30.01.2020: RIDE, CRUSHED BEAKS - Köln - Gloria

31.01.2020
 

 

Seit Mitte des letzten Jahrzehnts hat der Shoegaze ein Revival gefeiert – Mitgrund und Profiteur davon waren auch Genre-Legenden wie RIDE oder SLOWCRUSH, die sich beide wiedervereinigt und auch neue Platten rausgebracht haben. Ihre neueste Veröffentlichung „This Is Not a Safe Place“ präsentieren RIDE 2020 nun in vier deutschen Städten – und auch im Kölner Gloria.

Als Vorband ist das junge Trio CRUSHED BEAKS aus London an Bord. Donnerstagabend, 20 Uhr, der Raum zu 75% voll (sprich: geschätzte 600 Leute), das Durchschnittsalter im Publikum geschätzte 40 Jahre. Kein leichtes Unterfangen also, diese Meute zu begeistern. Oder eben doch? Das Gloria wippt von Anfang an mit, der hypnotisierende Sound lädt zum Eskapismus ein – wenn da nur nicht die störrische Stimme wäre, die einen bei der Stange hält. Das Schlagzeug ist meist auf simple, repetitive Beats reduziert, während der Bass pulsierend wabert. Kombiniert lässt das an Krautrock-Einflüsse denken. Als Gegenpol fungiert der monotone, wenig melodiöse und eher rockig ausfallende Gesang und die oft schrille und hohe Gitarre von Frontmann Matthew Poile. Doch auch genretypische Parts à la MY BLOODY VALENTINE mit massiven und verschrobenen Gitarrenwänden lassen sich klar ausmachen. CRUSHED BEAKS haben im letzten Jahr ihren zweiten Longplayer „The Other Room“ veröffentlicht, sodass ein Großteil der Songs davon stammt. Dass RIDE sie in Folge der Veröffentlichung mit auf diese Tour nehmen, dürfte einem Ritterschlag gleichkommen. CRUSHED BEAKS bedanken sich artig und Poile weist schüchtern auf den Merch-Stand hin.

RIDE sind mindestens genau so stolz auf ihr neues Material wie ihre Vorband. Eröffnet wird die Show mit drei Songs von „This Is Not a Safe Place“, darunter mit „Future Love“ auch der wohl größte Hit seit der Wiedervereinigung, der die neue Richtung des Quartetts gut auf den Punkt bringt. Weniger atmosphärisch, dafür geradliniger und rockiger, mindestens noch genau so virtuos kommen die neuen Songs daher. Zweifelsohne findet sich auch mehr Variation auf dem neuen Longplayer, dafür weist er nicht mehr eine derartige Kohärenz auf wie das legendäre „Nowhere“. An der Reaktion des Publikums sieht man eindrucksvollerweise, dass RIDE sich nicht auf alten Ruhm berufen müssen, sondern auch die neuen beiden Alben bei den Fans auf Anklang gestoßen sind. Charakteristisch sind wie immer die beiden hohen Gesänge von Mark Gardener und Ex-OASIS-Bassist Andy Bell, die ihre Differenzen offensichtlich schon längst hinter sich gelassen haben und auf der Bühne wie eine gute Einheit erscheinen. Gerade dem beinahe erleuchtet anmutenden Gardener macht es Spaß zuzusehen.  Für „Dial Up“ wird dann zur Mitte des Sets die Akustikgitarre gezückt, spätestens jetzt schalten RIDE einen deutlichen Gang runter und verleihen ihrem Auftritt einen guten Spannungsbogen mit Höhen und Tiefen, laut und leise, schnell und langsam. Ein besonders herausstechender Song ist in der zweiten Hälfte das ungewohnt harte „Kill Switch“. RIDE sind songwriting-technisch nicht gerade auf der Stelle stehen geblieben. Letzten Endes gipfelt das abwechslungsreiche Set in „In a Different Place“ und „Vapour Trail“, wie soll es auch anders sein. Es ist eine wahre Wonne, die älteren Kaliber im Publikum hierbei voll mitgehen zu sehen. Der ein oder andere Fünfundvierzigjährige dürfte sich nun für eine kurze Zeit nochmal wie ein Teenie fühlen, schließlich sind diese Songs unglaubliche dreißig Jahre alt. Mit einer ausgiebigen Zugabe runden RIDE ihren Auftritt ab. Der Closer ihres neuesten Albums „In This Room“ streckt sich über fast neun Minuten, bevor es mit „Seagull“ das Sahnehäubchen oben drauf gibt.