SUMMER BREEZE FESTIVALl 2015 - Dinkelsbühl (12.-15.08.2015)

21.08.2015
 

 

„Glasflaschen? Ölkerzen? Waffen?“, raunt mich der Steward am Kontrollposten vor dem Eingang zum Dinkelsbühler SUMMER BREEZE FESTIVAL an.

„Nö, alles sauber, Officer!“ antworte ich etwas genervt, ohne zu merken, dass der Mann eigentlich einen Witz machen wollte. Hoffentlich entdeckt er die Flasche Whisky unter der Rückbank nicht, das war schon letztes Jahr ein Theater alles rein zu bekommen, ärgere ich mich. Mein Name ist Matze Müller. Ich bin der absolute Durchschnitt des Festival-Publikums. Ich bin 26 Jahre alt, zusammen mit vier Freunden hier und baue gerade mein Zelt und den Pavillon auf. Es ist bestialisch heiß, mit gefühlten vierhundert Grad brennt die Sonne auf das Festivalgelände. Schon am ersten Tag dampft der Campingplatz und der Geruch von Schweiß, Rauschmitteln und Alkohol mischt sich mit dem dichten Staub, der sich bis morgen wahrscheinlich tief und schwarz in der Nase festsetzt.

Jetzt aber erstmal ein Bier aufgerissen – Prost Jungs! Die anderen haben schon im Auto getrunken, wie immer musste ich fahren. Bis auf die Kontrollen ging die Anreise in diesem Jahr aber doch ziemlich flott und wir sehen sogar noch einige Bands an diesem Mittwoch. Unsere kleine Zeltstadt steht mittlerweile, der alte Generator von meinem Opa stottert vor sich hin und wir schmeißen die ersten Dosen in den Kühlschrank. Danke Thomas Edison!

 

 

Meine Schuhe drücken, Shirt und Short sind nach fünf Gehminuten zum Eingang schon durchgeschwitzt. Wieder Kontrolle am Festivalgelände, aber wie man das vom SUMMER BREEZE FESTIVAL gewohnt ist: es geht alles doch meistens schneller als befürchtet. Heute spielen die Bands nur auf der T-Stage im Zelt und auf der kleinen Camel Bühne, die bis vor einem Jahr noch für sehr kleine, unbekannte Bands belegt war. Im letzten Jahr hat sich das schon geändert und mittlerweile spielen dort fast ausschließlich Bands, deren Namen man irgendwo zumindest schon einmal gehört hat. Erste Band des Abends ist für uns AVATARIUM, die Doom-Metal Shootingstars rund um Sängerin Jennie Smith und Candlemass Mitglied Leif Edling. Letzterer ist leider nicht mit dabei, er wird allerdings von Anders Iwers (u.a. Tiamat) mehr als würdig vertreten. Los geht es mit “Moonhorse” und “Bird Of Prey”. Man merkt, dass die Band ihr Live-Spiel im Vergleich zu ihren ersten Auftritten kräftig verbessert hat. Unabhängig davon muss ich allerdings Jennie Smith hervorheben. Was diese Dame mit ihrer Stimme abliefert ist unglaublich. Goldkehle wäre ein passender Spitzname für Jennie. Schlussendlich liefern Avatarium mit ihrem Auftritt ein absolutes Hightlight des Festivals. Danach ging es sofort rüber zu DESERTED FEAR auf die Camel Stage. Durch den ständigen Wechsel zwischen T- und Camel Stage dauert es immer ein bisschen bis es sich vor den Bühnen füllt. Das stört die vier Jungs aus Thüringen aber nicht wirklich. Die stampfen, klappern und growlen sich durch eine kurzweilige dreiviertel Stunde mit Songs von ihrer „My Empire“-EP und ihrem neuen Album „Kingdom of Worms“. Um mich herum sehe ich glückliche Gesichter, Menschen, die endlich in Festivalstimmung sind und ganz langsam und entspannt die Nackenmuskulatur aufwärmen.

 

 

Nach ein paar Bieren und „drei Nembercher im Weggla“ (auf Deutsch: drei Nürnberger Bratwürste im Brötchen) geht es weiter mit DEMONICAL. Die Schweden kannte ich bisher nur von einer Metallica-Tribute Platte, auf der sie „Battery“ in atemberaubender Geschwindigkeit runtergeprügelt haben. Aber auch auf dem SUMMER BREEZE FESTIVAL lehren sie ihr Publikum das Fürchten. Was Sänger Sverker "Widda" Widgren und besonders Schlagzeuger Ämir Batar da abliefern ist großes Death Metal-Kino. So extreme Bands wie DEMONICAL klingen oft nur auf eigenen Touren richtig gut, weil auf Festivals die Bühnen und Anlagen nicht perfekt auf ihren Sound abgestimmt sind. DEMONICAL sind da eine überraschende Ausnahme, denn ihr Sound sägt sich durch den trockenen Boden vor der Camel Stage und entlässt die todessehnsüchtigen Zuhörer mit klingelnden Trommelfellen.

 

 

„Ey Matze, lass mal zurück zum Campingplatz, ich muss was grillen und das Öl im Generator nachfüllen“, erklärt mein Kumpel Tom, dreht sich um und läuft los. Also gut, dann erstmal eine Grundlage für den Rest des Abends legen. Grill an, Fleisch drauf, Bier auf – so lässt es sich leben. Mittlerweile ist unsere Zeltstadt völlig eingekesselt. Links von uns einige Schwaben, die waghalsig mit Maultaschen auf dem Grill experimentieren. Rechts von uns drei Schweden, die ihren Pavillon scheinbar das gesamte Festival über nicht verlassen werden. Wir mittendrin – Durchschnitt, aber glücklich.

 

Durchschnittlich ist auch der Auftritt von NERVOSA. Die drei Mädels sind nicht eingespielt, immer wieder gibt es Timing-Probleme, was bei dem schnellen und rhythmisch ausgefeilten Thrash Metal leider super wichtig ist. Schade, da hatte ich mir mehr erhofft.

Das eigentliche Highlight des Abends stand aber noch bevor: STEVE’N’SEAGULLS. Eine fünfköpfige finnische Bluegrass Band, die die ganz großen Hits der Rock- und Metal-Geschichte covern. Da tanzen selbst die Black Metal-Jünger, die sonst an heftigster Bewegungslegasthenie leiden. „Holy Diver“, „Nothing Else Matters“ und „Run To The Hills“ sind neben „Ich will“ von RAMMSTEIN und PANTERAS „Cemetary Gates“ die Highlights – obwohl eigentlich das gesamte Set eine einzige Pracht war. Mit „Thunderstruck“ und Banjo-Gezupfe im Ohr legen wir uns in die aufgeheizten Zelte und schlafen den Schlaf der Schwitzenden.

 

 

 

Der zweite Tag beginnt mit Hitze. Es ist erdrückend, aber wir helfen uns mit einigen Ladungen Wasser aus den Wasserstellen. Die Popel in meiner Nase sind endlich heraus geschnäuzt und ich kann wieder atmen. Es ist doch toll, was für einfache Dinge einem auf einem Festival schon glücklich machen.

Erste Band des Tages ist die KYLE GASS BAND – perfekt zum Aufwachen. Was die gute Hälfte von TENACIOUS D auf die Bühne bringt, ist einfach fast immer gut. Auch wenn Name es eigentlich suggeriert, ist Kyle Gass nicht der Mittelpunkt der Band. Gitarrist Mike Bray entpuppt sich als verdammt guter Sänger mit Unterhaltungswert, Kyle Gass und John Konesky witzeln und frotzeln sich gegenseitig an, Drummer Tim Spier zeigt, dass er neben den Kesseln auch seine Stimmbänder einsetzen kann. Bassist Jason Keene ist, wie immer, der Ruhepol der Band. Musikalisch ist hier alles dabei: gutes Riffing, ein flötender Kyle Gass, schöne zweistimmige Gesangslinien und rotzige Soli von Konesky und Bray. Den einen oder anderen Spruch kann sich Gass natürlich nicht verkneifen, aber es ist alles in einem erträglichen Rahmen. Anders als bei TENACIOUS D kann die KYLE GASS BAND auch musikalisch wirklich überzeugen.

 

 

Wir schlemmen eine Runde Fish&Chips in uns hinein und wandern langsam rüber zum Zelt. Dort stehen OBEY THE BRAVE schon in den Startlöchern – Kontrastprogramm. Die vier Kanadier um Frontmann Alex Erian liefern auch nachmittags eine grundsolide Show ab. Erian springt zwar auf der Bühne herum und animiert sein Publikum die Leinen loszumachen, leider ist er stimmlich überhaupt nicht auf der Höhe. Ihm fehlt Aggression und er klingt leise, kann sich gegen die restliche Soundwand nicht durchsetzen. Die Zuhörer feiern „Full Circle“, „Up In Smoke“ und „C’est La Vie“ trotzdem ab und als OBEY THE BRAVE nach „Get Real“ die Bühne verlassen, sind die die Fans zumindest zufrieden.

 

 

Die nächsten paar Stunden verbringen wir irgendwo zwischen fettigen Pommes, überteuerten T-Shirt-Ständen und den vier Bühnen. Auf der Camel Stage versuchen sich ROGASH aus Jena zum ersten Mal auf dem SUMMER BREEZE FESTIVAL. Heftiger Death Metal, der von wenigen schwer getragenen Parts schnell wieder in völlige Knüppelei wechselt. Gute, grollende Stimme, ansonsten war das Motto „stumpf ist Trumpf“. Wir fanden es trotzdem gut. Im Zelt zocken BETRAYING THE MARTYRS ein mittelmäßiges Set. „Die gehen wahrscheinlich öfter zum Frisör als in ein Musikgeschäft“ oder „Gestern mit Glätteisen eingeschlafen, hm?“ sind Sätze, die in unserem näheren Umkreis fallen. Scheint nicht übermäßig gut anzukommen, bei uns leider auch nicht.

 

 

Wir warten aber auch schon den ganzen Tag auf JOHN COFFEY. Die fünf Jungs aus Utrecht feiern ihr SUMMER BREEZE FESTIVAL-Debüt mit holländischem Dialekt: „Wir freuen uns unglaublich, dass wir auf ein Metal Festival können zu spielen!“ Das Publikum ist offenbar der gleichen Meinung – ab der ersten Minute fliegen Bierbecher und die ersten Crowdsurfer kommen am Bühnenrand an. „Dirt & Stones“ und „Featherless Redheads“ kommen gut und zu „Heart Of A Traitor“ gibt es seine Wall Of Death, die aber in Umarmungen und Freudentänzen endet. Rundum gelungene Show.

 

 

Auf der Mainstage öffnen sich kurz danach die Tore in die Unterwelt. OPETH sind zu Gast und welch Freude durchströmt da den geneigten Gitarrenfanatiker und Prog-Jünger. Bis auf einige weniger Spielfehler (das ich das bei OPETH noch erleben darf!), spielen die Schweden um Sänger Mikael Akerfeldt ein astreines Set. Das Gros der Alben wird abgefrühstückt und jede Phase der Band durchgemacht. Leise Töne mit „To Rid The Disease“, schreifreies Geprogge in „The Devil’s Orchard“, nur um am Ende mit den beiden Überbrettern „The Grand Conjuration“ und „Deliverance“ ein tolles Set zu beenden. Es gibt wohl kaum etwas erfüllenderes als ein letztes Mal das Riff aus letzterem Song unisono zu hören. Damn!

 

 

Während sich an diesem Abend noch CARNIFEX, SALTATIO MORTIS, EISREGEN und VITJA durch ihre Sets gurgelten und schrubbten, stand mit KREATOR auch schon der Headliner des Tages auf der Mainstage bereit. Mit Intro und Bengalo-Fackeln begann ein Abriss durch die Geschichte der Essener Thrash-Legenden. Mir persönlich geht Mille Petrozzas Stimme zwar nach drei Songs ziemlich auf den Senkel, aber musikalisch muss auch ich den Hut ziehen. Nach so viele Jahren immer noch mit Energie bei der Sache zu sein und so ein glattes Konzert zu spielen ist schon beeindruckend – wird aber auch erwartet. Persönliche Highlights sind „From Flood Into Fire“ und „Civilization Collapse“.

 

 

Etwas kritisch gestimmt gehe ich ins große Zelt um mir DEATH TO ALL anzuschauen. Vier ehemalige Mitstreiter des verstorbenen DEATH-Masterminds Chuck Schuldiner raufen sich zusammen und basteln für das SUMMER BREEZE FESTIVAL ein wahres Feuerwerk zusammen. Ich muss zugeben, bisher hat mich DEATH nie wahnsinnig angefixt, v.a. weil ich den Sound und Schuldiners Stimme immer madig fand (jaja, es waren andere Zeiten, aber andere Bands haben es auch geschafft gut zu klingen). Live bin ich an diesem Abend aber restlos überzeugt. Ein für die T-Stage überragender Sound mit wummernden Bässen, grandiosem Gitarren- und Schlagzeugsound und eine tolle Setlist sind eine würdige Hommage an Schuldiner und seine Songs. Chapeau DEATH TO ALL, chapeau.

 

 

Dritter Tag, Wolken. Was für eine Erlösung. Mein Zelt ist bis in die Mittagszeit bewohnbar und ich kann mir den frühmorgendlichen Umzug unter den luftigen Pavillon sparen um noch ein paar Minuten im Halbschlaf zu dämmern. Als alle wach sind, gönnen wir uns einen seltenen Luxus und fahren mit dem Shuttlebus nach Dinkelsbühl um Fleisch, Tofu und Gemüse für Burger zu kaufen. Nach Dosenravioli, schwer im Magen liegendem Festival-Fast-Food und eindeutig zu viel Alkohol ist ein gut belegter Burger eine absolute Genugtuung. Mit runden Bäuchen und leeren Hirnen wanken wir in Richtung Mainstage. ALESTORM eröffnen für uns den heutigen Tag. Bier trinkende Piraten Metaller sind jetzt genau das richtige. Stumpf ist ein weiteres Mal Trumpf, wenn auch nicht musikalisch sondern textlich. Hauptsache Nutten und endloses Freibier ist die Devise und ALESTORM liefern ab. „Shipwrecked“ und „Keelhauled“ sind zwar Highlights, aber die Jungs sind mittlerweile mehr ein mäßiger JBO-Abklatsch als richtige Piraten. Es geht nur noch um Klamauk und Blödsinn, die coolen Piratenkostüme sind leider Geschichte – und damit auch der Reiz der Band.

 

 

Im Anschluss treibt es uns direkt nebenan auf die Painstage, auf der KADAVAR ihren oldschooligen Stoner-Rock auspacken. Schlagzeuger Christoph Bartelt lässt die wilde Mähne wehen während Gitarrist Christoph Lindemann und Basser Simon Bouteloup nicht die agilsten auf der Bühne sind. Die Musik macht das aber wieder wett, denn die drei Berliner liefern. Für diese Art von Rock braucht es auch nichts anderes als verdammt gute Songs und die hat das Trio. „Lord Of The Sky“, „Into The Night“ und das supergroovige „Goddess Of Dawn“ sind absolute Knaller. Abgerundet wird das Set von einem ihrer wohl bekanntesten Songs „Come Back Life”. Ich bin begeistert und freue mich auf das neue Album „Berlin“ (VÖ: 21.08.2015).

 

 

Als wir an der Mainstage vorbei in Richtung T-Stage laufen, klimpern die ersten Töne von ENSIFERUM los. Nichts für uns, wir wollen ein bisschen technisches Genudel hören und gönnen uns THY ART IS MURDER – werden allerdings ziemlich enttäuscht. Bis auf einen riesigen Circle Pit um den zweiten Wellenbrecher herum (das ziehen NEAERA jedes Mal ab, wenn sie auf dem SUMMER BREEZE FESTIVAL spielen), gibt es kaum Höhepunkte. Hier ein bisschen Geklappere am Schlagzeug, Sänger Chris Mcmahon ist überrascht, wie gut sein Publikum schon mitmacht, kann aber ansonsten kaum Impulse setzen. Einzig „Holy War“ am Ende des Auftritts sticht etwas heraus, wahrscheinlich auch nur, weil fast jeder im Publikum den Refrain mitkeift.

 

 

Danach ist erstmal Feierabend, denn während FUCK YOU AND DIE auf der Camel Stage spielen, zieht ein richtig dickes Unwetter auf. Es stürmt, es regnet, „wir unterbrechen das Bühnenprogramm“ säuselt eine Raumschiff Voyager-mäßige Stimme durch die Lautsprecher aller Bühnen. Also gut, dann eben zurück auf den Campingplatz, Bier raus, Grill an und hoffen, dass der Pavillon hält. Eine geschlagene Stunde dauert die unfreiwillige Auszeit, dann öffnen die Organisatoren das Gelände wieder. Wir warten aber den ganzen Tag eigentlich nur auf eine Band: BLOODBATH. Deren aktueller Sänger Nick Holmes (Paradise Lost) ist erst seit ein paar Monaten dabei und ich hatte ursprünglich einige Bedenken. Einerseits weil er den mighty Mikael Akerfeldt ersetzen musste und damit in riesige Fußstapfen steigt. Andererseits waren die ersten Auftritte der Band mit ihm auf verschiedenen Festivals nicht seine Bestleistung. Da stand er noch etwas steif auf der Bühne und wusste noch nicht so recht wohin mit sich. Das hat sich aber scheinbar geändert, denn Holmes kommt auf die Painstage und es stimmt einfach alles. Stimmlich absolut einem Akerfeldt würdig, er nimmt sich nicht zu ernst und er witzelt sogar mit seinem Publikum. Musikalisch ist BLOODBATH wahrscheinlich sowieso mit das Beste, was man im Schwedischer Death Metal überhaupt bekommen kann. Der Sound ist klar und druckvoll, die Bühnenshow angenehm simpel gehalten, da passt einfach alles. „Unite In Pain“ und der Opener „Let The Stillborn Come To Me“ sind live richtige Glanzstücke des neuen Albums „Grand Morbid Funeral“. Mit „So You Die“, „Eaten“, „Breeding Death“ und „Cry My Name“ (Zugabe) kommen aber auch die älteren BLOODBATH-Fans auf ihre Kosten. Besonders fällt mir auf, dass die Schweden ihre Songs ausnahmslos im richtigen Tempo spielen. Oft wird da ja noch ein bisschen an der Geschwindigkeit gedreht um es noch kraftvoller klingen zu lassen. Schlagzeuger Martin Axenroth, der am Tag vorher ja schon mit OPETH auf der Bühne stand, hat aber eisernes Taktgefühl und bügelt jede Falte aus den Songs. Perfekt!

 

Damit könnte ich für heute eigentlich schon ins Bett gehen, wenn da nicht noch die Amerikaner von WALLS OF JERICHO wären. Deren Sängerin, Candace Kucsulain, ist manchen mittlerweile vielleicht als Gewichte stemmender Pumpwicht bekannt, als als außergewöhnliche Frontfrau von WALLS OF JERICHO. Und auch wenn ihre Facebook-Chronik voll ist mit Videos aus wahrscheinlich jeder Pumphalle rund um Cincinnati, sie kann den Job am Mikro noch – und wie! Es vergeht keine Minute auf de Bühne im Zelt, ohne dass die rothaarige Stimmgewalt Moshpits fordert, die Leute zum mitmachen animiert und sich scheinbar ihres Lebens freut genau in diesem Moment genau hier zu sein. Und wenn das nur zur Hälfte stimmt, spielt es auch keine Rolle. Sie und ihre drei Mitmusiker donnern sich durch „All Hail The Dead“, „A Trigger Full Of Promises“ und „The American Dream“. Auch einen neueren Song gibt es zu Hören: „Relentless“ heißt er und ist auch auf dem neuen Album, das „irgendwann in den nächsten Monaten“ erscheinen soll. Auf jeden Fall ein typischer WALLS OF JHERICHO Song mit einem dicken Riff und 2Step-, Mosh- und Headbang-Parts. Und mit den altbekannt super heftigen Shouts der energiegeladenen Frontfrau. Mit „Revival Never Goes Out Of Style“ spielen WALLS OF JERICHO ein grandioses Set zu Ende und um mich herum gehen zufriedene Menschen in Richtung Zeltplatz, die eine Brise Hass und Aggression los werden konnten.

 

 

Die vom Hardcore geschwängerte Atmosphäre gestern hat uns irgendwie dazu verleitet mehr in unsere hohlen Hirne zu kippen, als ursprünglich vorgesehen. Deswegen beginnt der vierte Tag mit unsäglichen Kopfschmerzen und flauem Magen. Da wir den größten Teil des Vormittages unsere Wunden lecken, hören wir die EMIL BULLS und KATAKLYSM nur von weitem. Da die Camel Stage aber genau in unsere Richtung zeigt, sehen wir DUST BOLT zwar nicht, aber nur dem Sound nach zu urteilen haben die vier Jungs aus Landsberg am Lech richtig Spaß bei der Sache. „Violent Abolition“ und „Soul Erazor“ erweisen sich als perfekte Opener und das Set mit „Agent Trash“ zu beenden ist wohl obligatorisch. Dieser Song ist wirklich Thrash Metal in Reinform.

 

 

Die erste Band, die wir wieder vor der Bühne sehen ist HATEBREED. Jamey Jastas „If anybody falls, pick him up“-Rufe habe ich wirklich vermisst und die kommen natürlich schon beim ersten Anschein eines Circle Pits.  Das Publikum öffnet sich zu „Live For This“, „To The Threshold”, „Defeatist”, „Perseverance” und dem super schnell geprügelten „Hands Of A Dying Man”. HATEBREED in Hochform und daran kann auch der einsetzende Regen nichts ändern. Ja, das SUMMER BREEZE FESTIVAL nähert sich seinem Ende zu, aber die Fans geben noch ein letztes Mal alles. Was könnte es da noch besseres geben, als die HATEBREED-Show mit einem leckeren SICK OF IT ALL-Nachtisch zu verfeinern?! Richtig: nichts. Die Band um die Brüder Lou und Pete Koller sind einfach eine Macht und haben (im Gegensatz zu ihrem letzten Auftritt auf dem SUMMER BREEZE FESTIVAL) mal wieder gezeigt wo der Hammer hängt. Zum Schluss noch „Us vs. Them“ und schon sind die Hardcore Jünger zufrieden. Da macht es auch nichts, dass TERROR UNIVERSAL anschließend auf der Camel Stage nur noch als Nebengeräusch wahrgenommen werden. Wir schweben mit wohligem Gefühl im Bauch und betäubten Sinnen durch den Rest der Nacht, durch die Überreste von Pavillons, die sich im Sturm des Vortages über das gesamte Gelände verteilt haben, vorbei an zusammenpackenden, nüchternen Abreisenden, vorbei an zum Bersten gefüllten Dixi-Toiletten und Müllbergen. Als wir dann doch endlich im Zelt liegen, wird es draußen schon wieder hell und wir freuen uns schon auf den Kater am Sonntag – worth it!

 

Hier geht es zur kompletten Gallerie des SUMMER BREEZE FESTIVALS 2015.