DIE CIGARETTEN im Interview

19.03.2019
 

 

Raucher, Nichtraucher, Genussraucher,... ? Wer, wie, was seid ihr eigentlich?

Wer bistn du ey? Wir kommen in Frieden und aus der Zukunft sind aber immer noch dabei zu lernen konstant richtig zu atmen. Kennst du das? Wenn man sich, so als Teil der Menschheit, mal mit einigem Abstand betrachtet, können viele von uns weder richtig essen, noch richtig gehen, noch richtig atmen und schon gar nicht richtig sprechen, oder?  Ich mein, was die Leute beispielsweise so Stadt nennen auch. Da humpeln n paar viertelwache Halbzombies aufm Haufen in der Gegend rum und dann denkt man sich dazu, dass das toll wäre und aufregend und wirft alles in einen Bedeutungstopf und schreibt Stadt drauf. Ansonsten sind wir definitiv gegen Tabakkonzerne und was sie uns wegnehmen und dann behaupten, wir müssten es von ihnen kaufen. Freiheit, Unbeschwertheit, keine Ahnung alles, was sich irgendwie gut anfühlt - soweit man das sagen kann. Das gilt natürlich für manche Bereiche, in denen moderne Konzerne als prägendes Modell vielleicht an ihre Grenzen stoßen. Waffen, Pharma, Zucker - aber die Band Zucker gibts ja schon - keine Ahnung warum die sie so heißen, wie sie heißen. Wir hätten uns nach dieser Geschichte auch die Transfette nennen können. Da müssen wir dann wohl nochmal gucken.

Liebe oder Hass? Hass oder Liebe?

Man kann es auch lieben gehasst zu werden und hassen wofür man geliebt wird.

Zu "Stabiler Hate Song" habt ihr ein ziemliches blutrünstiges, erschreckendes DIY-Trash-Video veröffentlicht? Von wem stammen Idee und Konzept? Was hat es damit auf sich? Und wer klingelt am Ende des Videos?

Das Video, wie so eigentlich alles stammt von uns selbst. Schade, dass es nicht von Kim Frank ist. Aber zurück zum selbst: Meistens gehören dann gewisse Dinge wie Musik und Video auf manchen Ebenen zusammen und gegen dir da n gewissen Grundvibe.  

Oder halt, wie beim Stabilen Hate Song, die Energie von Hass nehmend, ihn dafür erkennen - auch in dem, was einen umgibt. Bis zu Gedanken, die einem irgendwann beigebracht wurden auf den Prüfstand stellen. Hass von der Energie, die antreibt entkoppeln. Die Energie vielleicht dazu nutzen schneller zu einem positiven Resultat zu kommen. Also im Sinne von anschreien is meist beschissener als freundlich fragen und erklären, egal wie dumm der gegenüber scheint. Allerdings haben wir da im Alltag mehr Automatismen gesehen plötzlich, die im Resultat nur zum gegenseitigen Schaden führen. Man muss vielleicht ersma gucken, was auf wirklich passiert und was mir gesagt wurde oder mein Kopf daraus macht. Oder mir nur durch bunte Bilder eingeredet wird.

Also irgendwie so halt. Und besonders dieses „irgendwie so halt“ ist dann enorm wichtig, weil es doch Dinge gibt, die man nicht mit dem Verstand verstehen sollte, sondern sich da so vorfühlt. Und da haben wir eben auch das Gefühl, dass das grundlegend vergessen wird oder zu etwas, dass man doch grundlegend verstehen als begreifen soll. Und da fragen wir halt knallhart: Muss das sein? Und da ist oft die Antwort „Macht weiter so“. Und das ist gut. Denn uns geht es auch defintiv um das "darf man das" - im positiven Sinne. 

Den Hass vielleicht auch ersma als Hälfte akzeptieren, um ihn dann richtig einzuordnen.

Irgendwie haben auch alle verlernt zu meckern oder sinnstiftend rumzudarken und wo Schluss sein kann.

Und deswegen laden wir alle herzlich dazu ein gemeinsam laut „scheisse“ zu rufen. Man muss ja vielleicht gar nicht mit allen reden aber deswegen muss man sich ja nicht umbringen. Der Kalte krieg ist quasi inzwischen von Mensch zu Mensch zu finden. Das muss aber nicht unbedingt zum schlechten führen. Aber man muss super aufpassen, dass man seine Unbeschwertheit nicht verliert. Sonst wird’s halt scheisse. Wir sind jedenfalls pro Zukunft und Könnens nich erwarten Dinge anzustoßen. Es war nie immer so. Und das ist auch gut so. Und lieber auf eigentlich gelogenem Überfluss aufbauen als auf wie davor auf wirklich alles komplett im Arsch und unbeschreiblich. Wir können es nach wie vor schaffen. Und diese Zukunft. Die klingelt am Ende des Videos.

Sascha Utech, Sänger der Band SWUTSCHER, spielt in jenem Video den verrückten Nachbarn. wie kam es dazu?

Ich sage dir, wir waren nach m Gig auf Klo und eine Tür ging auf und die gesamte Swutscher-Kapelle kommt nacheinander raus. Wir meinten noch, es muss ein Portschlüssel sein und sie sind definitiv da eben appariert. Und das war dann auch so. Dann kam irgendwie Hallo zum anderen und dann in den Komet. Und dann meinten er glaub ich ihm is langweilig  und wir, hast du Bock drauf, wir gucken grade wer das machen will. Und daneben saß die ganze Zeit einer mit nem Schnurrbart. Und über Schnurrbärte kann man reden. Aber ich hab dann irgendwann mit ihm geredet soweit ich weiß vorher noch. Definitiv Grüße auf diesem Wege. Naja. Um zurück zu Sascha zu kommen. Wir haben dann erst gemerkt, was für ein unfassbares Schauspiel-Talent wir dabei hatten. Sascha verdient einen verdammten Oscar, der auf Bambi sitzt, das auf nem Golden Globe steht und ne goldene Kamera raucht. Alles andere wäre zu wenig. Die gesamten Jungs von Swutscher sind absolut akkurat. Wir hoffen, wir können mal mit denen Touren. 

Selbst schon mal Probleme mit nervigen oder gar aggressiven Nachbarn gehabt?

Der Nachbar ist eigentlich eher ein Sinnbild - like picture of sense. Beziehungsweise - quasi auf Relationshipwise-Basis - in seiner Person auch durch das personalisiert, was gerade mit dem Bunker ist, in dem wir uns Räume mit so 100 Bands geteilt haben, die dann raus mussten. Also der Song war der letzte Song, den wir da geschrieben haben. Zu einer Zeit, als es immer wieder Polizeibesuch gab, Nachbarn in umliegenden Häusern sich beschwerten. Die Klos im Arsch waren und der ganze Bunker eh von Pisse durchtränkt war. Da irgendwie mehrere Parteien am Tisch sitzen, will keiner die Dinge bezahlen, die laut Bauamt gemacht werden müssen. Wir wären dafür, dass die sich das Teilen und das kein Präzedenzfall wird. Weil wir wollen da nur spielen. Und anscheinend muss man da nur irgendwas mit ner Lüftung machen und irgendein Typ postet seit Wochen Videos von irgendwas, was er gebaut hat, was das Problem löst. Generell sollten die wohl alle mal reden. Wofür wir hier stark auffordern.

Ihr habt nicht nur verrückte Nachbarn, sondern auch Benjamin von Stuckrad-Barre (deutscher Schriftsteller, Journalist, und Moderator) einen Song plus Video gewidmet. Was ist das Besondere an Stuckrad-Barre? Gab es irgendwelche Reaktionen von besagter bzw. besungener Person?

Wir mögen es teilweise immer wenn Menschen unsere Musik gefällt. Was immer gefallen bedeutet. Wir haben gehört Moritz von Uslar hats geteilt. Ist das nicht ein Freund von ihm? Man könnte vielleicht darüber nachdenken zu sagen, dass an Stuckrad-Barre genau das das Besondere ist. Das man sich das fragt, was an ihm besonderes ist. Und ist das überhaupt die Frage, wenn sein Schreibstil so ist, wie er ist?  Und vielleicht weiter, transferiert er sich ja quasi selbst in komplette Pop-Kultur. Und verwischt da die Grenze von Fiktion und Wirklichkeit und weist, jedenfalls für uns, offensichtlich auf die Ausgedachtheit der Geschichten hin, die uns erzählt werden. Das ist aber jetzt eher eine bewusst spontane und naive Reaktion - quasi aus der persönlichen Vogelperspektive von unten. Und das hat allerdings nichts mit dem Song zu tun. Der ist irgendwie richtig gut für den Hood-Walk.

Ansonsten geht es auch in dem Song nicht um die bewusste Person Benjamin von Stuckrad-Barre, sondern um einen gewissen Vibe, wie Worte zueinander stehen was sie auslösen und warum sie das so tun. Wir wollten da niemandem unhöflich zu Nahe treten. Ich denke, Noel Gallagher kann das vielleicht nachvollziehen. Aber grundlegend wärs einfach nice, wenn man den Tune nice findet, weil, dann kann man das nice finden. Und das is nice. Und das klingt doch dann fast gut.

Deutsche Texte scheinen zurzeit in der Pop-, wie auch der Punk-Musik ziemlich angesagt. Warum habt ihr euch dazu entschieden auf Deutsch zu singen?

Ich glaub nichts ist wirklich angesagt oder nicht. Das wird ja bei jeder neuen deutschen Band erzählt, wie klingt wie Rio Reiser. Wir wollen nicht mal gute Texte machen. Wir wollen Musik machen. Und das machen wir halt auch. Und dabei geht es uns darum eher nicht zu entscheiden, sondern eine Entscheidung zu akzeptieren und eher zu merken, dass sie richtig ist. Like humble. Und je mehr wir das hinbekommen, um so mehr macht so paaam. Uns geht es eher auch darum mal wieder was zu machen, was nicht komplett eingefahren ist. Deswegen beschäftigen wir uns auch viel mit Symbolen. Und wie schwanger sie mit Emotionen und Verknüpfungen sind. So, dass sich Leute dafür umbringen. Was soll das?

Letztes Jahr ist mit "Sonic Juz" eure erste EP erschienen. Wie ist der aktuelle Stand bzgl. Debüt Album?

Wir glauben, wir schaffen das bis Herbst, oder? Und widmen uns da Sachen und Material. Auch da wollen wir eigentlich möglichst nichts bewusst machen, bis wir fertig sind. Aber es is auch schon halb drin. Aber das war auch die definierte Seite. Und eigentlich wollen wir Vinyl schaffen. Das wär ultracool.

Mit was vertreibt ihr euch die Zeit neben der Musik?

In die Leere gucken, die Zukunft denken, Dehnen, Pflanzenheilkunde, lernen, Freunde treffen, möglichst stabil bleiben, rausfinden, wie man ewig lebt, mit Tieren reden, diesdas. Is aber auch nich so wichtig. Ein Gruppentherapeut würde wohl sagen, wir gehen uns alle solange auf den Sack, bis genug Energie da is, und wir den Rest des Albums reinballern. Und heutzutage hat man als Band eh n Haufen Scheiß zu tun. Aber wems gefällt.

Ihr spielt diese Woche gleich 2 Konzerte in Hamburg. welche ist eure Lieblingskonzertlocation in Hamburg? Sowohl als Zuschauer und als auch als Band.

Molotow und Komet sind super. Im Keller im Molotow hatten wir unseren ersten vollen Raum letztes Jahr vor Weihnachten mit springenden Menschen. Das hatte eigentlich die Energie, die wir mögen. In der Astra-Stube hab ich mal die Afterpartees gesehen, weil die im fernsehen hinter uns liefen. die waren cool. Und dann kann man echt noch was entdecken, wenn man Bock drauf hat. Weil einige Clubs immer noch n guten Kampf zu schätzen wissen - also den, um ihr überleben. Das sollte man defintiv unterstützen.

Ihr macht auf eurer fb-Seite u.a. für den Verbleib des Otzenbunkers stark...Erzählt mal ein paar Worte zur aktuellen Problematik und das man tun kann um euch zu unterstützen.

Wegen Bunker, haben wir eigentlich vorhin schon genug gesagt, danke, dass du fragst, wenn ihr aus HH seid, kommt am 22.3. ins Hafenklang zum Soli-Konzert. Haltet das Thema im Aufmerksamkeitsbereich. Und wenn ihr woanders her seid, passt auf eure Bunker und eure Bands in euren Städten auf. Das ist insgesamt viel wichtiger für das gemeinsame Leben inna Stadt, als man vielleicht ehrsam denkt, wenn man vielleicht mit Bandmusik nicht soviel zu tun hat. Muss ja nicht alles im Bildschirm sein. So wie beim Ende von Ready Player One. Da machen sie am Ende auch n Bildschirm freien Tag. Und, das zeigt dann der Film nicht, kümmern sie sich um ihre Proberäume und ihre lebensnahe erreichbare Umgebung. Jeden Donnerstag, glaub ich. Egal. Die Leute die da Verantwortlich sind, sollen das hinkriegen und sich nicht gegenseitig volltalken und befloskeln. Kann ja nich so schwer sein. Helene Fischer hat ja auch n Loft in HH. Hat ja auch die GEZ gezahlt irgendwie. Dann zahlt die halt jetzt auch den scheiß Bunker. Is mir egal. Aber die Bands müssen da wieder reinkönnen. Grade die, die eh schon sehen, wo sie s hernehmen und Zeit reinstecken, müssen dann noch wieder 400 Euro im Jahr für Bahn ausgeben. Oder wieder in noch schimmelig riechendere Räume. Oder wissen gar nich. Leute, die vielleicht grade sowas wie n Start up werden könnte, um mal diese Sprache bemühen zu müssen - manche haben da ja auch Musik-Unterricht gegeben, etc.

Letzte Worte?

Kannst du den Kaffee zahlen, ich hab grad irgendwie nur Karte.