN PLANET, KARIES,... und viele mehr laden zum Tanz.

Maifeld Derby / Freitag / Tag 1

Den guten Wettervorhersagen zum Trotz, weint pünktlich zum Derby-Beginn der Himmel. Wolken anstatt Sonnenschein. ELLMAURER aus Heidelberg untermalen das Schauspiel mit deutschsprachigem Post-Rock. Hallo, Maifeld Derby 2019. Es geht los.

Wer dem Regen entfliehen möchte, macht sich auf den Weg in Richtung Parcour d'amour:
Sonst zu fünft, auf dem Maifeld Derby in Trio-Besetzung - das Kollektiv THE GREEN APPLE SEA aus Nürnberg eröffnen den Parcour d'amour. Raus aus dem Regen, rein in den muckeligen Reit-Parcour auf dem Maimarkt Gelände. Singer-Songwriter-Folk mit Lächeln im Gesicht. Über Alpträume, seine Ehe und die Musik. Dazu gibt es lustige Ansagen über Einkäufe im regionalen Edeka und Konzerte in Belgien. Zurücklehnen und dem Regenprasseln lauschen.

Der Italiener ANDREA POGGIO aus Italien lässt das Maifeld Derby mit seinem irren Mix aus elektronischen Sounds und zweistimmigem Gesang verwirrt zurück, erzählt von den Unterschieden zum italienischem Publikum und bringt etwas italienischen Sonnenschein in das verregnete Deutschland. Dazu tanzt der Künstler mit seiner Background-Sängerin synchron um die Wette. Künstlerisch wertvoll.
Irgendwie anders.

NOVAA freut sich (nur einige Meter weiter) auf ihrem Lieblingsfestival das Palastzelt eröffnen zu dürfen. Gerade erst von der gemeinsamen Tour mit MIGHTY OAKS zurück und dem New Music Award 2018 ausgezeichnet, macht die Berliner einen viel erfahreneren Eindruck als noch vor einigen Monaten. Indie-Pop mit jeder Menge Bass und guter Stimme. Diesmal mit Band. Meist ruhig, introvertiert und ohne große Ansagen, aber dennoch großer Strahlkraft. Wie für das Palastzelt gemacht.

Kontrastprogramm im neuen Hüttenzelt. Das Brückenaward-Zelt ist Geschichte, da auch die Jungs vom Brückenaward mehr Zeit für Freunde und Familie brauchen. Es lebe das Hüttenzelt. Etwas größer, dafür weniger schön. Das Zirkuszelt ist einem Bierzelt gewichen. Aber es kommt ja bekanntlich auf die inneren Werte an:
ZA! sind laut, ungestüm und unangepasst. Das genaue Gegenteil von NOOVA im Palastzelt. Mal schneller, mal langsamer, aber immer schräg und daneben. Verrückt-Experimenteller-Gute-Laune-Rock.

Hörbar erkältet, erklärt LINUS VOLKMANN im Parcour d'amour warum er Festivals hasst. Und da gibt es so einige Gründe: Kurze Männerhosen, der über 10 Kilometer weit entfernte Dorf-Bahnhof, Sex in Zelten, Handbrot, Bühnen-Ansagen, die Telekom-Red Bull-...-Bühnen und und und. Doch neben all der Negativität gibt es auch jede Menge Festival-Tipps. So erfindet der Musik-Journalist kurzerhand Klosterfrau Melissengeist-Mischgetränke und löst ganz nebenbei die Kack-Frage auf Festivals. "Groß-Gehen" auf Festivals ohne seine Würde zu verlieren. Die Antwort: Imodium Akut. Viele Maifeld Derby Festival Besucher werden LINUS noch lange dankbar sein. Da sehen die Derby-Besucher auch darüber hinweg, dass ihr Festival dauerhaft "Maifield" anstatt "Maifeld" genannt wird. Auch egal.

GURR zeigen im Folgenden wieder die schönen Seiten an Festivals, entschuldigen sich postwendend für ihre "Habt ihr Bock?!"-Ansage und eröffnen den ersten Kreis der Freundlichkeit des Festivals zu Gwen Stefani. Zurücklehnen und abmoshen. Alles möglich. GURR bedienen alle Zielgruppen und spielen eine Mischung aus Indie, Punk und Rock. Als Überraschung hat die Band zwei große Smiley-Luftballons im Gepäck, die den Rest des Konzerts über die Massen schweben. Zwischen den Songs gibt es immer wieder lustig-symphytische Ansagen, auch wenn sich die zwei im Vergleich zu Solo-Konzerten etwas zurückhalten.
Fröhlich-Sympathischer Abriss. Festival-Highlight Tag 1.

PARCELS lassen das Palastzelt strahlen, ODD COUPLE die Getränke zu klassischer Rock-Musik fliegen und NIKLAS PASCHBURG lädt das Maifeld Derby mit seiner Loop Station zum Träumen ein. Das Maifeld Derby zeigt all seine Facetten.

SLEAFORD MODS entreißen das Maifeld Derby im Anschluss wieder aus seinen Träumen. Ein Beat, eine Stimme. Mehr brauchen SLEAFORD MODS nicht. Exklusiver Festival Auftritt für dieses Jahr. Zwischen Gute Nacht Geschichte und Stand Up. Zwischen Rap und Riot. Andrew Fearn drückt auf Play und nippt gemütlich an seinem Bier, während Jason Williamson am Mikro seine Wut entlädt. Keine große Bühnenshow, kein Banner, keine große Lichtshow. Eine Mischung aus Post-Punk, Minimal Electro und Hip Hop. Hasserfüllte Texte und Lo-Fi-Drumbeats. Riot? Riot!

Während HOT CHIP im großen Palastzelt den ersten Tagesheadliner miemen, zeigen KARIES im Hüttenzelt welcher Zahn gezogen werden muss. Schnörkelloser Post-Punk. Für mich? Für dich? Für uns? Für's Maifeld Derby! Die Füße wippen, die Köpfe wackeln. Das Maifeld Derby tanzt sich in Extase. Immer weiter. Schwaben-Punk ala DIE NERVEN oder HUMAN ABFALL, wenn auch wieder ohne Kevin Kuhn. The South Strikes Back. Graue Tristesse in ihrer schönsten Art und Weiße.

Bei HOT CHIP im Palastzelt geht es bunter zu. Riesige LED Wände weißen den 7 Musikern und x-Fans die Richtung. Independentmusik trifft auf elektronische Tanzmusik. Gut gelaunt in Richtung Ende 1. Festival Tag.

 

Maifeld Derby / Samstag / Tag 2

Der Samstag beginnt mit einer Überraschung. Der "Überraschungs-Slot" auf dem Maifeld Derby, der in diesem Jahr zum ersten Mal stattfindet und nur klein und unbedeutsam in irgendeiner Ecke im Programmheft steht (eine halbe Stunde vor Stagetime jedoch noch einmal auf Facebook beworben wurde), entpuppt sich als größere Überraschung als von den Meisten vermutet.
ANNENMAYKANTEREIT statten dem Parcour d'amour auf dem Maifeld Derby einen Besuch ab. Das MVV Reitstadion ist bis auf den letzten Platz gefüllt und platzt (trotz Erweiterung im Vergleich zu den letzten Jahren) beinahe aus allen Nähten. Die gemütlich, romantische Konzertlocation wird in Rekordzeit zum Feierort. Alle stehen, keiner sitzt. ANNENMAYKANTEREIT spielen alte, wie neue Songs, Hits und Perlen und haben sichtlich Spaß an ihrem Auftritt. VON WEGEN LISBETH, die noch später am Abend im Palastzelt spielen, unterstützen am Saxophon, das Maifeld Derby-Publikum am Gesang. Gerade bei den Klassikern Richtung Ende des Sets wird es laut im Parcour d'amour. Ein großer Dank gebührt der Maifeld Derby Crew. Applaus und weiter den Sonnenschein genießen.
 "Wenn du nicht mehr weißt, wo du hin willst. Komm zu mir."

MAVI PHOENIX verwandelt die Fackelbühne in einen kleinen, schwitzigen Underground-Club. Moderner Autotune-Rap aus Österreich. Auf Deutsch, Englisch und Spanisch. MAVIs Spanischlehrerin wäre (laut eigener Aussage) stolz auf sie.
Vor rund einem halben Jahr noch im Neo Magazin Royale bei Jan Böhmermann zu Gast, wundert sich die Rapperin heute, warum sie dort ausgerechnet den Song "Ibiza" performen sollte. Mhhh,...

Wer genug von der Sonne hat, kann sich bei CARI CARI im Palastzelt bereits den Sonnenuntergang anschauen. Die nächste Band, die nächsten Österreicher. Musikalisch wildern CARI CARI irgendwo in der Nähe von THE XX jedoch in ganz anderen Gefilden.

Draußen gibt es dann wieder die Rock-Kante. Mitten ins Gesicht. DE STAAT lassen das Maifeld Derby zu groovigen Rocksounds tanzen. Mit hoch rotem Kopf stellt der Niederländer relativ zeitig fest, dass es "zu heiß für den Scheiß" ist. Und dennoch hält ihn nichts davon ab, auf der Bühne unaufhaltsam von links nach rechts zu rennen. Vor der Bühne wirbeln die Derby Besucher mächtig Staub auf. Pogo, Mitspringen, Mittanzen. Kalt wird es noch früh genug.
Oranje-Rock. Und auf der Tour im Oktober gibt es für jeden Besucher einen Kuss auf den Mund. Versprochen ist versprochen.
Dont forget to have fun.

Besonders schick gemacht hat sich LOVE A Sänger Jörkk, der in seiner Flamingo-Autofahrhose den Parcour d'amour beglückt. Seine Auftritts-Hosen hat der Saarländer in der Heimat vergessen. Passiert. Doch selten haben pink-schwarze Flamingo Shorts so gut zu einem Auftritt gepasst. Jörkk ist bestens aufgelegt und vergisst vor lauter Ansagen beinahe das Singen. Das Mannheimer Publikum spielt mit und so wird der Auftritt zu einem wunderschön-lustig Austausch von Nettigkeiten. Musikalisch spielen SCHRENG SCHRENG & LA LA schrammeligen Akustik-Punk. Gegen die Popakademie, Kapitalismus und Arschlöcher. Jörkk und sein Anwalt sind zutiefst getroffen, genießen jede Sekunde und kündigen an, sich im Anschluss noch richtig einen reinzustellen. Klingt nach einem Plan.

VON WEGEN LISBETH knüpfen auch musikalisch an die gute Laune aus dem Parcour d'amour an. Gute-Laune-Indie-Pop. Die Berliner freuen sich (genau wie SCHRENG SCHRENG & LA LA) in der Geburtsstadt von Xavier Naidoo spielen zu dürfen. Eine Ansage die gemischte Reaktionen im Publikum hervorruft.  Ansonsten ist das Maifeld Derby erstaunlich textsicher und das Zelt bestens gefüllt. Funktioniert.

"Das hier ist Rap." YASSIN kommt zeitgleich aus dem "Sich-Wundern" nicht mehr heraus. Zum einen hätte der Rapper nie gedacht, dass so viele Leute zu seinem Auftritt kommen, zum anderen, dass jene dann auch noch so Bock haben. Aber das Maifeld Derby hat Lust auf Rap.
Als erste Amtshandlung schickt YASSIN die Zuschauer, die keinen Bock auf Pogo haben, nach hinten. Funktioniert. Eskalation. Wenn auch 10 Minuten kürzer als angekündigt.

Den passenden Sound zum Sonnenuntergang liefern im Folgenden BALTHAZAR aus Belgien. Indie ohne Kritikpunkte. Von vorne bis hinten stimmig. Sommer, Sonnenuntergang, Indie-Musik. Geht es überhaupt besser?

Gewohnt gut, CAPTAIN PLANET. Innerhalb von 45 Minuten wird das Hüttenzelt einmal in seine Einzelteile zerlegt. Emo-Punk in seiner schönsten Art und Weiße. Schnörkellos, ohne große Ansagen oder sonstige Spielereien. Die Hamburger singen vor, die Mannheimer Festivalbesucher singen nach. Ein Chor aus hundert Kehlen. Viva allein.

THE STREETS feiern währenddessen ihre eigene Party im Palastzelt. Mike Skinner hat gesprächsbedarf und singt, rappt und redet sich durch den Headliner-Auftritt. Seit 2017 wieder zurück. Hip Hop wie er früher einmal war.

 

Maifeld Derby / Sonntag / Tag 3

Am dritten und letzten Festival-Tag geben sich noch MUDRUGADA, TOCOTRONIC und FABER die Ehre. Dann heißt es erst einmal Pause.

Das Maifeld Derby bleibt etwas ganz Besonderes. Beinahe alle Musikgenres, bekannte und unbekannte Bands und jede Menge Perlen geben sich über 3 Tage lang die Klinke in die Hand. Jede Band auf ihre eigene Art und Weiße sehenswert.

Luft schnappen, tief und bewusst durchatmen, wiederkommen.
Bis 2021.
Bitte, Bitte, Bitte.