22.11.2019: NORTHLANE, POLARIS, SILENT PLANET, VOID OF VISION - Karlsruhe - Weiße Rose

24.11.2019
 

 

Drei Mal Australien, einmal USA heißt es beim Auftaktkonzert der Europa / UK Tour von NORTHLANE, die mit ihrem neuen Album "Alien" in der Karlsruher Weißen Rose aufschlagen. Das Jugend- und Gemeindezentrum in Oberreut ist eine neue spannende Konzertlocation in Karlsruhe, die sich neben der Stadtmitte, dem Substage und dem Jubez als Venue für Konzerte der härteren Gangart etablieren möchte.

 

Den Auftakt des Abends machen um kurz vor 19 Uhr VOID OF VISION aus Melbourne. Die Vierercombo hat zu Anfangs noch mit Soundproblemen, einem ausgefallenen Mikro und einem zu stark wummernden Bass, zu kämpfen, spielt sich dann aber frei und sorgt für erste Bewegung in der schon gut gefühlten Location. 2013 hat sich die Band rund um Frontmann Jack Bergin gegründet, der seine fiesen Shouts immer wieder ins Publikum hinaus brüllt. Mit seinen kurzen Haaren tigert der Sänger von links nach rechts über die Bühne und erinnert damit immer mal wieder an CONVERGEs Jacon Bannon nur mit einer Spur weniger Raserei. Druckvoll und energisch gelingt es VOID OF VISION mit ihrer Mischung aus Hardcore und Metalcore das Publikum für den Abend aufzuwärmen. Dafür gibt es viel Applaus vom Publikum.

 

Sphärischer kommen SILENT PLANET daher. Die Metalcore/Posthardcore-Band aus Los Angeles hat mehr Melodie im Gepäck, kann mit Spoken-Word-Parts und fiesen Breakdowns überraschen. Sänger Garrett Russell gelingt der Spagat zwischen fiesen Shouts und hohen hymnischen Klängen. Der Mütze und Überziehjacke entledigt sich der Sänger schnell, denn es wird langsam warm im Juze. „Wir waren letztes Jahr schon einmal in Karlsruhe. Es ist eine schöne Stadt. Schön, dass ihr wieder da seid“, bedankt sich der Frontmann artig beim Publikum. Die Band setzt in ihren Texten nicht nur auf christliche Inhalte, sondern beschäftigt sich auch mit geschichtlichen Themen, wie den Umgang mit den Ureinwohnern Amerikas. Ganz gelingt es der Band nicht die Fans mitzureißen, trotzdem gibt es Applaus für das 30-minütige Set.

 

Eine große Fanbase erspielt haben sich inzwischen die Australier von POLARIS. „Wie viele haben uns vorher schon einmal live gesehen?“, fragt Sänger Jamie Hails und nicht wenige Arme gehen nach oben. Die Weiße Rose ist zu diesem Zeitpunkt schon pickepacke voll. Die Fünfercombo aus Sydney ist seit 2012 unterwegs und hat auch in Karlsruhe viele Anhänger. Sofort springt der Funke auf die Fans über, sofort sind die Hände in der Höhe und Bewegung im Publikum, textsicher ist Karlsruhe sowieso. „Schnappt euch den der neben euch steht und schleudert ihn auf die andere Seite des Raums“, fordert Sänger Jamie Hails die Menge noch weiter an. Der Sound hat sich beim dritten Act des Abends inzwischen deutlich verbessert, die Band schleudert ihre Mischung aus Metalcore, Posthardcore und Djent den Fans mit voller Wucht entgegen. POLARIS mischen Songs ihrer 2016-EP „The Guilt And The Grief“ mit Lieder ihres Debütalbums „The Mortal Coil“, haben mit „Masochist“ aber auch ihre brandaktuelle Single im Set. Fans dürfen sich freuen, denn das neue Album der Australier erscheint im März 2020. Live kann die Band auf alle Fälle überzeugen, ordentlich Bewegung im Publikum und die ersten Stagediver sind Beweis genug. Das Highlight der Band: Daniel Furnari. Wahnsinn, was dieser Kerl wegtrommelt und den Sound der Band mit seinem Spiel zusammenhält.

 

Um kurz vor 22 Uhr ist denn dann Zeit für den Hauptact. NORTHLANE wähnen das Publikum in trügerischer Sicherheit, das tippelnde Intro von „Talking Heads“ bricht in einen Sturm aus, wenn die Band beim Break aufs Gaspedal tritt. NORTHLANE nehmen den Namen ihrer Tour ernst, „Alien“, ihr neues Album spielt an diesem Abend eine zentrale Rolle. Neun Songs schaffen es an diesem Abend auf die 14-Lieder starke Setlist. Dazu kommen mit „Obelisk“, „Intuition“ und „Rot“ auch einige ältere Hits. Doch der Reihe nach. Die Band, nach Aussagen von Frontmann Marcus Bridge noch ein wenig gejetlaged, spürt man die Lust auf Livekonzerte an. Die Band witzelt auf der Bühne – ein „Smoke On The Water“-Zwischenruf wird prompt mit einem kleinen Riff honoriert.

Unter Youtube-Videos der Band wird häufig diskutiert, ob der frühere Frontmann Adrian Fitipaldes (er stieg 2014 aus) oder der jetzige, Marcus Bridge, der bessere Sänger ist. Dabei ist die Lösung in diesem Falle simpel: beide Sänger bringen/brachten der Band neue Facetten. Mit „Alien“ hat die Band einen spannenden Weg eingeschlagen und ihren Sound für Synthesizerklänge und Effektspielerein geöffnet, ohne dabei die DNA der Band zu beschädigen beziehungsweise den Weg aus den Augen zu verlieren. „Alien“ ist düster, sphärisch, trotzdem druckvoll und immer mit der Melodie im Auge. Songs wie „Details Matter“, „Jinn“, „Freefall“ und „Obelisk“ sind die gelungene Mischung aus Härte und gefühlvollen Passagen, mit Stroboskroplicht werden die Songs in der Weißen Rose in Szene gesetzt. Marcus Bridge singt mal gefühlvoll, schreit sich im nächsten Moment die Seele aus dem Leib und mischt das mit autobiografischen Elementen wie in der Übersingle „Bloodline“. „We grew up scared Bruised and battered Youth torn and tattered As long as you were sky high Nothing fucking mattered“ wütet sich Bridge seine Erlebnisse von der Seele und vearbeitet im Song seine schwierige Kindheit mit starken Drogenproblemen der Eltern. Nach knapp einer Stunde endet ein überzeugender Aufritt der Australier mit dem mit Drum und Bass-Schnipseln gestreckten „Sleepless“, das langsam beginnt und erst gegen Ende eruptiv ausbricht und einem der größten Hits der Band, das vertrackt-brutale „Quantum Flux", das im Publikum nochmal ordentlich für Bewegung sorgt. NORTHLANE 2019? Das ist eine Band on Point, die sich im Meer aus Metalcore- und Posthardcorebands hervorhebt und deren weiterer Weg spannend ist.

 

Der Konzertabend in der Weißen Rose ist abwechslungsreich und kann gegen Ende auch mit gutem Sound überzeugen. Es bleibt spannend, wie sich die Venue weiterentwickelt und ob sie sich in Karlsruhe etablieren kann. Verdient hätte sie es. Im Januar steht mit DARKEST HOUR ein weiterer brachialer Gast an, der seine Europatour im Karlsruher Jugendzentrum starten wird.

 

Tracklist Northlane:

1. Talking Heads

2. Intuition

3. Details Matter

4. Jinn

5. Rot

6. Citizen

7. 4D

8. Freefall

9. Obelisk

10. Vultures

11. Eclipse

12. Bloodline

Encore

13. Sleepless

14. Quantum Flux