Interview mit Bring Me The Horizon

24.11.2009
 

 

Zeitschriften und Laptops mit geöffneten MySpace Seiten sind im Tourbus von Bring Me The Horizon nicht zu finden. Stattdessen zu sehen: Playstation Controller auf den Sitzbänken verteilt und jede Menge veganes Essen. Dazwischen: Ein nachdenklicher Oli Sykes, der ins Nichts starrt. Wir reißen ihn mit unserer Begrüßung aus seinen Gedanken.

Den Grund dafür, dass keine der vielen Zeitschriften mit Bring Me The Horizon auf dem Cover im Tourbus zu finden ist, erklärt uns Sänger Oli: „Wir lesen keine Magazine, in denen etwas über uns drinsteht. Wir lesen auch nicht im Internet nach, was man über uns in Foren oder Artikeln schreibt und googlen auch nicht unsere Namen. Das würde dich einfach kaputt machen.“ Sie spielen lieber mit Klischees und Vorurteilen über ihre Band oder ihre Person: „Der perfekte Bring Me The Horizon Fan muss für mich doch so aussehen: Sexy, 18 Jahre alt und klamottenlos“ , gibt Oli lachend von sich. Gitarrist Lee Malia ergänzt um eine Geschichte aus der Gerüchteküche: „Ich habe sogar mal gelesen, dass Oli tot sein soll. Die meisten Gerüchte stimmen einfach gar nicht. Deshalb lesen wir nicht mehr, was über uns geschrieben wird.“ Wie viel Wahrheitsgehalt in einem Großteil der Gerüchte steckt, ist daran zu erkennen, dass Oli Sykes uns quicklebendig im Tourbus gegenüber sitzt.



Das Geheimnis ihres Erfolgs sind die Haare

Seit Monaten ist der Tourbus schon ihr Zuhause. Eine Show jagt die nächste, Journalisten geben sich die Klinke in die Hand. Es ist eine stressige Zeit, die die jungen Engländer durchleben. Trotzdem haben sie ihren Spaß nicht verloren. „Das Geheimnis unserer Karriere sind unsere Haare“ , behauptet Frisurenvorbild Oli lachend, weil er die richtige Antwort für ihren Banderfolg nicht kennt. „Ich weiß es gar nicht mehr, es ist einfach irgendwie alles passiert.“ Lee scheint die Standardformel für den Erfolg zu kennen: „Man muss zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Genauso war es bei uns. Der Rest hat sich drumherum entwickelt.“

Allerdings hat der Erfolg auch seine Schattenseiten. „Das schwierigste am Bandleben ist es, von der Familie, seinen Freunden und seiner Freundin getrennt zu sein. Heimweh zu haben ist schrecklich. Aber versteh mich nicht falsch. Ich bin in einer Band, weil ich liebe, was ich da tue. Es ist der beste Job der Welt. Ich will auch gar nicht jammern, aber es ist einfach hart all das für eine gewisse Zeit zurückzulassen“ , erzählt Oli mit einem leicht traurigen Blick.

Was haben Bring Me The Horizon was Bleeding Through nicht haben?

Auf ihrem steilen Karriereweg haben Bring Me The Horizon schon ein Bandmitglied zurückgelassen. Anfang des Jahres trennten sich die Wege von Gitarrist Curtis Ward und der Band. Er hat den Spagat zwischen den Gefühlswelten nicht geschafft. Am Ende stand der Gefühlszeiger zu oft auf „Vermissen der Familie“, als auf „Genießen des Bandlebens“. „Es war das Beste für die Zukunft der Band und für sein eigenes Leben. Er hat die Zeit mit der Band einfach nicht mehr genossen“ , erklärt Oli. Mit Jona Weinhofen fand die Band nicht nur einen passenden Ersatzmann, sondern direkt ein neues Bandmitglied und einen guten Freund. Kleine Macken des ehemaligen I Killed The Prom Queen und Bleeding Through Gitarristen werden von Oli schonungslos ausgepackt: „Jona ist einfach immer zu spät. Er kann nie pünktlich sein. Ihr seht es ja selbst, eigentlich sollte er dieses Interview machen, aber er ist schon über eine Stunde zu spät.“



Nackte Haut und verschwundenes Essen: Der Tourbus-Alltag

Trotzdem geht es familiär im Tourbus zu und als Jona seinen Kopf kurz durch die Tür steckt, kann Oli ihm schon nicht mehr böse sein. Schließlich ist die Band so etwas wie eine zweite Familie. Dass es im Tourbus mindestens genauso chaotisch zugeht wie bei einer Großfamilie, merken wir schnell. „Wie ihr seht, lässt Matt überall seine stinkenden und verschwitzten Klamotten, in denen er auch gespielt hat, liegen und rennt dann nackt durch den Tourbus“ , verrät Oli die Macken seines Bandkollegen. Viel Platz für Privatsphäre bietet der Tourbus somit nicht und ein Recht auf eigenes Essen schon gar nicht: „Ich muss zugeben, ich esse den anderen immer ihr Essen weg. Sie kaufen es sich und am nächsten Morgen ist es verschwunden“ , grinst Sykes.

Er lebt im Hier und Jetzt und denkt nicht so viel über das Morgen nach. Auch die Meinungen anderer nimmt er sich nicht zu Herzen und schon gar Problem eher bei der gesamten Hardcore-Musikszene als bei seiner Band oder sich selbst: „Es ist die Musik, die wir machen, die polarisiert. Man kann so eine Musikrichtung nur lieben oder hassen. Zu einigen Leuten können wir durch unsere Musik eine Verbindung aufbauen, zu anderen nicht.“ Dann gesteht er sich aber doch ein: „Bei unserer Band spielt aber glaube ich auch ein Stück weit unser Aussehen eine Rolle.“



Spaß + Sinn + Suicide Season = Cut Up

Um die Leere zwischen Lieben und Hassen zu füllen und eine breitere Masse anzusprechen, haben Bring Me The Horizon ihr letztes Album „Suicide Season“ geremixed. „Ein Freund aus Kanada hat uns auf die Idee gebracht“ , erinnert sich Lee. „Er hat aus einem unserer Songs aus Spaß einen Remix gemacht. Wir fanden ihn so gut, dass wir das komplette Suicide Season Album geremixed haben.“ Natürlich steckt neben Spaß hinter dem Remix-Album auch ein Sinn, den Sänger Oli erklärt: „Wir wollen, dass unsere Fans unsere Songs mal auf eine ganz andere Art und Weise hören.“ Er weiß auch, dass das Suicide Season Cut Up Album innerhalb der Fangemeinde zu geteilten Meinungen führt: „Mit unserem Album unterstützen wir den polarisierenden Effekt nochmal. Einfach, weil es anders ist, als das, was wir sonst machen. Aber wir wollten es unbedingt mal ausprobieren.“




Unbezahlbar: Oli Sykes Weihnachtswunsch

Was sie bei ihrem nächsten Album ausprobieren werden, wissen sie noch nicht. Eines steht aber schon fest: Nach dem Ende ihrer Tour werden sie sich an einen ruhigen Ort zurückziehen und sich auf das Schreiben konzentrieren. Für das Original Suicide Season Album haben es sich Bring Me The Horizon in einem kleinen schwedischen Dorf gemütlich gemacht. Doch wohin ziehen sie sich zum Schreiben des neuen Albums zurück? „Wir wissen noch nicht, wo wir das Album schreiben werden. Wir müssen uns wieder einen Ort suchen, der so ist, wie dieses kleine schwedische Dorf damals. Dort gab es keine Clubs und nichts und niemand hat uns abgelenkt. Keiner kannte uns. Wir hatten die Möglichkeit uns voll und ganz auf den Schreibprozess zu konzentrieren. So werden wir es diesmal auch machen“ , fiebert Oli der Ruhe um seine Person entgegen. Zeitphasen für Familie und Freunde bleiben dann allerdings wieder auf der Strecke. Deshalb hat Oli zu Weihnachten auch nur einen Wunsch: „Das schönste Weihnachtsgeschenk ist für mich die Zeit, die ich mit meiner Familie und meinen Freunden verbringen kann.“


(Interview Marlene und Sven)